Oberhausen. Der Kulturfonds der Stadt finanziert ein Zeltdach fürs Parkbanktheater. Bis dort die erste Show steigt, fahren Fans im eigenen Pkw vor die Bühne.
Eine zweite Saison seines „Drive in“-Autotheaters hätte sich Holger Hagemeyer nicht träumen lassen, als er zu Ostern 2020 zum ersten Mal den Parkplatz des Theaters an der Niebuhrg umwidmete. Doch genau so kommt’s: Am Ostersamstag um 19 Uhr eröffnet die Kölner Dragqueen Cassy Carrington die Saison mit den charmanten Songs ihres „Liebesfinder“-Programms, am Sonntag gefolgt vom Ostergottesdienst mit den Pfarrern der Liricher und Alstadener Gemeinden. So beginnt Tradition.
Der Niebuhrg-Chef sieht seinen im vorigen Frühjahr oft kopierten Geniestreich allerdings vor allem als Ouvertüre für einen möglichst langen Sommer des Parkbanktheaters: Denn mit Hilfe des Oberhausener Zwei-Millionen-Fördertopfes investiert er tüchtig in die lauschige Freilichtbühne. Hagemeyer nennt’s ein „Festzelt ohne Wände“: Der Wind kann über Zuschauertribüne und Bühne streichen, doch Publikum wie Künstler sind vor Regen ebenso gut geschützt wie vor zu heftiger Sonne.
„Unseren Gästen sagen wir“, berichtet Hagemeyer, „dass wir sofort zu den Parkbänken wechseln, wenn es die Corona-Lage erlaubt“. Die erlaubt bisher – und da weiß sich der Niebuhrger auf der rechtssicheren Seite – ausschließlich Autokino/Autotheater. Die Genehmigungen liegen vor – bis hin zum Okay der Landesmedienanstalt für die Funkfrequenz.
40 Wagen sind nah dran am Live-Erlebnis
40 Wagen darf das Niebuhrg-Team vor der neuen mobilen Bühne einweisen. „Mehr würde ich auch nicht wollen“, meint der bekennende T-Shirt-Träger Hagemeyer, denn von der live gebotenen Kleinkunst sollte das Publikum nicht zu weit entfernt sein. Der „Lifeline“-Truck, den sich die Niebuhrg in der vorigen Saison vom CVJM geliehen hatte, wird derzeit generalüberholt: So fiel die Entscheidung leichter, in eine größere, eigene Bühne zu investieren.
Die Regeln fürs „Drive in“-Autotheater
Niebuhrg-Chef Holger Hagemeyer betont: Grundvoraussetzung dafür, sein „Autokino“ öffnen zu können, ist die strenge Einhaltung der geltenden Sicherheitsvorgaben. Hupen ist ausdrücklich verboten – anders als im Radio zu hören war, darf so nicht „applaudiert“ werden.Die Fahrer der Wagen werden vom Personal eingewiesen: Die Kleinen, wie Mini und Cinquecento, nach vorne und die großen SUVs nach hinten. Erlaubt sind pro Wagen zwei Personen und eigene Kinder bis 16 Jahre.Getränke und Snacks dürfen sich die Gäste selber im Auto mitbringen – aber keine Lieferdienste zur Niebuhrg beordern. Wichtig: Applaus nur mit der Lichthupe!Karten kosten durchweg 40 Euro pro Pkw (also für zwei bis vier Personen), für das Niebuhrg-eigene Musical „Wer küsst dich?“ nur 24 Euro. Über die „Autokino“-Termine im April informiert online niebuhrg.de
Ob live übertragen ins eigene „Blechle“ oder auf den noch gemütlicheren Parkbänken: Das Programm für die Wochenenden haben die Niebuhrger bereits bis zum Herbstanfang festgezurrt. „Nach Bedarf“, ergänzt Hagemeyer, „können wir noch in die Wochen hineinbuchen“. So geht’s nach Travestie und festlichem Gottesdienst bereits am Ostersonntag um 16 Uhr weiter mit dem Familienprogramm des Bauchredners Tim Becker. Und am Ostermontag um 18 Uhr knöpft sich der knarzige Ausbilder Schmidt „Die Lusche im Mann“ vor – gut, dass man(n) hinterm Lenkrad in Deckung gehen kann.
So geht’s mit hoher Schlagzahl weiter im Programm der Freitage bis Sonntage: mit Entdeckungen der ersten Autotheater-Saison und einigen Niebuhrg-Lieblingen. Zur ersten Kategorie zählt am 9. April unbedingt Johnny Armstrong: Der kahlköpfige Rotbart aus Englands tiefem dunklen Norden perfektionierte sein Einzeiler-Feuerwerk auf den Brettern der Londoner Comedy-Szene und liefert schrägsten britischen Humor – nun auf Deutsch!
Swingendes Musical in konzertanter Version
Das Wochenende vom 16. bis 18. April gehört dem Ensemble des KTL Pütt-Theaters auf der Niebuhrg und Thomas Schiffmanns swingendem Evergreen „Wer küsst dich?“ Allerdings kann die spielfreudige Truppe ihre Hommage an Hollywood-Klassiker wie „Singing in the Rain“ oder „Ein Pyjama für zwei“ aufgrund der geltenden Abstandsregeln nur konzertant aufführen. „Unlimited Sounds sucht den Musicalstar“ folgt mit einem ebenso glanzvollen Repertoire an den drei Abenden vom 23. bis 25 April.
Und das nostalgisch gestimmte „Duo Scheeselong“ schickt am Freitag, 30., das „Drive in“-Publikum aus dem April in den Mai – mit fliegenden Fetzen, Konfetti und Rasierschaum und den zur Federboa passenden Couplets von Marlene Dietrich bis Fritz Kreisler.
Keine schwache Autobatterie kann den Abend vermasseln
Seine Gäste sollen „einen schönen Abend haben“, betont Holger Hagemeyer: Darum sind mitgebrachte Picknickkörbe ausdrücklich erlaubt. Und wer den Sekt zur Kleinkunst vergessen haben sollte, kann sich am neuen Container-Kiosk der Niebuhrg versorgen. Sogar an Transistorradios und Starthilfen haben die guten Gastgeber gedacht: Damit auch keine schwache Autobatterie den „Drive in“-Abend vermasseln kann.