Oberhausen. Oberhausener Ärzte bieten Astrazeneca-Impflingen als Zweitimpfung nun Biontech an. Doch reicht der Impfstoff? Und gibt es genug Interessenten?
Ab sofort sollen alle Astrazeneca-Impflinge als Zweitimpfung einen mRNA-Wirkstoff und damit Biontech oder Moderna erhalten. Die niedergelassenen Ärzte in Oberhausen und auch der Krisenstab der Stadt wurden von dieser Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) völlig überrascht. Trotz der Änderung aber bleibt die Nachfrage nach Corona-Schutzimpfungen mager. Gerät die Impfkampagne vor Ort damit erneut ins Stocken?
Der Hinweis auf der Homepage der Stadt ist eindeutig. Dort heißt es: Es gibt für die Zweitimpfungen in der Willy-Jürissen-Halle nicht genug Biontech. Doch das Team im Impfzentrum griff kurzerhand in die Trickkiste. Auch Dr. Peter Kaup, Vorsitzender der Kreisstelle Oberhausen der Ärztekammer Nordrhein, zeigt sich auf Nachfrage dieser Redaktion tiefenentspannt. Genau wie die meisten seiner Kollegen hält auch er die Entscheidung der Stiko für richtig. „Die neueste Studienlage ist eindeutig.“
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Die Kombi-Impfung punkte mit einer viel höheren Wirksamkeit als eine zweimalige Impfung mit Astrazeneca (Vaxzevria). „Das ist gerade im Hinblick auf die rasche Ausbreitung der indischen Delta-Variante von entscheidender Bedeutung.“ Bei Delta bestehe ein ausreichender Schutz erst nach der Zweitimpfung. Immerhin erlaube die Kombination von Vektor- und mRNA-Impfstoff eine Zweitimpfung nun schon nach vier Wochen. „Damit könnten mehr Oberhausener gut geschützt in den Urlaub fahren.“ Je höher aber die Impfquote ist, desto unwahrscheinlicher werde eine vierte Infektionswelle nach den Sommerferien. Soweit, so gut. Doch wie steht es denn nun um den dafür benötigten Impfstoff?
Ärzte können erstmals so viel bestellen, wie sie wollen
„Wir sind selbst überrascht“, räumt Kaup ein, „aber alle niedergelassenen Ärzte können zum ersten Mal tatsächlich so viel bestellen, wie sie wollen“. Mit den Planungen der Impftermine legt seine Praxis (Sterkrader Gemeinschaftspraxis) dennoch erst los, „wenn wir das Zeug wirklich im Kühlschrank haben“. Denn zu oft seien die von der Politik gemachten Ankündigungen nicht eingehalten worden. Außerdem sei eine kurzfristige Terminvergabe dank der verlängerten Lagerung von 31 Tagen für mRNA-Impfstoffe mittlerweile problemlos möglich. Astrazeneca werde künftig vor allem noch für Erstimpfungen eingesetzt, auf Wunsch aber auch noch für eine Zweitimpfung.
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Gut 1100 Impfungen fanden am Montag, 5. Juli 2021, in der Willy-Jürissen-Halle statt. Um der Stiko-Empfehlung nachkommen zu können, hat das Team des Impfzentrums kurzerhand umgeplant. „Wir haben bei allen Erstimpfungen Moderna eingesetzt und deshalb nun tatsächlich alle Zweitimpfungen auch wie gewünscht mit Biontech durchführen können“, erläutert der Ärztliche Leiter Dr. Heinrich Vogelsang. Ob das am 6. Juli aber auch noch möglich sein wird, werde sich erst zeigen. „Wir können zwar nun ebenfalls so viel Impfstoff bestellen, wie wir wollen, aber wir sind noch skeptisch, ob das dann auch alles wirklich so bei uns ankommt.“
Der Andrang in den Praxen lässt spürbar nach
Und es hakt noch an anderer Stelle: Trotz der neuen Regelung lässt der Andrang in den Praxen immer mehr nach. „Wir hatten am vergangenen Samstag 100 neue Impftermine in unser Online-Portal gestellt, sonst waren die nach zwei Stunden ausgebucht“, sagt Kaup. Doch diesmal habe es nur 40 Buchungen gegeben. „Wir haben uns erstmals die Finger wund telefonieren müssen, um die restlichen Dosen an die Patienten zu bringen.“ Immer häufiger komme es nun vor, dass abgemachte Termine einfach nicht wahrgenommen werden.
Termine wie gebucht wahrnehmen
Dr. Heinrich Vogelsang, Ärztlicher Leiter des Oberhausener Impfzentrums, appelliert an alle Oberhausener, ihre Zweittermine möglichst so wahrzunehmen, wie sie gebucht worden sind.
Natürlich könne man jetzt versuchen, den Termin über das Portal der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein auf einen früheren Termin zu verschieben.
„Aber wenn das nicht geht, sollte man seinen Termin wie vorgesehen unbedingt wahrnehmen!“ Bei allen Terminen nun den Abstand auf vier Wochen zu verkürzen, sei im Impfzentrum logistisch nicht möglich.
Das ist längst auch im Oberhausener Impfzentrum der Fall. „Was mich wirklich auf die Palme bringt“, sagt Vogelsang. „Denn es gibt ja noch immer genug Menschen, die bis heute nicht einmal eine Erstimpfung erhalten haben.“ Vogelsang hat zwar Verständnis dafür, dass Impflinge nun etwa einen früheren Termin bei ihrem Hausarzt nutzen. „Doch aus Fairness sollten sie dann ihren Termin im Impfzentrum zumindest absagen.“
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