Oberhausen. Im Oberhausener Krankenhaus St. Marien hilft Therapiehund Gustav dabei, Schmerzpatienten Sicherheit zu geben. Erster Einsatz mit acht Wochen.

Betritt man den Gemeinschaftsraum der Schmerzklinik im Ameos Klinikum St. Marien Oberhausen, wird man freudig und mit wedelndem Schwanz begrüßt – der Raum ist zugleich das „Arbeitszimmer“ von Therapiehund Gustav. 30 Stunden in der Woche verbringt der dreijährige Goldendoodle (eine Kreuzung aus Golden Retriever und Pudel) in der Schmerzklinik und hilft Patienten bei ihrer Therapie, im Schwesternzimmer hat er dafür sogar einen eigenen Ordner. Wir haben den wohl niedlichsten Mitarbeiter im Krankenhaus besucht.

Erster Einsatz mit acht Wochen: Der geborene Therapiehund

Gustavs „Chefin“ Birgit Langenfeld, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in der Osterfelder Schmerzklinik, holte Gustav im Alter von acht Wochen zu sich. Schon drei Tage später kam der Welpe rein zufällig zu seinem ersten Arbeitseinsatz: „Ich habe Gustav von Anfang an mit auf die Arbeit genommen, weshalb er auch dabei war, als ein Patient eine schlimme Diagnose erhielt. Aus dem Bauch heraus habe ich Gustav auf seinen Schoß gesetzt. Durch die Anwesenheit und Berührung des Welpen konnte der Patient sich schnell beruhigen, und wir haben gemeinsam über Perspektiven geredet.“

Langenfeld dachte sich daraufhin, dass es für die Zukunft eine schöne Sache wäre, Gustav in den Klinikalltag zu integrieren. Ein großer Vorteil dabei: Gustav ist ein „Allergikerhund“ – selbst Patienten mit Hundehaarallergie reagieren nicht allergisch auf ihn. Seine Fähigkeiten als Therapiebegleithund lernte er nach und nach, eine spezielle Ausbildung bekam er nicht.

Schmerzpatientin Klaudia Rütters (links) ist froh, dass ihr Therapiehund Gustav zur Seite steht. Sein Frauchen, die Fachärztin Birgit Langenfeld (rechts), ist dabei immer in der Nähe und belohnt Gustav nach getaner Arbeit mit einem langen Spaziergang im Wald.
Schmerzpatientin Klaudia Rütters (links) ist froh, dass ihr Therapiehund Gustav zur Seite steht. Sein Frauchen, die Fachärztin Birgit Langenfeld (rechts), ist dabei immer in der Nähe und belohnt Gustav nach getaner Arbeit mit einem langen Spaziergang im Wald. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Heute ist Gustav fester Bestandteil des Teams, auch bei Teamsitzungen darf er nicht fehlen. Er fließt in den Therapieplan mit ein, Übungen zum autogenen Training beginnen erst, wenn Gustav sich hingelegt hat – dies sei ein Zeichen dafür, dass die Patienten zur Ruhe gefunden haben und bereit für die Therapie sind. Langenfeld erklärt: „Gustav ist für viele Patienten der Schlüssel, sich vom andauernden Schmerz abzulenken, damit sich dieser nicht zu sehr im Gehirn verankert. Wir merken bei allen Patienten im Raum eine Veränderung durch Gustavs Anwesenheit. Er löst einfach Freude aus!“

Schmerzpatientin: „Ich musste neu lernen, den Hund anzufassen“

Auch bei Schmerzpatientin Klaudia Rütters hat Gustav maßgeblich zum Therapieerfolg beigetragen. Dass die Oberhausenerin heute mit ihrer linken Hand Leckerlis an Gustav füttern kann, war bis vor einem Monat undenkbar. Als sie Ende März in die Klinik kommt, kann sie ihren linken Arm kaum bewegen, jede Berührung ist mit großen Schmerzen verbunden. Rütters leidet seit einem Sturz im August 2020 unter der seltenen neurologischen Erkrankung CRPS (komplexes regionales Schmerzsyndrom), ausgelöst durch einen Handgelenksbruch. „Durch eine Überreaktion meines Körpers kam es zu einer starken Entzündung und Nervenschädigungen, die zu extremen Schmerzen geführt haben. Erst während eines Reha-Aufenthalts ein Jahr nach dem Sturz wurde festgestellt, dass ich unter CRPS leide. Mein Orthopäde hat mich dann an die Schmerzklinik in Osterfeld überwiesen“, erzählt Rütters.

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Der Weg während einer Schmerztherapie ist für die Patienten oft lang und beschwerlich. Gustav dient dabei als tierischer Motivator, der zusätzlich zur Physio- und Ergotherapie zum Einsatz kommt. Klaudia Rütters kostet es jedes Mal Überwindung, ihre Hand zu bewegen, doch Gustavs Anwesenheit motiviert sie weiterzumachen. „Nach einer Woche habe ich die ersten Fortschritte gemerkt. Ich musste mich zunächst überwinden, den Hund anzufassen, weil allein seine Körperwärme und sein Fell Schmerzen im Arm ausgelöst haben“, erklärt Rütters. Heute ist sie auf einem guten Weg, die Hand im Alltag wieder mehr und mehr zu nutzen, selbst Autofahren und Malen sind möglich.

Schmerztherapie bald auch ambulant möglich

In naher Zukunft sollen im Ameos Klinikum St. Marien Oberhausen auch ambulante Therapien mit Gustav angeboten werden, bei denen die Patienten für sechs bis sieben Stunden in die Klinik kommen und abends wieder nach Hause gehen.Dr. Anna Christina Knauber, Leitende Oberärztin der Klinik für Schmerzmedizin, betont: „Es ist uns wichtig, dass alle wissen, dass es uns weiter hier in Osterfeld gibt. Seit dem vorübergehenden Umzug der Geriatrie werden wir immer wieder gefragt, ob wir weiter praktizieren. Dabei wurde unser Leistungsangebot sogar erweitert! Die Therapie mit Gustav ist dabei nur eine von vielen Therapiemöglichkeiten zur Verringerung von chronischen Schmerzen, die wir hier vor Ort anbieten.“