Oberhausen. Wegen sexuellen Missbrauchs steht ein Oberhausener (72) vor dem Landgericht. Über Jahre soll er sich an seiner Stieftochter vergangen haben.

Es könnte nur die Spitze des Eisbergs sein: Sieben Fälle von sexuellem Missbrauch wirft die Staatsanwaltschaft Duisburg einem 72-jährigen Mann aus Oberhausen vor. In seiner Wohnung im Knappenviertel soll er sich zwischen 2008 und 2020 an seiner Stieftochter sexuell vergangen haben. Das inzwischen 16 Jahre alte Mädchen berichtete erstmals einer Ärztin davon, als seine Mutter im Krankenhaus wegen einer lebensgefährlichen Hirnerkrankung behandelt wurde.

Immer wieder soll der Angeklagte das zu Beginn der Taten erst drei Jahre alte Mädchen unsittlich berührt und das gemeinsame Übernachten in einem Bett für sexuelle Annäherungen genutzt haben. Zwei der mutmaßlichen Übergriffe wertet die Ermittlungsbehörde als schwere Fälle. Seit Beginn der Ermittlungen hatte sich der 72-Jährige zunächst nicht zu den Vorwürfen geäußert.

Oberhausener brach sein Schweigen

Vor der Zweiten Großen Strafkammer des Landgerichts Duisburg brach der Oberhausener nun sein Schweigen. Der Richter hatte zu Beginn des Prozesses darauf hingewiesen, dass ein psychologisches Gutachten dafür spricht, dass die junge Zeugin sich das, was sie der Polizei erzählte, nicht ausgedacht habe. Im Falle einer Verurteilung, so der Richter, könne nur ein Geständnis des Angeklagten eine drohende mehrjährige Haftstrafe verkürzen.

Eine Mahnung, die der Angeklagte ignorierte. Er beteuert, dass die Vorwürfe aus der Luft gegriffen seien. Und er glaubt auch zu wissen, warum seine Stieftochter ihn falsch belastet: „Ich fürchte, dass sie mich hasst.“ Weil er das Kind, mit dem seine sehr viel jüngere zweite Frau schon schwanger war, als er sie kennenlernte, ablehnte.

Angeklagter beteuert, die Zeugin lüge: „Weil sie mich hasst.“

„Von meiner ersten Frau habe ich mich nach 25 Jahren scheiden lassen“, so der Maschinenschlosser, der bis zur Verrentung 46 Jahre bei der Bahn gearbeitet hat. Die Ehe sei kinderlos geblieben. Dass die Frau, in die er sich spät in seinem Leben verliebte, schwanger war, habe er erst später erfahren. „Aber ich wollte doch nie ein Kind.“ Nach der Geburt des Mädchens sei er durch die Situation völlig überfordert gewesen. Auch das Verhältnis zur Ehefrau habe darunter gelitten. Die Stieftochter wurde für einige Zeit zu den Großeltern gegeben, kehrte aber nach einigen Jahren zurück.

„Ihre Mutter hat ihr wohl einiges erzählt“, so der Angeklagte. Als Folge habe das Mädchen ihm zeitweise nur noch den Rücken zugedreht. „Sie hat mir gesagt: Damals hast du mich nicht gewollt, jetzt will ich dich nicht mehr.“ Das Paar trennte sich schließlich räumlich. Für das ursprünglich nur auf zwei Tage angesetzte Verfahren wurde bereits ein dritter Verhandlungstag bestimmt. Nach derzeitiger Planung soll ein Urteil am 31. Januar gesprochen werden.