Oberhausen. Seit Monaten bereitet das Wahlamt der Stadt Oberhausen den korrekten Ablauf der Bundestagswahl vor – doch es kann noch viel passieren.

Was die Beschäftigten einer Stadtverwaltung leisten, wird oft von Bürgern als selbstverständlich angesehen. Wer sich noch an die ersten durchaus chaotischen Jahre nach der Wiedervereinigung mit dem DDR-Gebiet erinnert, weiß allerdings, wie wichtig eine gut eingespielte Verwaltung mit all ihren bürokratischen Abläufen ist, wenn ein Gemeinwesen funktionieren soll. Sie musste in den neuen Ländern erst einmal mühsam aufgebaut werden.

So unterschätzen Bürger schnell den rein verwaltungstechnischen Aufwand, dass bei Wahlen wie bei dieser Bundestagswahl am Sonntag jeder Wahlberechtigte in Deutschland den richtigen Stimmzettel am richtigen Ort erhält, um rechtzeitig seine Wahl zu treffen. Die für Demokratien existenziell wichtige Organisation von Wahlen muss möglichst fehlerfrei und sauber ablaufen, um die Legitimation der Gewählten nicht zu gefährden.

Beeindruckende Zahlen zur Bundestagswahl-Organisation

So gesehen haben Susanne Schulz und ihr Team eine staatstragende Aufgabe – die 52-jährige Leiterin des Bereichs Wahlen der Stadt Oberhausen bereitet sich seit Anfang des Jahres auf den entscheidenden Wahlsonntag vor. Allein die Zahlen sind beeindruckend, die ein relativ kleines Team mit sieben festen Mitarbeitern und sechs Extra-Kräften bewältigen muss: 148.000 Wahlberechtigte bedeuten 148.000 Stimmzettel; für 143 Urnenwahlbezirke mussten rund 1300 Wahlhelfer, für die Auszählung der Briefwähler über 430 ehrenamtlich tätige Bürger gefunden werden. Bereits Anfang April musste das Wahlamt abschätzen, wie viele Wahlberechtigte wohl die Briefwahl bevorzugen – denn die Wahlmaterialien mit allen Umschlägen mussten damals bereits in ausreichender Zahl bestellt werden. Und das in nie dagewesenen Pandemie-Zeiten.

Damit eine Wahl ordnungsgemäß abläuft, müssen organisatorisch viele Hürden übersprungen werden.
Damit eine Wahl ordnungsgemäß abläuft, müssen organisatorisch viele Hürden übersprungen werden. © Stadt Oberhausen / Tom Thöne

Bei dieser Rekordzahl an Briefwählern bearbeitete das Oberhausener Team bisher rund 50.000 Anträge auf Ausstellung eines Wahlscheins. Bearbeitungsdauer inklusive Abwicklung: stattliche fünf bis sieben Minuten je Antrag. Hier und in den Sofortwahlstellen helfen in Oberhausen immerhin gut elf weitere Zusatzkräfte befristet mit. Die Messlatte ist hoch: „Der Fachbereich hat den Anspruch, jeden vollständigen Antrag am selben Tag abzuarbeiten und in die Post zu geben“, gibt Schulz an.

Verantwortlich für die zweite große Wahl in Oberhausen

Für Susanne Schulz ist diese Bundestagswahl erst die zweite Wahl, die sie in dieser verantwortlichen Position abzuwickeln hat. Sie ist seit Mitte 2020 Nachfolgerin des langjährigen Oberhausener Wahlorganisators Jürgen Ludwiczak. Ihre erste Wahl war die Kommunalwahl im Herbst 2020, die sicherlich noch schwieriger zu packen war, weil Rat, Bezirksvertretungen, Integrationsrat und Oberbürgermeister am gleichen Tag gewählt werden mussten. Doch gerade das bereitet der Verwaltungsfachfrau Freude: „Spannend ist, dass man hier sowohl logistische, administrative als auch organisatorische Aufgaben zu bewältigen hat.“ Zudem sei die Führung eines relativ jungen Teams so herausfordernd wie interessant.

Das schätzt Susanne Schulz an der Arbeit im Rathaus

Susanne Schulz, die Leiterin des Bereiches Wahlen der Stadt Oberhausen, arbeitet bereits seit 35 Jahren bei der Stadt Oberhausen. Die heute 52 Jahre alte Verwaltungsexpertin hat intern im Rathaus Karriere gemacht: Sie führte vom Fachbereich Straßenverkehrsangelegenheiten ins Jobcenter Oberhausen, dann zum Bereich Gesundheitswesen und zum Fachbereich Organisation.

An der Rathaus-Arbeit schätzt Schulz nach eigenen Angaben die Vielfalt der Arbeit, die sie während ihrer Verwaltungskarriere an verschiedenen Stellen kennengelernt hat: „Man kann nah an der Bürgerschaft oder aber auch nur innerhalb der Kernverwaltung arbeiten. Viele Aufgabengebiete greifen ineinander und man steht aufgrund der Schnittstellen mit vielen anderen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Stadt in Kontakt.“

Besonders spannend verläuft nicht selten der Wahlsonntag selbst: Da erscheint mal die oberste Wahlhelferin mit dem Schlüssel zum Wahllokal nicht, Wahlhelfer erkranken, Wahlurnen kippen um, Datenleitungen fallen aus oder Stimmzettel werden vertauscht – oder falsche wurden gedruckt. Da muss man oft schnell und flexibel handeln. Für die üblichen Notfälle wurden Ad-hoc-Rettungen vorbereitet: So sind die IT-Fachleute am Sonntag startbereit. Schulzes Chef, Rechtsdezernent Frank Motschull, ist als Kreiswahlleiter natürlich auch am Sonntag aktiv – und er begutachtet stichpunktartig den ordnungsgemäßen Ablauf der Wahl.

Trotz ihrer wertvollen Aufgabe für die Demokratie erhöht Susanne Schulz ihre Arbeit nicht – sie spricht ganz typisch als Dienerin des Staates nur von einer „verantwortungsvolle Pflicht“. Sie bemerkt durchaus, dass die Arbeit ihres Teams von vielen Bürgern und Akteuren geschätzt wird – aber immer wieder gibt es Ausfälle.

Susanne Schulz ärgert sich über die Reaktionen mancher Wähler in den Sofortwahlstellen: „Dort weht mitunter ein rauer Wind.“   
Susanne Schulz ärgert sich über die Reaktionen mancher Wähler in den Sofortwahlstellen: „Dort weht mitunter ein rauer Wind.“   © Stadt Oberhausen / Tom Thöne

Gerade in diesen Pandemiezeiten sind die Nerven nicht weniger Menschen offenbar so angespannt, dass sich diese Gefühle sogar in den vergangenen Wochen beim Wahlvorgang entladen haben. Die Wahl war ja bereits auch direkt vor Ort in den Sofortwahlstellen möglich. „Dort weht mitunter ein rauer Wind. Es gab Angriffe auf meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die teilweise sehr persönlich waren. Das hat niemand verdient“, beobacht Schulz enttäuscht und verärgert.

Warum sich Bürger wohl so verhalten? „Wir erfahren viel Unmut über die verschiedenen Vorgaben, die eingehalten werden müssen, um die Sicherheit der Wahl, den Datenschutz und das Wahlgeheimnis wahren zu können.“ Dabei geht es den Stadtbediensteten im Wahlamt doch nur um ein Ziel ihres Services für die Demokratie: „Die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl.“