Oberhausen. Weil die Bahn eine marode Brücke im Oberhausener Süden erneuern und die Stadt die Straßen sicherer machen will, droht einer alten Buche das Aus.

Hart und engagiert haben jetzt Bürgerinnen und Bürger mit den Fachleuten im Rathaus um die Frage gerungen, ob und wie man die 100-jährige Buche in Alstaden erhalten kann. Der dortige Bürgerring hatte zur Diskussion ins evangelische Gemeindezentrum an der Bebelstraße eingeladen. Es ging um die Bahnunterführung von der Kewer- zur Bebelstraße. Für deren Umbau soll die Buche weichen.

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Die Deutsche Bahn will noch in diesem Jahr beginnen, die marode Brücke zu erneuern. Und im Rathaus will man sich gleich anschließen, um die dortige 100-Grad-Kurve umzubauen. Es würde die Stadt nur wenig kosten. Nur die Grünen waren im Sommer 2021 dagegen, wegen fehlender Fahrradspuren. Mit großer Mehrheit wurde der Plan beschlossen.

Auftrag des Rates nicht erfüllt

Als Bürger beklagten, dass ein prächtiger, kerngesunder Baum dabei weichen muss, ohne dass der Plan die Lage sehr verbessern würde, gab es eine Kehrtwende.Der Rat hob im November den alten Beschluss mit großer Mehrheit wieder auf. Es sollte umgeplant werden.

Aber davon konnte beim Bürgerring keine Rede sein. Die Beamten hatten eigens einen Experten von außerhalb engagiert. Der attestierte ihnen, ihr Plan sei alternativlos. Hartnäckig verteidigten sie und der Gutachter ihn gegen heftige Kritik aus den Reihen der über 60 anwesenden Frauen und Männer. Für sie schien der Baum Prüfstein dafür zu sein, wie ernst man es mit Klimaschutz, Verkehrsberuhigung und Bürgerbeteiligung wirklich meint.

Busse und Lkw sollen sich begegnen können

Es geht darum, dass die heutigen beiden Kurven, die dort durchfahren werden müssen, zu eng sind. Begegnen sich zwei Linienbusse oder Lkw, muss einer anhalten. Selbst bei der Begegnung von Bus und Pkw kann es so sein.

Der Gutachter zeigte auf, dass der Plan aus dem Rathaus das Problem löst. Im Fall der ersten Kurve nahe dem Haus Bebelstraße 2 soll dazu die Straße begradigt werden. Und im Fall der 100-Grad-Kurve zur Unterführung wird die Fahrbahn verbreitert. Weil aber zugleich die beiden schmalen Gehwege künftig auf die vorgeschriebene Breite von mindestens zwei Metern gebracht werden, ist für die Buche kein Platz mehr.

Weniger als Tempo 30 geht nicht

Allenfalls eine ständige Baustellen-Ampel, einspuriger Verkehr, könnte dort heute für Ordnung sorgen, befand der Gutachter. So aber bekämen die Schulkinder einen sicheren Weg und einen richtigen Überweg. Radfahrer könnten sich endlich auf die Straße trauen. Da sei die Fällung unvermeidlich. Zumal die Ecke sich zum Unfallschwerpunkt entwickeln würde.

Das Publikum hielt dagegen.“Was ist mit einem Tempolimit?“, wurde gefragt. Man müsse die Bebelstraße vom Schwerlastverkehr entlasten, wurde gefordert. Antwort: Es handele sich um eine Kreisstraße. Die sei dafür da. Weniger als Tempo 30 sei nicht drin.

Nicht alle Fragen beantwortet

Wie viele solcher Begegnungen denn pro Stunde stattfinden, wollte ein Mann wissen. Auch gebe es doch auf der Kewerstraße noch mehr enge Kurven. Was sei denn damit? Die Fragen blieben offen.

Sobald schneller als 30 km/h gefahren würde, seien die Überwege nicht mehr sicher, wären die Bremswege zu lang, sagte jemand. Antwort: Man plane mit Tempo 30. So sei es vorgeschrieben.

Doch kein Unfallschwerpunkt

Michael Welke vom Bürgerring berichtete, vor Schulbeginn an der Ruhrschule seien dort kaum mehr als zwei Kinder unterwegs. Antwort darauf: Man sei verpflichtet, Schulwege auszuweisen und sie zu sichern.

Dann belegte Welke mit Zahlen, dass von einem Unfallschwerpunkt keine Rede sein kann. Die wenigen Unfälle hätten auch nichts mit Raserei oder den engen Kurven zu tun, sondern meist mit Missachtung der Vorfahrt. Dass der letzte Schwerverletzte ein E-Bike-Fahrer war, spreche eher dagegen, auf der Fahrbahn zu radeln. Die maßvollen Zahlen bestätigte der Gutachter, erklärte das aber mit Corona.

Für Zebrastreifen zu viel Verkehr

Schnellere Busse und mehr Sicherheit, das widerspreche sich doch, wunderte sich eine Frau. „Kann man die Straße in der Unterführung nicht in einem anderen Winkel führen?“, wollte ein junger Mann wissen. „Die Trasse ist vorgegeben. Die Bahn ändert nichts. Sie baut nur breiter“, erklärte Peter Klunk, Vorsitzender des Bürgerrings.

„Kann man nicht Zebrastreifen anlegen?“, fragte eine Frau. Antwort: Dafür sei das Verkehrsaufkommen zu hoch.

Was der Verzicht auf einen der beiden Gehwege an Platzgewinn bringen würde, lautete eine weitere Frage. Sie blieb ohne Antwort.

Planungschef agiert wie ein Parteipolitiker

In der Verkehrsplanung sei kein Platz für Innovationen, bilanzierte der neue Chef-Stadtplaner Thomas Palotz am Ende. Der Verkehr habe sich in den letzten 30 Jahren verdoppelt. Und wir alle seien es, die ihn erzeugen würden. „Bürgersteige, die von Bussen überfahren werden, sind nicht akzeptabel.“ Es bringe nichts, das fachliche Vorgehen weiter in Frage zu stellen. Man werde trotzdem über die Anregungen nachdenken, versprach er.