Oberhausen. Geschäfte und Bank in der City verweigern einer hochschwangeren Oberhausenerin den Gang zur Toilette. Ein öffentliches WC aber gibt es nicht.
Damit hatte Nadine Sch. nicht gerechnet: Die Oberhausenerin ist im achten Monat schwanger. Sie war gerade auf der Marktstraße unterwegs, als sich ihre Blase meldete. Doch ihre Bitte, kurz die Toilette benutzen zu dürfen, lehnten alle Geschäfte, an die sie sich wandte, ab. Ein öffentliches WC aber gibt es in der City nicht.
Die 33-Jährige, die anonym bleiben möchte, ist fassungslos. Sie hatte an diesem Tag ihre 83-jährige Großmutter zu einem Arzttermin gefahren. Da dort zurzeit keine Begleitpersonen erlaubt sind, bummelte sie in der Wartezeit ein wenig über die Marktstraße. „Ein bekanntes Phänomen in der Schwangerschaft ist nun aber, dass man mit zunehmendem Bauch auch häufiger mal Wasser lassen muss.“ In ihrer Not wandte sie sich gleich an mehrere Geschäfte, wurde jedoch überall mit dem Hinweis auf die Corona-bedingten Hygieneregeln abgewiesen. Auch ein Friseur verweigerte ihr den Zutritt. Begründung: „Ich wäre ja eine Kundin von außen.“ Selbst ihr Angebot, schnell ein Kosmetikprodukt zu kaufen, half nicht.
Auch die eigene Hausbank wies die werdende Mutter ab
„Mein nächster Versuch galt meiner Hausbank Commerzbank, doch auch dort wies man mich ab.“ Ein Sprecher der Commerzbank bestätigt auf Nachfrage dieser Redaktion den Vorfall: „Das Dilemma ist, dass wir gar keine Kundentoiletten haben.“ Vor der Corona-Pandemie habe man sich in solchen Fällen stets kulant gezeigt. Doch jetzt gelten für alle Mitarbeiter sehr strenge Hygieneregeln, an die sie sich auch in diesem Fall hätten halten müssen. „Wir haben uns bei unserer Kundin ausdrücklich für die Unannehmlichkeiten, die ihr entstanden sind, entschuldigt und um Verständnis gebeten.“ Denn natürlich gehe es bei den Maßnahmen nicht um Willkür, „sondern doch nur darum, unsere Mitarbeiter vor einer Ansteckung zu schützen“.
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Auch im Arthotel in der Innenstadt hatte die werdende Mutter keinen Erfolg. „Meine Mitarbeiter hatten mich bereits über die Anfrage der Dame an dem Tage informiert“, bestätigt Martin Gotschewski, Regional General Manager NRW des „Arthotel ANA Soul“ in Oberhausen. Leider seien zu dem Zeitpunkt aber ausgerechnet die öffentlichen WCs des Hotels aufgrund eines Rohrbruchs überhaupt nicht zugänglich gewesen, „weshalb wir es sehr bedauern, dass wir nicht weiterhelfen konnten“.
In der Innenstadt gibt es kein öffentliches WC mehr
Nadine Sch. sagt: „Ich arbeite für einen kirchlichen Träger in Oberhausen als Sozialpädagogin und kann nicht fassen, dass man an der Tür abgelehnt wird – nimmt uns die Coronaschutzverordnung jetzt die Menschlichkeit?“ Leider sei es bis zu ihrer Dienststelle zu weit gewesen. „Ich bin dann schnell nach Hause gefahren, habe mich aber sehr unwohl gefühlt durch dieses Erlebnis.“ Die Oberhausenerin fragt: „Wo bitte, sind denn überhaupt noch öffentliche Toiletten vorhanden, die man in einer solchen Situation nutzen kann?“ Denn sicherlich kämen durch die Corona-Einschränkungen nun auch andere Schwangere, Kinder und ältere Menschen häufiger in eine ähnliche Situation.
Nur noch drei öffentliche Toiletten im Stadtgebiet
In ganz Oberhausen gibt es inzwischen nur noch drei öffentliche Toiletten. Eine befindet sich im Kaisergarten am Kiosk „Haus am See“. Sie ist von 8 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Eine weitere öffentliche Toilette gibt es am Osterfelder Markt, geöffnet von 7 Uhr bis 20 Uhr.
Die dritte Toilette ist am Kiosk am Markt in Sterkrade zu finden. Sie ist von morgens 6 Uhr bis abends 20 Uhr frei zugänglich.
Tatsächlich gibt es in der ganzen Innenstadt keine öffentliche Toilette mehr. „Dafür sind die WC-Anlagen im Bert-Brecht-Haus normalerweise aber öffentlich zugänglich“, erläutert Stadtsprecher Frank Helling. Durch den aktuellen Lockdown ist und bleibt das Brecht-Haus zurzeit aber geschlossen.