Oberhausen. Als die Wehen einsetzten, düste ein Paar aus Dorsten über die A 42 Richtung Moers ins Krankenhaus. Doch dem Baby dauerte die Fahrt viel zu lange.
Eigentlich sollte der kleine Bela in einem Krankenhaus in Moers zur Welt kommen, doch es wurde der Standstreifen der Autobahn A 42, kurz vor dem Kreuz Oberhausen. Statt ihrer Wunsch-Hebamme hatte seine Mutter Magdalena dabei am späten Mittwochabend (19. Mai), neun Tage vor dem errechneten Geburtstermin, ihren Ehemann Boris zur Seite. Doch der erwies sich zum Glück als ziemlich nervenstark. Und so nahm der Notruf bei der Oberhausener Feuerwehr ein wunderschönes Happy End.
40 Minuten Fahrt – ganz schön sportlich
„Das war schon ganz schön sportlich von uns“, sagt der frischgebackene Vater, der ebenso wie seine Frau seinen Nachnamen nicht veröffentlicht sehen möchte, im Rückblick über den Plan der Dorstener, ihr zweites Kind im 40 Minuten entfernten Moers zu bekommen. Der Grund war der gute Draht zur Hebamme, die nun einmal dort auf einer Geburtsstation arbeitet. „Meine Frau hat am Nachmittag noch gesagt: Schatz, lass uns rechtzeitig losfahren. Ich will nicht, dass der Kleine auf der Autobahn geboren wird“, erinnert sich der 37-Jährige im Gespräch mit der Redaktion lachend. Genau so ist es dann nämlich gekommen.
Als die Wehen häufiger und stärker wurden, rief der angehende Sozialarbeiter erst seine Mutter an, die gleich vorbeikam, um die Nacht bei der siebenjährigen Tochter zu verbringen. „Dann haben wir unsere Tasche geschnappt und sind losgefahren.“ Alle seien ganz entspannt gewesen. Auf der Fahrt gab er sich noch Mühe, bloß nicht zu rasen. Er hatte die Geschichten im Hinterkopf, bei denen werdende Väter auf dem Weg zum Kreißsaal noch Verkehrsunfälle bauen. Die 36-jährige werdende Mutter saß derweil auf dem Beifahrersitz und stöhnte leise vor sich hin. Plötzlich änderten sich die Geräusche, die sie von sich gab.
„Wir liefen beide auf Autopilot“
„Meine Frau ist eigentlich eine Maschine“, sagt der Familienvater anerkennend. „Aber als sie dann sagte, das sind Presswehen, wusste ich, es ist ernst.“ Sie seien gerade an der 300-Meter-Marke für die Abfahrt zur A 3 gewesen, als er den Wagen anhielt, den Warnblinker einschaltete und die Feuerwehr anrief. „Ab da sind wir beide nur noch auf Autopilot gelaufen“, erinnert er sich. Den Rettungsdienst auf Freisprechanlage, habe er seiner Frau noch aus Hose und Schuhen geholfen, da sei der Kleine auch schon zu sehen gewesen. „Mit der zweiten Wehe war er schon da“, sagt er und klingt selbst noch völlig erstaunt über dieses kleine Wunder. 22.47 Uhr sei es da gewesen.
Der kleine Mann erwies sich als genauso entspannt wie seine Eltern, hüstelte ein wenig und schmiegte sich dann friedlich an den Bauch seiner Mama, den Papa Boris noch schnell freigemacht hatte. Decke drüber, fertig sei die absolut unkomplizierte Geburt gewesen. Ein glücklicher Gegensatz zu den spektakulären Umständen. Zwei bis fünf Minuten später waren die Sanitäter schon vor Ort und brachten Mutter und Kind dann doch noch ins Krankenhaus – ins EKO in Oberhausen.
Eine große Portion Glück im Unglück
Keine 24 Stunden nach dem aufregenden Erlebnis sitzen die beiden Dorstener schon mit ihrem Baby und Tochter Marla zu Hause in Dorsten. „Wir sind so glücklich“, sagt der zweifache Vater am Telefon, Mama Magdalena empfängt gerade die Hebamme, die wahrscheinlich genauso erstaunt über den Geburtsbericht ist wie jeder andere, der ihn in den kommenden Jahren zu hören bekommen wird.
„Das ist schwer zu toppen“, sagt Boris lachend. Er könne das alles noch gar nicht fassen. Er sei dankbar für die seelische Unterstützung am Telefon, „das moralische Händchenhalten“, und dankbar dafür, dass sie so viel Glück im Unglück hatten: „Ich weiß nicht, was ich gemacht hätte, wenn der Kleine nicht geatmet hätte.“ Den größten Respekt jedoch verdiene seine Frau: „Ich als Mann habe bei der Geburt ja den leichtesten Part. Ob ich das so cool durchgezogen hätte, bezweifle ich.“