Oberhausen. Fünf Schausteller sorgen in Oberhausen-Sterkrade für etwas Kirmes-Gefühl. Zuspruch erfreut die Betreiber. Doch ein Budenbesitzer hat großes Pech.

Die Eisenbahn fährt bis zum Sterkrader Tor - und Kinder führen den Zug sicher über die Schienen. Nein, die Deutsche Bahn hat ihre Strecke in Oberhausen nicht unbemerkt verlängert und das Personal merklich verjüngt.

Für die neue Verbindung sorgt vielmehr eine Dschungel-Bahn, die sonst auf der Sterkrader Fronleichnamskirmes ihre Runden dreht. „Auf geht’s! Volle Fahrt voraus!“ Einige junge Lokführer legen am Samstagmittag direkt los.

Die Kinderattraktion aus dem Schaustellerbetrieb Steiger steht neben dem Technischen Rathaus. Zur jüngst erneut ausgefallenen Kirmes standen die Waggons still - nun dürfen sie bis zum 4. Juli rollen. Auch vier weitere Budenbesitzer öffnen. Ein kleines Trostpflaster für die Rummel-Abstinenz.

Kirmes-Ersatz: Nicht nur wichtige Einnahmen, sondern auch Seelenbalsam

Der Schwiegermutter von Raupenbahn-Chef Peter Buchholz gehört der kleine Rundkurs, bei dem die Kinderhelden Balu und Mogli seit Jahrzehnten das junge Publikum auf der Fahrt begleiten. Buchholz: „Die Bahn erkennen viele Besucher hier natürlich schnell wieder.“ Zur Kirmes-Zeit steht sie auf der Bahnhofstraße, kurz vor dem Zilianplatz.

Froh sind sie, dass sie die Solo-Stände in den Innenstädten aufbauen dürfen. Das hilft gegen den Corona-Blues, der die Branche noch immer fest umklammert. „Viele Passanten haben beim Vorbeigehen den Daumen nach oben gereckt.“

Bei Rosie Schmalhaus-Brozy sonnen sich die gebrannten Mandeln in der Auslage als wäre der Rummel nie weg gewesen. Es geht in den für Schausteller klammen Zeiten aber nicht nur ums Geld. „Das ist vor allem etwas für Seele“, sagt sie. Nichts sei schlimmer als beschäftigungslos zu sein. „Man sieht nun wieder die bekannten Stammkunden - und auch einige Kirmes-Fans. Es tut so gut, wieder ins Gespräch zu kommen.“

Tatsächlich haben die Kunden bei ihren Kirmes-Süßigkeiten vor allem die nimmermüden Klassiker vermisst. „Mit Schokolade überzogene Erdbeeren - und natürlich die gebrannten Mandeln!“ Für drei Euro wird die kleine Tüte zum Naschwerkzeug.

Kirmes-Ersatz: Berühmtes Schmalhaus-Eis war eigentlich ein Waffel-Belag

So mancher Kunde habe sich so die Kirmes einfach mit nach Hause genommen. Manche kommen mit prall gefüllten Einkaufstüten aus den umliegenden Supermärkten. Aber für eine Leckerei ist in der Tüte meistens noch Platz.

„Ich freue mich richtig“, sagt eine ältere Frau, die sich nebenan am Schmalhaus-Eiswagen eine Abkühlung gegönnt hat. Normalerweise, wenn es nicht so voll sei, holt sie sich das Sahneeis jedes Jahr bei der Fronleichnamskirmes. „Da hat diesmal etwas gefehlt.“

„Der Start war schon recht gut“, sagt Eiswagen-Betreiber Kristoffer Krenz nach den ersten drei Verkaufstagen. Das sahnige Eis ist eine Wissenschaft für sich. 30 Prozent der Kunden nehmen als Grundstock Schokolade, Nuss oder Erdbeere ins Hörnchen - der Löwenanteil von 70 Prozent wird mit Sahne aufgefüllt. So die Analyse aus dem frostigen Rechenzentrum.

Dabei war das bekannte Eis aus Oberhausen vor mehr als 100 Jahren eher ein Zufallstreffer. Kristoffer Krenz' Ur-Ur-Großvater Wilhelm schmierte die Paste als Verkaufsgag auf seine Waffeln, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Als eigenständiges Eis war der Teigbelag nie gedacht.

Krenz: „Doch die Resonanz war in den 1920er-Jahren so gut an, dass daraus letztlich die Eiswagen resultierten. Das Rezept haben wir nie geändert.“ Für 2 bis 5 Euro verkauft Krenz den Snack vor dem Technischen Rathaus. Die Kinderportion ist für 1 Euro zu haben.

Kirmes-Ersatz: Schausteller sind sonst 250 Tage im Jahr unterwegs

Neu erfunden hat sich auch Ronny Langenberg. Ursprünglich probierte sich der Schausteller an großen Karussells aus und schwenkte dann auf einen Snack um, den es nicht an jeder Ecke zu kaufen gab. „Man muss auf die Trends schauen.“ Churros, ein spanisches Teiggebäck, landete fortan in den Tüten. Vor allem jüngere Kunden stehen vor dem Wagen am Center Point häufig an.

120 Tage geöffnet, 250 Tage pro Jahr unterwegs - wenn, ja, wenn keine Corona-Pandemie den Rummel und das Reisen bremst. Langenberg: „An Fronleichnam hat es schon wehgetan.“

Ähnlich sieht es Karl Lenz, der seine Bratwürste (2,50 Euro) und Fleisch-Leckereien nebenan auf dem Grill verschiebt. „Wir hoffen, dass in diesem Jahr noch eine kleine Kirmes möglich wird.“ Es ist kein Geheimnis: Sterkrader Herbstvergnügen, Krööß- und Wottelkirmes sind die Ziele.

Zunächst bleiben die Solo-Buden noch vier Wochen geöffnet. Großes Pech hatten dabei allerdings die Betreiber einer Fisch-Bude. Der 14 Meter hohe Leuchtturm samt Backfisch-Rutsche sollte eigentlich auf der Bahnhofstraße öffnen. Doch die Macher plagen Probleme mit der Stromzufuhr - dadurch fällt das Gastspiel aus.

>>> Fünf Kirmes-Buden in Sterkrade - das sind die Öffnungszeiten

Die Schausteller öffnen in Sterkrade in der Regel zwischen 11 und 18 Uhr. Der Eisanbieter Schmalhaus öffnet von Montag bis Samstag vor dem Technischen Rathaus noch eine Stunde länger - am Sonntag von 12 bis 18 Uhr.

In Oberhausen gibt es rund 20 Schaustellerfamilien, die ihre Fahrgeschäfte und Buden meist in eigenen Lagerhallen unterbringen. Auch auf der Marktstraße in der Innenstadt öffnen einige Kirmes-Hütten.