Oberhausen. Streit, Krankheit, Verlustangst – seit sieben Jahren begleitet Ulrike Stifft Oberhausener Paare in schweren Zeiten. Die Probleme sind vielfältig.

Läuft es in einer Beziehung nicht mehr rund, ist Therapeutin Ulrike Stifft zur Stelle: Seit 2016 bietet die Oberhausenerin Beratungen für Paare an, die selbst nicht mehr weiterwissen. Einer ihrer Schwerpunkte ist dabei von besonderer Emotionalität: Die Begleitung von Krebspatientinnen und ihren Partnern. Die Beziehung wird durch die Krankheit vor völlig neue Herausforderungen gestellt.

Häufige Streitgründe: Kommunikation und Kindererziehung

Ulrike Stifft, die ihre Wurzeln in der Homöopathie und Naturheilkunde hat, bietet in ihrer Praxis Einzel-, Paar- und Familientherapien an. Auch wenn Psychotherapie ihrer Einschätzung nach kein Alter kennt, sind die meisten Paare, mit denen sie zusammenarbeitet, zwischen 35 und 60 Jahre alt. Die Ursache der Beziehungsprobleme liegt nach ihrer Beobachtung dabei in der Regel in einer mangelhaften Kommunikation zwischen den Partnern. Häufig streiten sich Paare auch über die Erziehung ihrer Kinder.

Auch wenn die Schamgrenze, sich in Therapie zu begeben, durch einen aufgeklärteren Umgang in der Gesellschaft gesunken ist, erfordert es nach Stiffts Einschätzung nach wie vor Mut, eine Therapiesitzung zu vereinbaren. Zur Überwindung der ersten Barriere bietet die Therapeutin deshalb einen Online-Termin an. Dieser Service werde gut angenommen werde: „Besonders bei Erstberatungen hat eine Online-Sitzung den Vorteil, dass man sich schon mal gegenseitig sieht und kennenlernen kann, ohne das eigene Haus verlassen zu müssen. Die Hemmschwelle sinkt deshalb bei vielen Paaren – und das erste Eis wird gebrochen.“ Eine ganze Therapie könne Stifft allerdings nicht online durchführen, dreiviertel ihrer Termine erfolgten nach wie vor in Präsenz vor Ort.

Lautstarke Streitereien, Eifersucht, Seitensprünge: Probleme, beiden Partnern gegenüber neutral zu bleiben und sich nicht auf eine Seite zu schlagen, hat Stifft bisher nie gehabt. „Ich betrachte jeden Menschen, der bei mir sitzt, mit Wohlwollen, da ich der Meinung bin, dass jeder Mensch eigentlich gut ist. Wenn ich tatsächlich mal merken sollte, dass ich eine bestimmte Seite einnehme, würde ich das offen kommunizieren – und nicht weiterbehandeln.“

Seit 2014 gehört Ulrike Stifft zum ärztlichen Behandlungsteam des Brustzentrums Oberhausen/ Mülheim. Dabei unterstützt sie Krebspatientinnen beim Umgang mit der Krankheit und spricht zudem mit den Angehörigen.
Seit 2014 gehört Ulrike Stifft zum ärztlichen Behandlungsteam des Brustzentrums Oberhausen/ Mülheim. Dabei unterstützt sie Krebspatientinnen beim Umgang mit der Krankheit und spricht zudem mit den Angehörigen. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Überforderte Krebspatientinnen und hilflose Angehörige

Ein wichtiger Aspekt in Stiffts Leben ist die Beratung und Behandlung von Krebspatienten. Seit 2014 kooperiert sie mit dem Brustzentrum Oberhausen/ Mülheim und hilft Patientinnen wie Angehörigen über die Behandlung hinaus, mit der Diagnose „Krebs“ umzugehen. „Nach wie vor wird eine Krebsdiagnose häufig mit einem Todesurteil verbunden, obwohl viele Krebserkrankungen heutzutage gut therapiert werden können. Dennoch schwebt der Gedanke an den Tod in den Köpfen der Leute.“

Dies sei nicht nur für die erkrankten Menschen selbst, sondern auch für deren Angehörige schwer. „Auf die Angehörigen guckt oft keiner, obwohl der Umgang mit der Erkrankung insbesondere für die Partner genauso schwer sein kann. Oft fühlen sie sich hilflos, da sie nichts tun können und fallen in ein Loch.“

Lesen Sie auch den ersten Teil der Serie: Jung und verliebt – Pfarrer erzählt von Zweifeln am Zölibat

In einer Partnerschaft komme es zudem häufig zu Problemen, wenn der angehörige Partner den Patienten mit Liebe überfrachte. „Als Angehöriger versucht man alles, um den Partner zu entlasten. Viele meiner Patientinnen wollen das aber gar nicht, stattdessen möchten sie normal weiterleben. Durch diese übermäßige Liebe bekommen sie dann quasi keine Luft mehr, was die Beziehung in solch schweren Zeiten zusätzlich belasten kann.“

Erzählen Sie uns ihre Liebesgeschichte!

Für unsere neue Serie „Bei aller Liebe“ suchen wir Menschen aus Oberhausen, die uns ihre ganz besondere Liebesgeschichte erzählen wollen.

Damit sind nicht nur Paare oder alleinstehende Menschen gemeint – uns interessiert die Liebe in allen Formen. Das können Männer und Frauen sein, die sich vor kurzem erst verliebt haben oder die schon ewig zusammen sind. Pärchen, die bald heiraten wollen oder (überzeugte) Singles. Partner, die trotz Altersunterschied oder anderer Nationalität zueinandergefunden haben.

Schreiben Sie uns unter redaktion.oberhausen@waz.de oder rufen Sie uns an unter 0208-85906-40.


Psychologische Begleitung über medizinische Behandlung hinaus

Für Angehörige bietet Ulrike Stifft deshalb Gruppengespräche an, in denen mit Gleichgesinnten über Sorgen und Ängste gesprochen wird. Diesen Austausch hält die Therapeutin für ebenso wichtig wie die psychologische Begleitung der Patientinnen selbst – auch über deren medizinische Behandlung hinaus. So könnten Unsicherheiten geklärt und der Weg zurück ins Leben für alle Beteiligten vereinfacht werden.

Auf die Frage, ob Stifft bei so vielen Beziehungsdramen und Schicksalsschlägen eigentlich selbst noch an die große Liebe glaubt, findet die Therapeutin schnell eine klare Antwort: „Absolut! Besonders berührt bin ich deshalb, wenn eine Familie nach einer schwierigen Zeit wieder zusammenfindet.“