Oberhausen. Am Tag des offenen Denkmals öffnete die Oberhausener Tafelkirche nicht nur für Bedürftige. Doch der bauliche Zustand bereitet Experten Sorge.

Wer erkennen will, dass es sich bei der Tafelkirche an der Buschhausener Straße in Lirich überhaupt um ein Gotteshaus handelt, muss schon genau hinschauen. Nur auf einer Ecke des Dachs befindet sich ein kleines Kreuz. Die bescheidene Außenwirkung hatte ihr Architekt Rudolf Schwarz (1897 bis 1961) durchaus im Sinn, als er die katholische Kirche Heilige Familie 1957 entwarf. Am Tag des offenen Denkmals stand sie Interessierten zur Besichtigung offen.

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Zwei Führungen und ein Quartiersrundgang wurden am Sonntag angeboten. Dabei machte der Architekt Werner Funke deutlich, dass das Gebäude gerade in seiner Unscheinbarkeit von Bedeutung sei. Es ist mit seinem Flachdach nur 8,50 Meter hoch. Und es ist quadratisch angelegt, vier mal 25 Meter, mit einem Altarraum genau in der Mitte. Dabei zelebrierte der Priester damals die Wandlung von Brot und Wein noch in lateinischer Sprache und mit dem Rücken zur Gemeinde.

Kirchenreform baulich vorweggenommen

Schwarz nahm sozusagen die Ergebnisse des Zweiten Vatikanischen Konzils vorweg, dass damit 1965 Schluss gemacht hat. Die Gemeinde sollte sich nicht nur auf drei Seiten um den Altar versammeln, sondern bereits im geschützten, ummauerten Innenhof. „Wenn man ihn betritt, ist man gleich in einer anderen Welt“, sagte die Architektin Regina Wittmann, eine der Organisatorinnen des Tages.

Ursprünglich betrat man die Kirche durch ein breites Gittertor und diesen Hof. Dem Architekten sei bewusst gewesen, dass er hier für eine Arbeitergemeinde baue, zu deren Einzugsbereich der Schlachthof, die Zinkfabrik Altenberg und der Güterbahnhof gehörten, führte Funke aus. Eingezwängt zwischen mächtigen Bahndämmen liege dieses Quartier. Das Gotteshaus aber habe ihren Zusammenhalt stärken sollen, um gemeinsam den rauen Alltag meistern zu können.

Stimmungsvolles Licht durch ganz viele kleine Fenster

Der Kirchenraum selbst besteht aus einer mehr als mannshohen Wand aus Ziegelsteinen. Darauf ist ein fünf Meter hohes Band aus kleinen, bleiverglasten Fenstern aufgesetzt. Solche Fenster seien in den 1950er Jahren noch unüblich gewesen, erklärte Werner Funke. Darin sei viel Handarbeit geflossen. Petra Schiffmann, Vorsitzende der Tafel, sagte, vor allem in der Vorweihnachtszeit werfe die Sonne ein stimmungsvolles Licht durch diese Gläser in die Kirche.

Auch die Decke mit ihren diagonale Verstrebungen ist auf den Altar als Mittelpunkt ausgerichtet. Tabernakel, Predigtpult und Altar stehen noch. Die mächtige Altarplatte ruht auf einer antik anmutenden Säule.

Baulicher Zustand bereitet Sorgen

Sorgen bereitet der Tafel wie den Denkmalfreunden der bauliche Zustand des Gebäudes. „Die Dachhaut muss erneuert werden. Auf der Wetterseite gibt es Abplatzungen des Betons“, erklärt Architekt Funke. Das Fensterband müsse saniert werden. Für all das hofft die Pfarrei St. Marien, Gelder für die Denkmalpflege zu erhalten.

Ein neuer Förderverein soll zudem Finanzmittel einwerben, um den Charakter des Gebäudes als Quartierstreffpunkt wiederbeleben zu können. Für Regina Wittmann sind Kirche und Bürgergemeinde gefragt, sich dabei einzubringen. Die Kirche sei nie als Gotteshaus entweiht, sondern 2007 nur außer Dienst gestellt worden.

Im ganzen Stadtgebiet Angebote zum Tag des offenen Denkmals

24 Veranstaltungen waren zum Tag des offenen Denkmals am Sonntag in Oberhausen angekündigt. Er findet jedes Jahr am zweiten Sonntag im September statt. Gleich sechs davon hatten bereits um 10 Uhr vormittags begonnen.

„Sein und Schein in Geschichte, Architektur und Denkmalpflege“, so lautete in diesem Jahr das Motto.

Veranstalter waren die Stadt Oberhausen, auch als Untere Denkmalbehörde, in Kooperation mit dem Bund Deutscher Architekten (BDA) am rechten Niederrhein.