Oberhausen. Allein am 16. Juni registrierte die Mikrobiologie im Evangelischen Krankenhaus Oberhausen drei Erstnachweise der indischen Mutante.

Die Delta-Mutante aus Indien ist in Oberhausen angekommen. Am 16. Juni 2021 hat die Mikrobiologie im Evangelischen Krankenhaus (EKO) drei Erstnachweise ermittelt. Für Chefärztin Dr. Britt Hornei ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich diese hochansteckende Corona-Variante zunehmend ausbreitet. Die Medizinerin warnt deshalb eindringlich davor, die Maskenpflicht zu lockern.

Nach Indien hatte sich die Delta-Mutante auch in Großbritannien stark verbreitet – und das trotz des hohen Impftempos der Briten. Nach Angaben britischer Experten soll B.1.617.2 um über 40 Prozent ansteckender als die Ursprungsform des Covid-19-Erregers sein. Dazu kommt: Nach einer im medizinischen Fachmagazin „Lancet“ veröffentlichten schottischen Studie verdoppelt sie außerdem das Risiko, im Krankenhaus behandelt werden zu müssen. Auch die Wirkung aller bislang zugelassenen Impfstoffe scheint zumindest herabgesetzt zu sein. Die britische Regierung hält die Delta-Variante für ansteckender, gefährlicher und resistenter als andere Corona-Varianten.

Die Fachleute im kürzlich erweiterten Speziallabor des EKO verfolgen deshalb besonders aufmerksam, wo und wie stark diese Mutante auftaucht. Zwar können noch immer über 90 Prozent der dort untersuchten Proben der britischen Alpha-Variante B.1.1.7 zugeordnet werden. „Diese Variante hat sich seit April auch in Oberhausen durchgesetzt“, erläutert Hornei. Die Mutationen aus Brasilien und Südafrika tauchten im EKO-Labor dagegen überhaupt nicht mehr auf. „Dafür nun aber regelmäßig die indische Delta-Mutante.“ Zunächst vor Wochen als Einzelfall. Doch inzwischen ist mindestens ein Treffer pro Woche dabei.

Wenig Schutz nach der Erstimpfung

Bei den Oberhausener Experten schrillen die Alarmglocken. „Denn eine ähnliche Entwicklung hatten wir auch im Januar 2021 mit B.1.1.7 aus Großbritannien.“ Einen wesentlichen Unterschied gab es allerdings: Die Alpha-Variante breitete sich in einer Hochinzidenz-Phase aus. „Es gab deutlich mehr Infizierte als aktuell und durch die vielen Tests war allen schnell klar, dass sich da gerade eine enorme Ansteckungswelle aufbaute.“ Mittlerweile sind die Fallzahlen nur noch gering. „Damit stochern wir ein wenig wie im Nebel herum und können uns kein klares Bild darüber verschaffen, ob sich im Verborgenen bereits die nächste Welle auftürmt“, sorgt sich Hornei.

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Die Erfahrungen aus Großbritannien hätten gezeigt, dass bei Delta vor allem der Impfschutz nach der Erstimpfung herabgesetzt sei. Das Robert-Koch-Institut hält den Schutz nach einer Zweitimpfung aber für ausreichend. Und auch die schottische Studie gibt die Wirksamkeit von Biontech/Pfizer nach der zweiten Impfdosis mit 79 Prozent an und bei Astrazeneca mit 60 Prozent. Eine weitere Delta-Studie über einen längeren Zeitraum bescheinigt beiden Impfstoffen nach der Zweitimpfung sogar einen Schutz von über 90 Prozent.

Oberhausen legt den Impfturbo ein

Nachdem Großbritannien zunächst darauf gesetzt hatte, so viele Einwohner wie möglich mit einer Erstimpfung zu versorgen, verkürzt das Land nun die Abstände zu den Zweitimpfungen. Auch Oberhausen hat den Impfturbo für die Zweitimpfungen eingelegt. Rund 60.000 Oberhausener haben inzwischen den vollen Schutz. Termine für eine Erstimpfung gibt es im hiesigen Impfzentrum zur Zeit nicht.

Dr. Britt Hornei ist Chefärztin der Mikrobiologie am Evangelischen Krankenhaus in Oberhausen (EKO). Hier ein Bild aus dem März 2021.
Dr. Britt Hornei ist Chefärztin der Mikrobiologie am Evangelischen Krankenhaus in Oberhausen (EKO). Hier ein Bild aus dem März 2021. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Britt Hornei hält das schnelle Durchimpfen für die beste Möglichkeit, eine vierte Welle im Herbst zu verhindern. Einen guten Schutz böten aber auch die bekannten Hygieneregeln. Aus diesem Grund warnt die Chefärztin jetzt auch vor einem zu schnellen Ausstieg aus der Maskenpflicht. „Ich war selbst an einer Studie beteiligt, die die Verbreitung von Viren über Aerosole im Blick hatte.“ Ein hohes Risiko trotz niedriger Inzidenzen bestehe danach in allen Innenräumen. „Aber auch Veranstaltungen im Freien, bei denen sich viele über einen längeren Zeitraum gemeinsam an einem Ort aufhalten, bergen eine nicht zu unterschätzende Infektionsgefahr.“ Wer dabei auf Nummer sicher gehen will, sollte bei der Maske bleiben.

Nach Angaben des Deutschen Ärzteblattes ist es in Großbritannien innerhalb einer Woche jetzt zu 33.000 neuen nachgewiesenen Infektionen mit der indischen Variante B.1.617.2 (Delta) gekommen. Die Infektionen treten nun vor allem bei den oft noch ungeimpften jüngeren Menschen auf. Hornei befürchtet eine ähnliche Entwicklung für unsere Region. Im Kreis Kleve ist es bereits zu Delta-Ausbrüchen in Schulen und Kitas gekommen.

Das größte Labor Oberhausens

Im größten Labor Oberhausens, dem Institut für Laboratoriumsmedizin und Klinische Mikrobiologie am Evangelischen Krankenhaus, werden jährlich bis zu 500.000 unterschiedliche Proben von Patienten aus Oberhausen und der Region analysiert.

Dr. Britt Hornei ist Chefärztin des Instituts für Mikrobiologie und Leiterin der Krankenhaushygiene. Sie verfügt über Weiterbildungen in den Bereichen Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie.

Wer auf die Homepage der Stadt Oberhausen sieht, bemerkt einen sprunghaften Corona-Quarantäneanstieg von Schülerinnen und Schülern – von 24 Betroffenen am 14. Juni auf 46 am 15. Juni 2021. Das ist fast eine Verdoppelung der Fälle unter jungen Menschen. Auch die Anzahl der Pädagogen in Quarantäne hat sich im gleichen Zeitraum von vier auf neun mehr als verdoppelt. Die Laboruntersuchungen laufen noch.

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