Oberhausen. Schüler und Lehrer des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums in Oberhausen erzählen von ihren engen Verbindungen zur Partnerschule in Saporishja.
Ein weißes Stofftuch mit dem Schriftzug „Die Waffen nieder!“ weht schon von weitem sichtbar an der Fassade des Oberhausener Bertha-von-Suttner-Gymnasiums. Beim Betreten des Foyers fällt der Blick sofort auf Pinnwände voller Friedenstauben und Fotos des letzten Schüleraustauschs in Saporishja, darüber strahlt ein Beamer blaue und gelbe Lichter an die Decke. Es wird schnell deutlich: Die Geschehnisse in der Ukraine beschäftigen Schüler und Lehrer hier sehr. Die Schule pflegt bereits seit 22 Jahren eine enge Partnerschaft mit der Schule 46 in Oberhausens Partnerstadt Saporishja, 2019 fand der letzte Austausch statt.
„Wunderschöne Freundschaften werden zerstört“
Julia Bron, Lehrerin am „Bertha“, ist Organisatorin des Schüleraustauschs und steht in ständigem Kontakt mit ihren Kollegen an der ukrainischen Schule 46. Die Situation vor Ort sei für sie „unvorstellbar“, die Menschen in Saporishja beschreibt sie mit besorgter Stimme als „sehr tapfer, um ihre Stadt so gut es geht zu verteidigen“. An der Partnerschule selbst sei der Schulbetrieb vollständig eingestellt worden, stattdessen befände sich jetzt eine Notunterkunft in den Schulräumen. Kommunikation mit Freunden vor Ort sei am besten über soziale Medien möglich, „das Internet funktioniert zum Glück noch“, erklärt die Lehrerin.
Bron hat dabei nicht erst seit der Leitung des Schüleraustauschs Kontakt in die Ukraine. Sie wurde selbst im russischen Sibirien geboren und verbrachte viele Sommer ihrer Kindheit in der Ukraine. „Ich habe eine wunderschöne Freundschaft zwischen beiden Völkern erlebt, unabhängig von der Politik. Deshalb ist es für mich ein absoluter Schock, dass Putin diesen Schritt gegangen ist. Mit seiner Entscheidung wurden wunderbare Freundschaften zerstört und sehr viel Hass geschürt“. In Brons Augen ist die Verzweiflung zu erkennen, sie schüttelt den Kopf.
Schutz im Bunker und Lebensmittelknappheit in Saporishja
Besonders schwierig ist die Situation auch für Yekateryna Shapovalova. Die Schülerin der neunten Klasse wurde in Saporishja geboren und kam erst in ihrer Kindheit zusammen mit ihren Eltern nach Deutschland. Erst letzten Sommer war sie zu Besuch bei ihrer restlichen Familie, die weiterhin in Saporishja lebt. Ihre Familie bekommt den Krieg jetzt hautnah zu spüren. „Die meiste Zeit verbringen sie in Bunkern, um sich vor Luftangriffen zu schützen. Die Stadt ist umzingelt von Soldaten, Geld und Lebensmittel werden langsam knapp“, schildert Yekateryna die Situation vor Ort mit Tränen in den Augen. Fliehen wolle ihre Familie dennoch nicht, um ihre Stadt nicht zurückzulassen. „Außerdem hat meine Oma Angst davor, dass man in Deutschland kritisch gegenüber Flüchtlingen eingestellt ist und sie nicht gut aufgenommen wird“, merkt sie an.
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Um den Menschen in der Ukraine zu helfen, hat Lehrerin und Leiterin der AG „Demokratie Aktiv“ Lina Kindermann gemeinsam mit ihren Schülern eine Crowd-Funding-Aktion ins Leben gerufen, bei der Spenden für ihre Partnerschule gesammelt werden. 190 Unterstützer hätten dabei bereits über 16.000 Euro gespendet, obwohl die Aktion gerade erst angelaufen sei. „Man fühlt sich so hilflos, wenn man die Nachrichten hört. Da habe ich einen richtigen Tatendrang bekommen, um etwas zu unternehmen, um den Menschen vor Ort irgendwie zu helfen“, erzählt Kindermann. Auch im Unterricht spreche sie mit Schülern über die aktuelle Situation, was allerdings aufgrund der anstehenden Prüfungen gar nicht so einfach sei: „Wir bräuchten viel mehr Zeit, um über die Geschehnisse zu sprechen, aber wir haben ja immer nur ein, zwei Schulstunden zusammen und da muss ich ja auch den Stoff für die Klausuren noch unterbringen.“
Schüleraustausch seit dem Jahr 2000
Seit 22 Jahren werden Schüleraustausche zwischen dem Bertha-von-Suttner-Gymnasium un der Schule 46 in Saporishja angeboten.Vor der Coronapandemie fand der gegenseitige Schüleraustausch einmal jährlich statt. Die Jugendlichen bekamen dabei die Möglichkeit, in einer Gastfamilie zu wohnen, ihre Sprachkenntnisse zu vertiefen und neue Freunde sowie den jeweils anderen Alltag kennenzulernen.