Oberhausen. Im Schloss Oberhausen ist die „neue“ Panoramagalerie wieder geöffnet: mit meisterlichen Gemälden von Benjamin Nachtwey und Klaus Sievers.

Kunstliebhaber mit gutem Augenmaß dürften die Veränderung wahrnehmen – doch Christine Vogt als Direktorin der Ludwiggalerie begrüßte ihre Gäste zunächst unverfänglich mit einem „Willkommen in der neuen Panoramagalerie“: Der Blickfang des kleinen Schlosses hat noch den vertrauten Schwung; allerdings ist die weiße Bogenwand etwas näher in den Raum gerückt. Hier fordert die dahinter verborgene neue Klimatechnik schlicht ihr Mehr an Platz.

Es grünt so grün: Dank vieler kleiner, hingebungsvoll gemalter Bildtafeln – wie dieser 60 Rasenstücke von Benjamin Nachtwey – zeigt diese „Parallel“-Ausstellung insgesamt 170 Arbeiten.
Es grünt so grün: Dank vieler kleiner, hingebungsvoll gemalter Bildtafeln – wie dieser 60 Rasenstücke von Benjamin Nachtwey – zeigt diese „Parallel“-Ausstellung insgesamt 170 Arbeiten. © FUNKE/Fotoservices | Gerd Wallhorn

Während im Großen Schloss noch die Techniker bis weit in den September hinein arbeiten werden, darf im Raum mit dem Superblick in den Kaisergarten nun wieder der Kunstverein Oberhausen mit seiner „Parallel“-Serie zu Gast sein. Und dessen Vorsitzender Ortwin Goertz fand fürs Wiederaufleben des Ausstellungsbetriebs eine Idealbesetzung: nicht auftrumpfend, aber voller feiner Verweise auf die reiche Kunstgeschichte. Und noch dazu die grüne Romantik der Umgebung ins Innere der Panoramagalerie holend.

Dafür sorgen vor allem die bisweilen wie Nachtstücke wirkenden großformatigen Waldgemälde von Benjamin Nachtwey. Auch Klaus Sievers, sein Ateliernachbar seit der gemeinsamen Zeit an der Düsseldorfer Akademie, erarbeitet sich seine genau kalkulierten Lichteffekte aus dunklen Malgründen: zwei Spätest-Romantiker, deren kunsthistorisch sichere Zitate natürlich die Direktorin der Ludwiggalerie begeistern. Zumal die aus schwarzen Stämmen und dunkelgrünem Blätterrauschen komponierten Waldszenerien Nachtweys seien „so unheimlich“, so Dr. Vogt, dass man sich kaum in dieses finstere Gehölz hineinwagen würde.

„Das ist die große Kraft, die diese Bilder haben“

Obwohl der Maler die Landschaftsausschnitte so eng fasst, dass Schluchten oder dramatische Höhen ausgespart bleiben, meint man vor Nachtweys Werken Motive aus dem „Freischütz“ zu hören. Und wenngleich Klaus Sievers’ meist kleinformatige Gemälde keinen Weg durchs Unterholz nehmen, klingt auch in ihnen alte Meisterschaft nach.

Performance präsentiert den Maler als Wortkünstler

„Ins Grüne – ins Blaue – ins Schwarze“, so der Titel dieser Kunstvereins-Ausstellung in der Ludwiggalerie, öffnet am Sonntag, 8. August, um 11 Uhr und bleibt bis zum 26. September im Kleinen Schloss zu sehen. Die Eröffnung gestaltet der Kunstverein draußen, in der Szenerie des „Museum under Construction“.Im Verlauf der Ausstellungswochen will Ortwin Goertz zu einer Performance einladen, um so auch die sprachkünstlerischen Arbeiten von Klaus Sievers zu würdigen. Den Termin will der Kunstverein Oberhausen noch bekanntgeben. Der Eintritt in der Panoramagalerie ist frei.

Volltreffer: Den Pfeil des Bogenschützen von Klaus Sievers platzierte Kuratorin Jennifer Liß als Blickfang zur Fensterfront.
Volltreffer: Den Pfeil des Bogenschützen von Klaus Sievers platzierte Kuratorin Jennifer Liß als Blickfang zur Fensterfront. © FUNKE/Fotoservices | Gerd Wallhorn

Seine Stillleben weisen sogar zurück zu den niederländischen Vanitas-Arrangements des Barock: Sei es die kleine Bildtafel einer Zitrone, von Alltagskeramik oder von Geldscheinen (selbst die erst seit 17 Jahren kursierenden Euro-Noten können altmeisterlich wirken). „Das ist die große Kraft, die diese Bilder haben“, meint Christine Vogt.

Klaus Sievers selbst nennt seine und seines Kollegen akademische Meisterschaft etwas ironisch „anti-akademisch“: Schließlich sei jede annähernd naturalistische Malerei zu Studentenzeiten der beiden 50-Jährigen der Beelzebub gewesen: „erzählerisch und privat“ – so lautete der schlimmstdenkbare Verriss. Dabei kann Sievers wunderbar pointiert erzählen. Seine „resignierte Königin“ zeigt nur die Hand, der eine Krone entgleitet – natürlich vor schwarz schimmerndem Hintergrund. Hell grinst allenfalls die weiße Schminke seines Clowns: Sievers’ größtes Gemälde zeigt in Cinemascope nur den rot verschmierten Mund, Nase und Wangen des unheimlichen Spaßmachers.

Zwei Wagen brechen ins dunkle Idyll

Im Kabinett an der anderen Seite des Museumsshops zeigt Sievers dann sein zweites Faible – als lakonischer Poet. So lässt „Erleichterung“ seinen herben Witz sprühen: „nirgends / ein einziger Nazi mehr / unglaublich / nur alte Socken“. Und Benjamin Nachtwey überrascht im Kabinett mit einem großen Waldstück, das nur hier hängen darf, weil es das dunkle Idyll in der Panoramagalerie aufgebrochen hätte: Denn der Maler lässt gleich zwei lackglänzende Autos über einen Waldweg rollen. „Rückblicke in die Kunstgeschichte“, sagt Nachtwey, „sollten auch Blicke in die Zukunft sein“.