Oberhausen. Eigentlich war alles geklärt. Es sollte Lärmschutzwände für die Siedlung Grafenbusch geben. Doch nun vollzieht die Bahn offenbar eine Kehrtwende.

Helle Aufregung in der Siedlung Grafenbusch: Anfang 2019 hatte die Deutsche Bahn zugesagt, dass es entlang der dortigen Güterzugstrecke Lärmschutzwände geben soll. Diese Zusage wird nun offenbar einkassiert.

Intern argumentiert die Bahn, dass das Nutzen-Kosten-Verhältnis für den fraglichen Abschnitt nicht mehr den Vorgaben entspreche. Das für die Fördermittelvergabe zuständige Eisenbahnbundesamt (EBA) habe deshalb die Förderung für die geplanten Lärmschutzwände in Höhe der Siedlung Grafenbusch abgelehnt.

Anfang 2019 sah das noch ganz anders aus: Vehement hatte damals die Bürgerinitiative „Stoppt den Lärm im Grafenbusch“ für den Lärmschutz in Höhe der Siedlung gestritten. Mit Erfolg, wie es seinerzeit aussah: In einem Spitzengespräch von Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) mit dem Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn (DB), Werner Lübberink, habe die Bahn zugesagt, dass es in den Jahren 2022 bis 2024 nun doch Lärmschutz für die denkmalgeschützte Siedlung geben werde, hieß es damals. Bei einer Infoveranstaltung der Bahn im November 2018 hatte die Initiative vehement dafür demonstriert.

Signale für Lärmschutz stehen plötzlich auf Rot

Auch interessant

Nun die Kehrtwende – die Signale für das Projekt stehen offenbar auf Rot: Das Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) habe bereits bei den ersten Planungen nur knapp über dem geforderten Wert gelegen, argumentiert die Bahn. Würde das Projekt verwirklicht, müsse der Abschnitt durch zwei Lärmschutzwände geschützt werden, da die Strecke dort in unterschiedlicher Höhe verlaufe. Zusätzlich müsste der Bereich der Brücke über die Schienenstrecke zum Rangierbahnhof Osterfeld aus statischen Gründen vom aktiven Lärmschutz ausgenommen werden, wodurch es zu einer niedrigeren Lärmverminderung für den gesamten Bereich komme, heißt es. Das wirke sich ebenfalls negativ auf das Nutzen-Kosten-Verhältnis aus.

Zudem seien erhebliche, kostenintensive Erdarbeiten, die Anschüttung einer hohen Rampe, im Bereich des Parkplatzes am Gasometer nötig. Durch die Einrichtung der Rampe und die dadurch entstehende Logistik des Abtransportes von Bodenaushub usw. würden weitere Kosten entstehen. Das geforderte Nutzen-Kosten-Verhältnis könne nicht mehr eingehalten werden, so dass der aktive Schallschutz, also Lärmschutzwände an der Strecke, entfallen müsse.

„Empörung bei den Bewohnern des Grafenbusch ist riesengroß“

Das will die Initiative „Stoppt den Bahnlärm im Grafenbusch“, die von dieser Nachricht völlig überrascht worden ist, auf keinen Fall hinnehmen. Sie will ihren Protest in nächster Zeit lautstark äußern.

Initiative setzt auf Hilfe der Stadt

Die Bürgerinitiative zeigt sich davon überzeugt, dass die Stadt Oberhausen den Kampf für den Lärmschutz in Grafenbusch unterstützen wird.

Initiative-Sprecher Eikmeyer: „Wir werden diesbezüglich Oberbürgermeister Schranz anschreiben und um einen zeitnahen Gesprächstermin bitten.“

Hajo Eikmeyer, Sprecher der Bürgerinitiative für Lärmschutz in Grafenbusch, formuliert mit Blick auf die Absage der Bahn: „Die Empörung bei den Bewohnern des Grafenbusch ist riesengroß. Die Menschen sind außer sich vor Zorn und Enttäuschung. Im Oktober 2019 erhielten wir die offizielle Zusage der Bahn. Zweieinhalb Jahre später kommt nun die Rolle rückwärts, ohne überhaupt mit uns gesprochen zu haben.“

Was die Bahn jetzt als Argumente anführe, habe auch schon 2019 bei der Zusage auf dem Tisch gelegen. Die Parameter für das Nutzen-Kosten-Verhältnis seien die gleichen geblieben. Ein von der DB Netz AG bevollmächtigtes Ingenieur-Büro habe sich sogar noch im April 2021 mit den Anwohnern in Verbindung gesetzt, um die Zufahrtsrechte für die Baustelle zu bekommen. Im gleichen Schreiben werde die Bauausführung ebenfalls für das Jahr 2024 angekündigt.

Um die Güterzugstrecke vorne im Bild geht’s: Sie verläuft direkt an der Siedlung Grafenbusch.
Um die Güterzugstrecke vorne im Bild geht’s: Sie verläuft direkt an der Siedlung Grafenbusch. © Hans Blossey / FFS

„Auch wenn der Ruf der Bahn schon hinreichend ramponiert ist, hätten wir so eine Absage an den Lärmschutz nicht für möglich gehalten“, betont Hajo Eikmeyer. „Aber wir werden nicht kampflos aufgeben und uns letztlich auch rechtliche Schritte vorbehalten.“

Mehrere Immobilien hätten seit 2019 im Zuge normaler Fluktuation den Besitzer gewechselt. Beim Verkauf dürfte sicherlich auch der absehbare Lärmschutz eine Rolle gespielt haben, insofern könne es sogar noch zu Forderungen nach Schadensersatz kommen.