Oberhausen. Volker Lengenfeld ist seit 40 Jahren Postbote in der Oberhausener Siedlung Eisenheim. Als „der Volker“ hat er allerlei Dönekes zu erzählen.

Er weiß, wer wie viele Kinder und Enkel hat, wer geheiratet und seinen Namen geändert hat, wer einmal weggezogen und dann doch wieder zurück gekommen ist: Kaum jemand kennt die Eisenheimer so gut wie Volker Lengenfeld, der seit 40 Jahren dort die Post zustellt. „Ich gehöre zum Inventar.“ Täglich außer sonntags kommt er mit dem Fahrrad vorbei, duzt die Leute und wird geduzt: „Wer ist da?“ „Der Volker.“ „Ach so, ich dachte schon, es wär’ ein Fremder!“ Solche Dialoge an der Haustür sind normal. Wir dürfen ihn auf seiner Strecke begleiten.

Seit nunmehr 49 Jahren im Beruf, gehört Volker Lengenfeld zu den dienstältesten Postlern und ist, wie er sagt, „als Beamter eine aussterbende Rasse“. Wenn er im nächsten Jahr nach 50 Berufsjahren in den verdienten Ruhestand geht, wird er einer der wenigen Menschen sein, die so lange im gleichen Betrieb gearbeitet haben.

Ausbildung bei der Post: Fachkraft für Kurier- und Postleistungen

1972 hat er als Jungbote bei der Post angefangen. „Ich hatte mich bei der Stadt, der Bahn und der Post beworben und mich für die Post entschieden“, sagt der heute 64-Jährige. Er hat es nie bereut und würde die Ausbildung, die mittlerweile zur „Fachkraft für Kurier- und Postleistungen“ führt, auch heute noch jungen Leuten empfehlen.

Der Briefträger Volker Lengenfeld ist mit seinem Rad unterwegs im Oberhausener Stadtteil Eisenheim.
Der Briefträger Volker Lengenfeld ist mit seinem Rad unterwegs im Oberhausener Stadtteil Eisenheim. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Bei jedem Wetter draußen unterwegs. Dafür musste sich Volker Lengenfeld keinen Hund anschaffen. Doch fit geblieben sei er dadurch schon. Selten sei er krank gewesen und, was ihm kaum jemand glaube, auch im Privatleben sei er ganz gern mit dem Rad unterwegs, „nicht mit dem E-Bike, man will ja nicht verweichlichen.“ Das E-Rad stellt ihm die Post seit etwa zwei Jahren.

Viele Online-Bestellungen in der Corona-Zeit

Los geht seine Tour im Postamt Vikariestraße in Osterfeld, wo er die Radtaschen lädt. Unterwegs muss er noch nachladen, „an den Behältern, die wie Stromkästen aussehen“. Zwar seien private Briefe im Laufe der Jahrzehnte weniger geworden, die Info-Post hingegen mehr. Und die Corona-Zeit, in der die Leute viel bestellen, mache sich natürlich auch bemerkbar. Ja, wenn einer von seinem Job behaupten kann, er sei systemrelevant, dann ist das er. Aus dem Homeoffice lässt sich Volker Lengenfelds Dienst ja auch schlecht erledigen.

Was er im Laufe der Jahrzehnte alles erlebt hat, würde ein Buch füllen. Er war schon im Dienst, als die Oma den Postboten noch bat, doch mal eben kurz beim Kohleschippen zu helfen, als der Postbote noch das Zeitungsgeld kassierte und die Renten auszahlte. „Das war in Eisenheim nicht wenig, die Bergleute haben gut verdient“, verrät Lengenfeld. Und früher hätten die älteren Leute ihm als Dankeschön auch schon mal etwas zugesteckt, „ein Fläschchen Sekt oder auch mal Kekse“. Hatte er denn damals wegen des Geldes, das er mitführte, keine Angst, überfallen zu werden? „Nein, nie. Die Leute haben schon auf mich aufgepasst. Die wollten doch ihre Rente.“

„Dreieinhalb Zimmer mit Balkon und super Briefträger“

Zu den schönen Erinnerungen, die in seinem Buch stehen würden, gehört auf jeden Fall die an die Wohnungsanzeige, die er an einem Haus in seinem Bezirk entdeckte: „Dreieinhalb Zimmer zu vermieten, mit Balkon und super Briefträger“. Wie vorteilhaft es ist, wenn der Post-Zusteller seine Kunden kennt, zeigt sich gleich an der nächsten Haustür. Der Brief passt nicht in den schmalen Briefkasten. „Den gebe ich gleich bei der Mutter ab, die wohnt drei Straßen weiter.“

Gute Chancen fürs neue Ausbildungsjahr

49 Jahre im Dienst – das ist nach Auskunft der Deutschen Post eine Seltenheit. Das Dienstjubiläum nach 40 Jahren komme dagegen vergleichsweise häufig vor. Aufgrund der Altersstruktur sucht die Post daher Nachwuchs-Kräfte.

Die Ausbildung zur Fachkraft für Kurier- und Postleistungen dauere normalerweise zwei Jahre, erklärt Konzernsprecherin Britta Töllner. Wer bereits einen Beruf erlernt habe, könne angelernt werden. „Wegen Corona wurden in letzter Zeit beispielsweise viele Köche eingestellt, die eine Arbeit suchten, die sie bis zur Rente sicher ausüben können.“

Fürs Ausbildungsjahr, das im Herbst beginnt, werden noch Kandidaten gesucht. Interessierte Infos per E-Mail an jobs@deutschepost.de anfordern. Voraussetzungen: Schulabschluss, Zuverlässigkeit und Deutschkenntnisse.

Auch so manches Gerücht über die Post ist ihm im Laufe seines Berufslebens schon zu Ohren gekommen. Mit einem kann er aufräumen: An dem Gerücht, dass die Post montags nicht ausgeliefert würde, ist nichts dran. Es seien zwar weniger Briefe, weil ja, was freitags eingeliefert, samstags noch zugestellt werde, ein Ruhetag für Lengenfeld ist der Montag aber nicht. Ein bekanntes Klischee treffe hingegen auch auf ihn zu: der Hundebiss. „Ja natürlich ist es auch mir schon passiert. Das gehört in so vielen Jahren einfach dazu.“

Wenn er nicht mehr arbeiten muss, will Volker Lengenfeld mehr wandern. „Meine Frau und ich fahren dazu schon ganz gern raus.“ Außerdem wünscht er sich, dass das 100-jährige Jubiläum seines Chores vielleicht nachgefeiert wird. Ebenso lange wie er in Eisenheim die Post verteilt, singt Volker Lengenfeld bereits im MGV Rheingold im zweiten Tenor. Und auch seine drei Enkelkinder, sieben, fünf und drei Jahre alt, werden sich sicher freuen, wenn der Opa mehr Zeit für sie haben wird.