Oberhausen. Der coronabedingte Krisenmodus hat die Krebsforschung vorangetrieben. Davon profitieren auch Brustkrebs-Patientinnen in Oberhausen.
Corona hat das öffentliche Leben erneut lahmgelegt. Doch wer hätte das gedacht? Der Krisenmodus macht erfinderisch und schafft gerade durch die räumliche Trennung eine Nähe, die es so zuvor nicht gab. In diesem Fall mit positiven Auswirkungen auch für die Brustkrebs-Patientinnen des Evangelischen Krankenhauses Oberhausen, die sich neben einem Quantensprung in der Medizin über neue Hilfsangebote freuen können.
Viele Veranstaltungen des Brust-Zentrums Mülheim-Oberhausen (BZMO) mussten Corona-bedingt abgesagt werden, einige konnten zwar auch erhalten werden. Doch gerade das Thema „Bewegung nach einer Brustoperation“ kam nun nach Ansicht vieler Patientinnen zu kurz. „Wir überlegten, wie wir das verbessern können und entwickelten spontan einen Aufsteller mit physiotherapeutischen Übungen“, erzählt Anke Pollmanns, Oberärztin und Leiterin des Zentrums. Der funktioniert wie ein Tischkalender, den jede Frau nach der Entlassung jetzt mit nach Hause bekommt.
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Physiotherapeutin Katharina Mansfeld stellte sich als Fotomodell zur Verfügung. Sie erzählt: „Auf jedem Blatt ist eine einfache Übung dargestellt und erklärt, die man prima auch alleine daheim machen kann.“ Denn natürlich, nach der Operation seien die Frauen zunächst in der Bewegung eingeschränkt. Die Schmerzen führten schnell zur Vermeidung, die Vermeidung zu längerfristigen Problemen. Deshalb werde jeder Patientin bereits einen Tag nach der OP vermittelt: „Sie dürfen und sollen sich bewegen“, betont auch Fachkrankenschwester Marion Buschhorn (Breast Care Nurse).
Forschung erzielte Corona-bedingt enorme Fortschritte
Als Brustzentrum zertifiziert
Das Brust-Zentrum Mülheim-Oberhausen besteht seit 2005. Es ist ein zertifiziertes Zentrum. Die Experten dort weisen darauf hin: Es ist nicht in jedem Fall notwendig, bei einer Krebsdiagnose die ganze Brust zu entfernen.
Selbst dann nicht, wenn bis ins gesunde Gewebe hinein operiert werden muss. Denn auch dabei könne in bis zu 75 Prozent der Fälle die Brust erhalten werden.
Viele Angebote des Brust-Zentrums müssen zwar Corona-bedingt entfallen, es gibt aber auch Veranstaltungen, die ins Freie verlegt werden. Weitere Info dazu gibt es auf der Homepage des EKO: https://eko.de/veranstaltungen/ekoinfo-treff.html
Mit Hilfe des Klapp-Aufstellers könnten sie nun „mutig zu Hause weitermachen“ und dadurch viel für ihre körperliche und seelische Genesung tun. Ziele der Bewegungsübungen: Erhalten der Beweglichkeit von Armgelenken und Wirbelsäule, gezielte Schulung von Alltagsbewegungen, Förderung der Wundheilung. Aber auch: Vermeidung einer Schonhaltung, die schnell zu Muskelproblemen führt. „Die Konzentration auf eine bewusste Atmung ergänzt das Programm“, führt Mansfeld aus.
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Rund 180 neu an Brustkrebs erkrankte Frauen werden alljährlich im Evangelischen Krankenhaus Oberhausen operiert. Über 200 werden dort pro Jahr behandelt. „Denn manchmal reicht sogar eine medikamentöse Therapie“, sagt Anke Pollmanns. Die Oberärztin hofft, dass sich daran auch in diesem Jahr nichts ändert. So manche Patientin habe leider aufgrund der Corona-Krise ihre Vorsorgeuntersuchungen auf die lange Bank geschoben. „Es erkranken ja nicht weniger Frauen, nur weil sie nicht zur Vorsorge gehen – und eine frühzeitige Diagnose ist für den weiteren Verlauf sehr wichtig.“
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Dabei hätten sich die Chancen auf eine Heilung gerade durch die Corona-Krise sogar noch deutlich verbessert. „Die internationale engere Zusammenarbeit in der Medizin hat einen enormen Schub erfahren“, sagt Pollmanns. Gerade bei den neuen Therapien für Brustkrebs-Patientinnen habe sich im letzten Jahr extrem viel getan. Für fast alle Tumorarten gebe es dank der rasant fortschreitenden Forschung, etwa im Bereich der Krebsimmuntherapie, inzwischen neue Behandlungsansätze. Genau davon aber profitierten schon jetzt auch viele Brustkrebs-Patientinnen in Oberhausen. Dazu kommt: „Es gibt in Deutschland eine große Bereitschaft, in diese Entwicklungen zu investieren.“
Bei der Immuntherapie wird das körpereigene Immunsystem genutzt
Das Bundesministerium für Bildung fördert entsprechende Forschungseinrichtungen und erläutert, worum es überhaupt geht: „Als Immuntherapien werden alle Methoden bezeichnet, die das körpereigene Immunsystem nutzen, um Krebs zu bekämpfen.“ Ein Beispiel für einen Immuntherapieansatz sei der Einsatz von Checkpoint-Inhibitoren, einer Art von Antikörpern, die sich gezielt gegen „Bremsen“ im Immunsystem richten. Diese Kontrollpunkte (englisch „Checkpoints“) verhinderten normalerweise eine überschießende Reaktion des Immunsystems (Autoimmunreaktionen) gegen gesunde Zellen. „Manche Tumoren aktivieren gezielt solche Checkpoints, so dass Immunzellen, die den Tumor eigentlich erkennen und bekämpfen könnten, stark geschwächt werden.“ Checkpoint-Hemmer wirkten dem entgegen: „Sie verhindern die Unterdrückung der Immunantwort und bewirken so, dass das Immunsystem den Tumor verstärkt angreift.“