Oberhausen. Büchertipps und „betreutes Malen“, Jazz-Evergreens und „Rock gegen Rechts“: Online hat sich das Bertha sein Schul-Kulturleben erhalten.

Mit einem Rückblick auf „ein Jahr Kulturschule unter Coronabedingungen“ würdigt Lina Kindermann, die Koordinatorin Demokratiepädagogik am Bertha-von-Suttner-Gymnasium, den Mut zur Improvisation an ihrer Schule – die auch die Kultur nicht sang- und klanglos untergehen lassen will. Um auch diese Seite von Schule lebendig halten zu können und im gemeinsamen Austausch zu bleiben, erschuf Musiklehrer Moritz Jötten mit seiner AG vor genau einem Jahr das Kulturtagebuch am „Bertha“.

Fünf Tage, nachdem im März 2020 die Schulen zum ersten Mal schließen mussten, läuft die Online-Lehre am Bertha-von-Suttner-Gymnasium an. Eike Rosenow, der Mann der Oberstufenkoordinatorin, hatte gemeinsam mit dem Schüler Aldin Sijhamhodzic die Lernplattform Moodle in etlichen Nachtschichten für die Schule eingerichtet. „Wir merkten aber alle schnell, dass uns unser Bertha fehlte und das all das, was Schule auch ausmacht – nämlich das tägliche Miteinander – auf einmal nicht mehr möglich war“, erinnert sich Musiklehrer Moritz Jötten. „Schule ist einfach bedeutend mehr als nur Unterricht.“

Ein Symbolbild der Kultur-Krise in der Pandemie: das verlassene Saxophon mit der am Mundstück baumelnden FFP2-Maske.​
Ein Symbolbild der Kultur-Krise in der Pandemie: das verlassene Saxophon mit der am Mundstück baumelnden FFP2-Maske.​ © Bertha-von-Suttner-Gymnasium

Mit den Schülerinnen und Schülern der AG Veranstaltungstechnik erschuf Lehrer Moritz Jötten eine alternative Präsentations- und Ausdrucksform: Das „Kulturtagebuch“ stand jedem offen, der Lust hatte sich zu beteiligen. Vorgaben gab es keine, Ideen dafür umso mehr. „Es war ein kleiner Ersatz für den geliebten Alltag mit den vielen Veranstaltungen und Erlebnissen“, erinnert sich Stefan Schubert, der stellvertretende Schulleiter. „Es half vor allem, in der eigenartigen Stimmung des ersten Lockdowns Kontakt und Gemeinschaftsgefühl zu erhalten.“

Nur ein Ersatz für echtes Miteinander

Das Kulturtagebuch sollte Ausdruck der gelebten Partizipation sein, die durch den demokratiepädagogischen Schwerpunkt der Schule eine große Rolle am „Bertha“ spielt. So waren auch alle an dem Projekt beteiligt: natürlich die Schülerinnen und Schüler, aber ebenso der Hausmeister, die Schulleitung und die Lehrerinnen und Lehrer.

Schnell entwickelten sich feste Kategorien: Buchvorstellungen oder auch das „betreute Malen“ mit Anja Reichstein. Neben Gedichten und Märchen lassen sich auch viele Musikpräsentationen finden: So sang im Beitrag Nr. 44 Mariam Touré vom Flachdach des Gymnasiums – und vor einem staunensweiten Panorama – den Evergreen „Over the Rainbow“. Willkommen waren aber ebenso politische Beiträge, wie der Polittalk zur Kommunalwahl oder auch der alljährliche „Rock gegen Rechts“, denn auch dieses Konzert musste in das Format des Kulturtagebuchs verlegt werden. Auch ein Beitrag zum Gedenktag an die Opfer des Holocaust fand Einzug in das digitale Tagebuch.

Kultur prägt das Leben am Bertha

Bis zum Corona-Ausbruch hatte sich das Bertha-von-Suttner-Gymnasium das Prädikat „Kulturschule“ mit einem reichen Angebot verdient: Projektwoche vor den Herbstferien, Kulturtage im Dezember, Weihnachtskonzert, Kunstausstellungen, Cafeteria-Konzert, Polittalk, Veranstaltungen im Theater, Kino, Gedenkhalle, Theateraufführungen, Kunstwettbewerbe, Lesungen in der Bücherei und Lesewettbewerbe.

Das Jahresprogramm am Bertha in kultureller Hinsicht war stetig gewachsen. Das Besondere an dem Siegel und dem Vertrag, den jede Kulturschule schließt, ist die Prägung des Bewusstseins für diesen Schwerpunkt und die strukturelle Verankerung kultureller Veranstaltungen. So soll für jeden Beteiligten eine „Kulturbiographie“ entstehen.

„Natürlich ist auch das Kulturtagebuch nur ein schwacher Ersatz für ein echtes Miteinander, das wir vor Corona gelebt haben“, meint Moritz Jötten. „Aber wir hoffen, dass wir mit einigen der Beiträge eine Freude haben machen können. Und natürlich hoffen wir sehr, dass wir bald auch all das, was man in den Beiträgen sieht, wieder live miteinander erleben können.“ Dieser Wunsch verbindet sicher alle Schulen miteinander: Die Hoffnung, dass bald wieder Musizieren, Theaterspielen, Tanzen und all die anderen kreativen Dinge miteinander möglich sein werden – und dass Projekte wie das Kulturtagebuch dann nur noch schöne Erinnerungen sein werden.

Alle Beiträge des Kulturtagebuchs lassen sich online abrufen unter https://bertha-ob.de/wir-ueber-uns/projekte-ags/kulturtagebuch