Oberhausen. Oscar-Gewinner Volker Schlöndorff hat in der Lichtburg seine Doku „Der Waldmacher“ vorgestellt. Der Besuch legt die Seele des Projektes offen.
Der Abspann läuft. Die Filmmusik legt einen sanften Klangteppich über die herunterlaufenden Namen. Einige Kinobesucher sind nach der gut 90-minütigen Dokumentation „Der Waldmacher“ im Gloria, einem kleinen Nebenkino der großen Oberhausener Lichtburg, schon in flüsternde Gespräche versunken.
Fast unbemerkt hat Regisseur Volker Schlöndorff den Raum des Lichtspielhauses betreten. Wartet im noch abgedunkelten Dämmerlicht auf das Ende des Abspanns. Und schaut immer wieder neugierig auf die zusammengerückten Köpfe im Publikum.
Volker Schöndorff: Dokumention wie ein Kinofilm? Reiner Zufall
Draußen vor dem Kino sitzen Passanten in der Sonne. Schlöndorff sei froh, dass doch einige den schönen Tag für seinen Film im dunklen Kinosaal geopfert hätten. Es bleiben zwar einige Plätze frei. Doch wer gekommen ist, das zeigt die Film-Diskussion, ist mit Interesse dabei.
Schlöndorff baut seine Dokumention fast wie einen prachtvollen Kinofilm aus. Darauf angesprochen, gibt sich der Oscar-Preisträger (1980, bester ausländischer Film „Die Blechtrommel“) beinah bescheiden. Dies sei nicht beabsichtigt, sondern unvermeidbar gewesen. „So sehe ich eben die Welt.“
Volker Schlöndorff: Unterirdischer Wurzelwald als Hoffnungsträger
Neben beeindruckenden Drohnen-Aufnahmen über die Landschaften im westafrikanischen Niger, selbst kurzen Trickfilm-Animationen, sind es vor allem die Nahaufnahmen mit der Kleinkamera, die Schlöndorff selbst in den Gesprächen führt. Sie öffnen Türen für ungewohnte Blickwinkel. Damit ausgestattet taucht der 83-Jährige auch immer wieder selbst in den Bildern seiner kurzweiligen Dokumention auf.
Tony Rinaudo, seine charismatische Art habe ihn fasziniert, sagt Schlöndorff über die Initialzündung. Dabei scheiterte der Träger des Alternativen Friedensnobelpreis zunächst mit der Initiative, erfolgreich neue Setzlinge im durch Raubbau ausgelaugten Erdreich zu pflanzen - und damit das Fortschreiten der Wüste aufzuhalten.
Bis zu dem Moment als Rinaudo das große Wurzelwerk unter den vermeintlich kargen afrikanischen Landschaften entdeckt - und eine Methode entwickelte, wie Sträucher mit der richtigen Schnitttechnik zu großen Bäumen heranwachsen können.
In „Der Waldmacher“ sitzen die Besucher mit in den Versammlungen der Bauern in Niger. Sie hören Tony Rinaudo in den afrikanischen Landessprachen reden - und so auf offene Ohren stoßen. Man sieht sie auf den Feldern, wie die Schnittmethoden an kleinen Pflanzen an die Bewohner weitergegeben werden. Und mit einem feinen Humor versetzt, schwingt in „Der Waldmacher“ auch viel Hoffnung mit.
Volker Schlöndorff: „Der Waldmacher“ zeigt starke Frauengeschichten
„Der Waldmacher“ seziert viele Probleme - zwischen Ökologie, Ökonomie und Überleben. Dies wird deutlich, wenn die Alten im Dorf zu Wort kommen. „Die Jungen haben die Bäume gefällt, um mit dem Geld in die Stadt zu reisen.“ Schlöndorff begleitet Tony Rinaudo in die Dorfschulen, deren Kinder später lieber als Lehrer in der Stadt arbeiten möchten statt als Farmer vor Ort. Die Kino-Doku zeigt Frauen, die oftmals alleine zurückbleiben und mit harter Arbeit ihre Familien durchbringen.
Es sind fesselnde Passagen von „Der Waldmacher“, wenn Bäuerinnen die Säcke mit Material auf dem Kopf transportieren - und aus ihrem Leben erzählen. Die Frauen in Afrika tragen Afrika auf dem Kopf. Ein wichtiger Teil von „Der Waldmacher“, den Schlöndorff nicht künstlich betonen musste: „Das waren einfach die beeindruckendsten Geschichten.“