Oberhausen. Im Ruhrgebiet ist die Jugendarbeitslosigkeit doppelt so hoch wie in ganz Deutschland. Das Programm „Joblinge“ setzt da auf eine 1:1-Betreuung.

Die einen klagen über unqualifizierte Jugendliche, die angeblich für eine Lehre nicht taugen, die anderen klagen über unwillige Unternehmen, die nach unendlich vielen Bewerbungen keinen Lehrvertrag herausrücken – Betriebe und Schulabgänger kommen bei der beruflichen Ausbildung, gerade auch in Oberhausen, zu oft nicht zusammen.

Das liegt auch daran, dass die Unternehmen vor Ort nicht genügend Lehrstellen anbieten – auf anderthalb Lehrstellen gibt es rechnerisch zwei junge Erwachsene, die sich für eine Lehre interessieren. So liegt die Jugendarbeitslosigkeit in Oberhausen mit 7,8 Prozent immer noch fast doppelt so hoch wie im Schnitt in ganz Deutschland: Mehr als 800 junge Oberhausener unter 25 Jahren suchen derzeit vergeblich eine Arbeitsstelle.

Die meisten Langzeitarbeitslosen haben keine berufliche Ausbildung

Fehlende Qualifizierung ist aber eine Dauergefahr, ständig auf das soziale Netz angewiesen zu sein: Die meisten der über 6000 Langzeitarbeitslosen, die das Oberhausener Jobcenter aktuell betreut, haben keine Ausbildung hinter sich. Zwar kümmern sich schon etliche Institutionen um junge Menschen, die es in ihrem Leben nicht ganz so einfach hatten: neben dem Jobcenter und der Arbeitsagentur auch die Ruhrwerkstatt, die Kurbel und seit 2014 auch Rathaus-Bereiche mit gefördertem Personal für den häufig so holprigen Übergang von Schule zu Beruf. Doch das reicht offenbar nicht.

Die Oberhausener CDU-Sozialpolitikerin Ulrike Willing-Spielmann.
Die Oberhausener CDU-Sozialpolitikerin Ulrike Willing-Spielmann. © CDU Oberhausen | Kurt Michelis

Die CDU strebt deshalb an, dass die gemeinnützige Aktiengesellschaft „Joblinge Ruhr“ einen Standort in Oberhausen gründet. „Wir haben Lücken bei den Hilfen für Jugendliche, die es in ihren Familien bisher nicht leicht hatten, und bei ihrer Berufssuche allein gelassen werden“, beobachtet CDU-Sozialpolitikerin Ulrike Willing-Spielmann.

Die „Joblinge“-Dachorganisation in München setzt bei ihrem System auf Mentoren: Das sind lebenserfahrene, im Beruf bewährte Erwachsene, die sich um einzelne Jugendliche ehrenamtlich kümmern. Sie hat bundesweit 30 Standorte; die „Joblinge Ruhr“ sind im Ruhrgebiet in Essen (schon seit 2013), Gelsenkirchen und Recklinghausen vertreten. Sie finanzieren sich aus Spenden und öffentlichen Geldern, die Jugendlichen werden meist vom Jobcenter vermittelt.

Die Erfolgsquote ist beachtlich: Bei den seit 2007 geförderten benachteiligten Jugendlichen, mehr als 12.000, liegt die Vermittlungsquote in den ersten Arbeitsmarkt bei 75 Prozent, fast 90 Prozent von ihnen sind auch nach sechs Monaten noch dabei.

70 Prozent kommen aus Hartz-IV-Familien

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Joblinge-Programms waren bisher zu zwei Dritteln junge Männer. 60 Prozent der benachteiligten jungen Erwachsenen entstammten aus Zuwandererfamilien, über 40 Prozent hatten höchstens einen Hauptschulabschluss. 70 Prozent von ihnen kamen aus Hartz-IV-Familien.

Die Joblinge Ruhr werden im Ruhrgebiet maßgeblich von Unternehmen des Initiativkreises Ruhr unterstützt. Detaillierte Informationen zu dem Joblinge-Programm gibt es auf der Internetseite www.joblinge.de.

Wie schaffen die „Joblinge“ das? In einem Sechs-Monate-Startprogramm trainieren die Schützlinge Schlüsselqualifikationen für den Berufsalltag, darunter auch soziale und sprachliche. Dafür müssen die Teilnehmer aber in der Aufnahmephase erfolgreich ein gemeinnütziges Projekt umsetzen: Es werden Kinderheime renoviert, Tierställe im Zoo gereinigt oder Grünanlagen geputzt.

Bewerbertraining im Programm enthalten

Im Programm enthalten sind auch die Suche nach dem geeigneten Beruf, Bewerbungstrainings, Schnuppertage in Betrieben und längere Praktikumsphasen. So wird der Blick der jungen Menschen geweitet: Denn vielen fallen von den über 320 Lehrberufen nur acht bis zehn ein – immer die gleichen. Am Ende winkt oft in einem Partnerunternehmen der Lehrvertrag.

Bis zum Schluss der Ausbildung steht den jungen Erwachsenen der Mentor zur Seite – als Eins-zu-eins-Unterstützung bei Problemen: Menschen, die zuhören, motivieren und vor allem in schwierigen Phasen helfen, nicht aufzugeben.