Oberhausen. Russland marschiert mit Truppen in die Ukraine ein. Oberhausen sorgt sich um die Partnerstadt Saporishja – und bietet konkrete Hilfe an.
„Der Krieg hat begonnen“. Als Marita Wolter am Donnerstagmorgen um 6 Uhr auf ihr Handy schaut, läuft es ihr eiskalt den Rücken hinunter. Eine Freundin aus Oberhausens ukrainischer Partnerstadt Saporishja hat ihr diese Nachricht geschickt. Nicht mehr als diese vier Worte sind auf dem Display zu lesen – das Entsetzen über den russischen Einmarsch in die Ukraine ist umso größer.
Marita Wolter kennt Saporishja gut, mehr als zehn Mal war die CDU-Ratsfrau und ehemalige Lehrerin der Friedrich-Ebert-Realschule dort zu Gast, hat Schülerinnen und Schüler bei Austauschprogrammen begleitet, war Teil städtischer Delegationen. Die Stadt am großen Fluss Dnepr, der Hauptwasserstraße der Ukraine, mit ihren knapp 750.000 Einwohnern ist seit Mitte der 80er Jahre Partnerstadt von Oberhausen und liegt nur rund 120 Kilometer von Donezk entfernt – also der Region, in der gekämpft wird.
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„Ich bin unheimlich traurig und mache mir große Sorgen“, sagt Wolter, die noch am Vorabend anderthalb Stunden mit zwei Freundinnen in der Ukraine telefoniert hat – ehemalige Lehrerinnen, die die Oberhausenerin bei den Jugendbegegnungen der beiden Städte kennengelernt hat. Die Stimmung war geteilt: Große Sorgen machte sich die eine Freundin, die andere glaubte da noch nicht an einen Einmarsch.
Russland marschiert in die Ukraine ein
„Ich war ebenfalls recht blauäugig davon ausgegangen, Putin lasse nur die Säbel rasseln“, erzählt Wolter am Telefon, hörbar schockiert ob der aktuellen Nachrichtenlage. Seit Wochen hält der russische Präsident mit seiner scharfen Kriegsrhetorik die Welt in Atem. In der Nacht zu Donnerstag hat er dann tatsächlich Truppen in Teile der Ost-Ukraine entsendet – um dortige russische Separatistengruppen zu unterstützen.
„Ein schlimmer Tag“, sagt Oberhausens Oberbürgermeister Daniel Schranz am Donnerstagvormittag. „Unsere Gedanken sind bei den Menschen in der Ukraine.“ Der Einmarsch der russischen Truppen sei zwar zu befürchten gewesen. „Und trotzdem ist es erschütternd.“ Er sichert Saporishja und der Ukraine seine und Oberhausens Solidarität zu. Noch in der vergangenen Woche hat er einen Brief ins Rathaus der Partnerstadt geschickt und seine Hilfe angeboten. Oberhausen könnte beispielsweise Equipment der Feuerwehr in die Ukraine schicken.
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Zweimal war Schranz bislang zu Gast in Saporishja, zuletzt 2017. „Ich habe die eindrucksvolle Entwicklung der Stadt gesehen.“ Mit den Menschen dort verbinde ihn ein herzliches Verhältnis. Die Partnerschaft habe nicht nur auf dem Papier bestanden, „wir haben sie aktiv gelebt“, sagt der Oberbürgermeister. „Um so näher geht uns nun die Gefahr, in der sich unsere Freundinnen und Freunde dort befinden.“
CDU: Einmarsch in Ukraine ist „skrupelloses Verbrechen“
Dieses Gefühl teilt Marita Wolter. „Die Menschen in Saporishja haben uns immer so gastfreundlich empfangen, der Menschenschlag ist offen, herzlich und freundlich.“ Der Gedanke, dass es diesen Menschen nun schlecht geht, sie Angst haben und nicht wissen, was die Zukunft bringt, schmerze sie sehr. Noch halten die Leitungen nach Saporishja, via Telefon und Video-Chat hält die Oberhausenerin Kontakt zu ihren Freundinnen, denen sie auch weiter zur Seite stehen will.
Enge Verbindung zu Saporishja
Saporishja ist seit 1986 Partnerstadt von Oberhausen. Mit den Jahren hat sich eine enge Verbindung aufgebaut, die Städte halten Kontakt, tauschen sich aus, auch ein regelmäßiger Jugendaustausch findet statt.Neben dem Jugendaustausch „Multi“ bestehen mehrere Schulpartnerschaften. Jugendliche aus Oberhausen sind in den vergangenen Jahren immer wieder in die ukrainische Stadt gereist, Schülerinnen und Schüler aus Saporishja waren im Gegenzug zu Gast in Oberhausen.
So sieht es auch die Oberhausener CDU. „Dem skrupellosen Verbrechen gegen das Völkerrecht müssen wir entschieden entgegentreten, auch wenn es für uns selbst wirtschaftliche Einbußen bedeutet“, schreiben Parteichef Wilhelm Hausmann, seine Stellvertreterin Marie-Luise Dött sowie die Fraktionsvorsitzende Simone-Tatjana Stehr in einer gemeinsamen Erklärung. „Unsere Gedanken sind bei denen, die ihre Angehörigen verlieren, bei denen, die auf der Flucht sind.“ Der Tag des Kriegsbeginns sei „ein schwarzer Tag in der Geschichte Europas, in der der Frieden so selbstverständlich schien“.