Oberhausen. Der Oberhausener Bundestagskandidat der AfD, Olaf Wilhelm, glaubt dem Probewahlergebnis einer Schule nicht – und erntet dafür heftige Kritik.

Für die AfD Oberhausen verlief der Wahlabend in einer Kneipe im Stadtsüden psychologisch nicht ganz so glatt wie gehofft: Erst schien die AfD im Stadtgebiet an ihren großen Erfolg mit 13,1 Prozent vor vier Jahren anknüpfen zu können – und drittstärkste Kraft zu werden. Doch am Ende lag die AfD nur auf dem vierten Platz mit 9,6 Prozent knapp vor der FDP, aber hinter ihrem AfD-Lieblingsfeind, den Grünen.

Immerhin wurde der Rechtsausleger im Parteienspektrum von über 10.000 Oberhausenern gewählt; Direktkandidat Olaf Wilhelm, Gesamtschullehrer aus Dinslaken, überzeugte sogar 300 Wähler mehr, wurde damit beim Kampf um die Erststimmen-Mehrheit im Wahlkreis 117 Oberhausen/Dinslaken vierter. Doch schon bevor dieses Endergebnis klar war, als die Auszählungen der ersten Stimmbezirke sogar bei rund elf Prozent lagen, kritisierte die AfD, wie sehr sie im Wahlkampf sabotiert worden sei: AfD-Kandidat Wilhelm sei nicht zu Podiumsdiskussionen eingeladen, die meisten Plakaten seien zerstört worden. „Das Ergebnis wäre besser, wenn wir nicht sabotiert worden wären“, scheint AfD-Ratsfraktionsvorsitzender Wolfgang Kempkes überzeugt zu sein.

Der Frust scheint so groß zu sein, dass sich Pädagoge Olaf Wilhelm sogar dazu hinreißen ließ, den Schülerinnen und Schülern vom Bertha-von-Suttner-Gymnasium Manipulation von Wahlergebnissen vorzuwerfen. Er war immerhin dort mit den anderen Direktkandidaten am 17. September zum Polittalk auf der Bühne eingeladen und konnte für seine Position werben. So will er den Klimawandel mit moderner Technik bekämpfen, Wasserstoff fördern, den Güterverkehr per Bahn ausbauen, den Sterkrader Wald erhalten, Kinder armer Familien durch kleinere Schulklassen fördern, Steuern senken und das Cannabis-Verbot aufrecht erhalten. Anschließend machten immerhin 234 Schülerinnen und Schüler eine Probewahl – die Grünen erhielten 34 Prozent, die SPD 26 Prozent, die FDP 19 Prozent, die Linken neun Prozent, CDU und AfD jeweils äußerst magere drei Prozent.

Politische Ohrfeige durch Schülerinnen und Schüler

Die politische Watsche durch Gymnasiasten hat Wilhelm offenbar so sehr verärgert, dass er das Ergebnis nicht glauben mag. „Die drei Prozent für die AfD halte ich nicht für real“, sagte er im Gespräch mit der Redaktion. Auf Nachfragen, wie er das denn nun genau meine, antwortete er ausweichend.

AfD-Ergebnis besser als in ganz NRW

Die AfD hat zwar mit ihrem Ergebnis von 9,6 Prozent im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 in Oberhausen 3,5 Prozentpunkte verloren (damals: 13,1), gewinnt aber im Vergleich zur Kommunalwahl 2020 wieder an Stimmenanteilen (damals: 7,6 Prozent). Gewählt wurde sie in Oberhausen diesmal von gut 10.000 Wählern, vor vier Jahren waren es bei ihrem bisher besten Wahlergebnis in der Stadt über 4150 Wähler mehr. Bei der Kommunalwahl im vergangenen Jahr machten allerdings nur 4934 Oberhausener ihr Kreuz bei der AfD – die Partei konnte bei der Bundestagswahl über 5100 Bürger wieder zurückgewinnen.

Das AfD-Ergebnis in Oberhausen liegt mit 9,6 Prozent um 2,3 Prozentpunkte über dem Landesergebnis (7,3 Prozent). Es ist jedoch schlechter als im Bund (10,3 Prozent, minus 0,7 Prozentpunkte).

Die Arbeitsgruppe Demokratie des Bertha-Suttner-Gymnasiums im Bismarckviertel reagiert jedenfalls empört auf die indirekt formulierten Vorwürfe, da sei bei der Probewahl der Schüler zum Nachteil der AfD getrickst worden: „Wir wehren uns vehement gegen die Unterstellung von Herrn Wilhelm aus der AfD, dass wir die Ergebnisse der Wahl nach dem Polittalk in irgendeiner Form zu Ungunsten der AfD manipuliert hätten. Dies ist selbstverständlich nicht der Fall und widerspricht jeglicher Vorstellung, die wir von Demokratie und demokratischer Bildung haben. Die Behauptung ist eine Frechheit“, schreibt die Arbeitsgruppe in einer offiziellen Mail an die Redaktion.

Und darin schildern sie auch die mutmaßlichen Gründe, warum der AfD-Kandidat – für sie plausibel – nicht besonders gut abgeschnitten hat. „Die Diskussionen nach dem Polittalk in unseren Kursen und auch untereinander auf dem Schulhof haben gezeigt, dass wir uns größtenteils nicht Ernst genommen gefühlt haben vom Auftreten der AfD beim Talk. Herr Wilhelm schien die Strategie zu verfolgen, fast nur Aspekte zu äußern, die nicht im Parteiprogramm der AfD stehen, um so vermutlich besser bei uns anzukommen und viele Stimmen bei der Abstimmung nach dem Polittalk zu bekommen.“

Tatsächlich hatte Wilhelm auch einer Kernforderung der Bundes-AfD widersprochen: Wilhelm machte sich gegen einen Austritt aus der EU stark.