Essen. Anfang des Jahres startete in Essen die Initiative „Joblinge“, die Jugendlichen bei der Lehrstellensuche hilft. Das bundesweite Projekt eröffnet auf der Huyssenallee seinen ersten Standort im Revier. 20 Joblinge-Teilnehmer, die sich für einen Platz beweisen mussten, erhoffen sich neue Perspektive.

Florian Skuba ist aufgeregt: Anfang März hat der 21-Jährige seinen ersten Einstellungstest bei einem großen Handelskonzern. „Fachkraft für Lagerlogistik“ möchte der junge Mann werden, hat nach seinem Hauptschulabschluss vor zwei Jahren mehr als 50 Bewerbungen geschrieben, „doch ich bekam nur Absagen“. Jetzt gehört er seit knapp sechs Wochen zu den ersten 20 Teilnehmern der Anfang des Jahres in Essen gestarteten Initiative „Joblinge“ – und hat bereits ein richtiges Erfolgserlebnis.

Zur Seite steht ihm nicht nur das vierköpfige Team der Initiative. Jeden Jugendlichen begleitet ein ehrenamtlicher Mentor. „Mir ist das ein persönliches Anliegen, bislang schwer vermittelbare Jugendliche für den Weg in den ersten Arbeitsmarkt fit zu machen“, sagt Bernd Kreuzinger. Mit Florian Skuba übt der Projektleiter beim Initiativkreis Ruhr derzeit fleißig für den Test, „wir tauschen uns täglich aus“. Denn das Konzept der bundesweiten Aktion, die jetzt zur offiziellen Eröffnungsfeier des ersten Standortes im Ruhrgebiet Förderer aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft geladen hatte, ist praxisorientiert.

Man muss sich beweisen

Das erfuhren auch die 20 Jugendlichen: Um einen Platz im freiwilligen Programm zu ergattern, mussten sie mehrere Tage in einem gemeinnützigen Projekt ihre Tatkraft, ihre Verlässlichkeit und Teamfähigkeit unter Beweis stellen. „Wir haben ein Gemeindehaus entrümpelt. Das war viel Arbeit, hat aber auch viel Spaß gemacht und uns zusammengeschweißt“, erinnert sich Zakaria Hasbi. Die Teilnahme bei Joblinge empfindet der 20-Jährige „als meine letzte Chance auf einen Ausbildungsplatz“. Aber erstmal geht es darum, überhaupt ein Praktikum zu bekommen. Für viele wird das der allererste Kontakt mit der Arbeitswelt sein.

„Ich hoffe auf ein Praktikum bei einem großen Discounter“, sagt Feride Aslam. Trotz Fachoberschulreife ist die junge Essenerin seit zwei Jahren auf Ausbildungssuche. „Ich habe mich immer zu spät beworben, war ziemlich unstrukturiert“, gibt sie offen zu. Das Fehlen einer Zukunftsperspektive hat sie die Nacht zum Tag machen lassen. „Man rutscht in einen Teufelskreis.“ Jetzt hilft ihr nicht nur das tägliche Bewerbungstraining, sich gut vorzubereiten. Auf dem Stundenplan steht auch soziales Kompetenztraining, Anti-Rassismus-Training, Schuldnerberatung oder Anti-Aggressionstraining.

Doch das, was den bislang perspektiv- und erfolglosen Jugendlichen eigentlich vermittelt wird, drückt der 21-jährige Jobling Himmet Kurtulus so aus: „Hier hört man mir zu und nimmt mich ernst. Das gibt mir zum ersten Mal das Gefühl, dass ich auch etwas wert bin.“

Lokale Unterstützung aus der Wirtschaft ist Garant für den Erfolg

„Schlechter Schulabschluss führt in die Arbeitslosigkeit - diesen Teufelskreis wollen wir mit unserer Initiative unterbrechen“, sagt Jens Baier, ehrenamtlicher Vorstand der Joblinge Ruhr. Die Initiative, die den NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin als Schirmherren gewinnen konnte, setzt auf das bürgerschaftliche Engagement zahlreicher Partner aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Das Projekt wurde 2007 von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group und der Eberhard von Kuchenheim-Stiftung entwickelt und ins Leben gerufen. „Für viele Jugendliche endet der Weg ins Arbeitsleben, bevor er überhaupt begonnen hat. Dem wollten wir nicht mehr länger zusehen“, beschreibt Ulrike Garanin, Vorstand der Joblinge Dachorganisation, den Impuls, der zur Gründung der gemeinnützigen Initiative geführt hat.

Für Essen ist es den Verantwortlichen innerhalb kurzer Zeit gelungen, eine beeindruckende Anzahl an lokalen Unternehmen als Sponsoren und operative Unterstützer zu gewinnen. Zu ihnen zählen u.a. die WAZ, Rot-Weiss Essen, der Regionalverband Ruhr und die Bahn. „Dieses Unterstützernetzwerk ist der Garant für unseren Erfolg“, sagt Jens Baier.

Erfahrungen in den übrigen sechs Joblinge-Standorten haben gezeigt, dass über 60 Prozent der Teilnehmer eine ungeförderte Lehrstelle fand. Im neu eröffneten Standort an der Huyssenallee werden jährlich 80 Jugendliche am sechsmonatigen Vollzeit-Programm teilnehmen. Weitere Standorte im Ruhrgebiet sind geplant.