Oberhausen. Wie schnell die Justiz im Falle des Falles sein kann, zeigt Richter Voosen im Prozess gegen einen Schwarzfahrer. Da staunt selbst der Angeklagte.
Auf eher ungewöhnliche Weise ist am Donnerstag der Prozess gegen einen jungen Schwarzfahrer vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Oberhausen zu Ende gegangen: Der Vorsitzende Richter Marc Voosen verwarnte den Angeklagten und schickte ihn direkt zum Hausmeister des Amtsgerichts, um dort schnellstmöglich die ihm auferlegten 80 Sozialstunden abzuleisten.
„Zu unserem Hausmeister habe ich einen ganz kurzen Draht“, sagte Richter Voosen. Er werde genau kontrollieren, ob die Sozialstunden dort wirklich verlässlich geleistet werden. Bei einer Nichterfüllung drohe ganz schnell Beugehaft.
Der geständige Angeklagte (20) war im September 2020 erwischt worden, als er ohne Ticket bzw. mit einem gefälschten Ticket im RE 3 von Duisburg Hbf nach Oberhausen Hbf bzw. in der Linie 901 der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) unterwegs war. Dieses Schwarzfahren fand zu einem Zeitpunkt statt, als der Angeklagte unter laufender Bewährung stand.
Betrug und Urkundenfälschung
Zuvor war er wegen schweren Raubes zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Dabei ging es um den Raub eines Hundes. Das Tier war offenbar unter Vorhalt einer Softairwaffe und eines Messers erbeutet worden. Dieses Urteil ist seit rund einem Jahr rechtskräftig, wobei der junge Mann hierbei bereits gegen bestimmte Bewährungsauflagen verstoßen hat – und nun also noch das zweifache Schwarzfahren, in einem Fall mit gefälschtem Ticket, was juristisch Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung bedeutet.
Im Mittelpunkt des Prozesses stand die Frage, ob das Gericht mit seinem Urteil in diesem Fall in das laufende Bewährungsverfahren eingreift und die besagte Jugendstrafe aufstockt oder ob es die Tat des Schwarzfahrens isoliert als „funktionelle Ersttat“ betrachtet, die Bewährung also nicht kippt und insofern dem jungen Angeklagten noch eine Chance gibt.
Das Schöffengericht entschied sich für die zweite Variante, allerdings machte Richter Voosen im Urteil dem 20-Jährigen in direkter Ansprache unmissverständlich klar, dass er sich an die auferlegten 80 Sozialstunden strikt zu halten habe: „Sie können jetzt mal direkt bei unserem Hausmeister vorbeigehen. Das habe ich schon abgeklärt.“ Der Nachweis über die geleisteten Arbeitsstunden werde kontinuierlich kontrolliert.