Oberhausen. Die Stadtsparkasse Oberhausen will Kunden motivieren, Geld risikoreicher in Wertpapiere wie Aktien anzulegen. Was hinter der Strategie steckt.
Die Führungsspitze der Stadtsparkasse Oberhausen rät gut situierten Sparern dringend dazu, ihre Geldstrategie zu überprüfen. Statt viel Erspartes auf nahezu zinslosen Konten und Sparbüchern herumliegen zu lassen, sollten Kunden überlegen, Geld in Wertpapieren, vor allem in Aktien, anzulegen – oder ihren Traum vom eigenen Heim zu verwirklichen.
Seit dem Beginn der extremen Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) vor zwölf Jahren werden Banken und Sparkassen mit Anlagegeld regelrecht geflutet. Vor allem im vergangenen Jahr floss der Stadtsparkasse Oberhausen so viel frisches Erspartes ihrer Kunden zu wie nie zuvor – 187 Millionen Euro. Zum Vergleich: Von 2016 bis 2019 waren es insgesamt „nur“ 157 Millionen Euro.
Viel Geld auf Konten mit null Zinsertrag geparkt
Damit hüpften die Kundeneinlagen von 1,7 Milliarden Euro vor vier Jahren auf über zwei Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Das Geld parkten die Anleger fast ausschließlich auf Girokonten und Sparkonten mit praktisch null Ertrag. Dafür liegt es sicher – und kann kurzfristig entnommen werden.
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Oliver Mebus und Thomas Gäng, die beiden Vorstände der Stadtsparkasse Oberhausen, sehen diese Entwicklung gleichwohl mit wenig Begeisterung. „Das zeigt zwar, dass die Kunden der Sparkasse vertrauen und die Sicherheit bei uns schätzen, aber andererseits müssen wir das Geld, das wir nicht direkt als Kredite am Markt unterbringen können, bei der Europäischen Zentralbank hinterlegen und dafür Negativzinsen von 0,5 Prozent bezahlen“, erläuterte Vorstandsvorsitzender Oliver Mebus bei der Bilanzpressekonferenz seines Instituts. Bisher gibt die Bank diese Kosten nicht an ihre Kunden komplett weiter, sondern versucht, diese Ausgaben anderweitig aufzufangen. „Doch zunehmend sickern Negativzinsen auch für die Privatkundschaft durch.“
Interesse an Wertpapieren steigt
Wegen der mageren Zinserträge bei normalen Sparanlagen, aber auch aus Sorge vor Negativzinsen haben in den vergangenen Jahren immer mehr Sparer ihr Geld ins Wertpapiergeschäft gesteckt: Sie kaufen Anteile an Investmentfonds, Aktien, Anleihen oder Immobilienzertifikate. So verzeichnet die Stadtsparkasse Oberhausen 2020 ein Wachstum ihres Bestandes an Wertpapieren der Kunden von 26 Millionen Euro auf 482 Millionen Euro.
Auch die Zahl der Sparverträge für Aktien- oder andere Wertpapierfonds ist 2020 stark angezogen – um 1000 auf 3846. Das ist ein Plus von 34 Prozent. Die durchschnittliche Sparrate beträgt 88 Euro im Monat – dafür kaufen die meisten Sparer Anteile an reinen Aktienfonds oder Mischfonds aus Aktien, Anleihen oder Immobilien.
Immer mehr Anleger wollen ihr Geld nur noch in nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen anlegen: keine Klimakiller, keine Rüstungsindustrie, keine Ausbeutung von jungen Menschen in Fabriken. Acht Prozent des Kunden-Fondsbestands bei der Sparkasse sind in nachhaltigen Fonds angelegt.
Hat die Stadtsparkasse 2016 noch recht verschämt angefangen, Strafzinsen für sehr hohe Geldbeträge von ihren sehr vermögenden Kunden zu nehmen, so geht sie heute mit ihrem Kostenzwang zu Negativzinsen offen um. Damals zahlte das örtliche Geldinstitut Anlegern erst ab fünf Millionen Euro auf seinen Konten keine Zinsen mehr, sondern knöpfte ihnen 0,5 Prozent Negativzins ab. Im vergangenen Jahr reduzierte die Führungsspitze diesen Grenzbetrag auf 500.000 Euro. Wer als Neukunde Geld bei der Sparkasse anlegen will, muss bereits ab 100.000 Euro Strafzinsen zahlen.
Strafzinsen: Neue Kunden mit hohem Geldvermögen nicht mehr ganz so gern gesehen
So hat sich also die Finanzwelt gewandelt: Wurden früher neue Kunden mit hohem Geldvermögen von Bankern auf weichen, tiefen Teppichen und in Polstersesseln mit Kusshand empfangen, so schauen sich heute Bankenchefs wie Mebus und Gäng die unbekannten Gesichter ganz genau an. Wer nur mal Geld bunkern will, wird schnell mit Strafzinsen abgespeist; wer eine echte Rund-um-Geschäftsbeziehung anfangen möchte, der wird allerdings immer noch herzlich umarmt.
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Exakt 2,064 Milliarden Euro stapeln sich derzeit bei der Oberhausener Sparkasse zu einem Zinssatz von im Schnitt lächerlichen 0,1 Prozent; eine deutlich geringe Summe von 426 Millionen Euro der Kunden steckt in Wertpapieren, also in Aktien, Anleihen oder Immobilienzertifikaten. Sie liegen also in Depots.
„Da ist noch Luft nach oben. Denn im Schnitt der vergangenen Jahre haben Wertpapiere fünf Prozent Rendite jährlich erzielt“, wirbt Mebus für einen neuen Blick der Sparer. Sein Tipp: Anleger sollten prüfen, wie viel Geld sie kurz- und mittelfristig überhaupt nicht benötigen. „Dann sollte man ausgewogen handeln, nicht alles, aber einen Teil davon, ins Wertpapier-Geschäft stecken.“
Drei Fliegen mit einer Klappe
Damit würde die Sparkasse gleich drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Sie muss für das in Wertpapieren steckende Kundengeld keine Negativzinsen bei der EZB zahlen, sie kassiert durchaus lukrative Gebühren für den Verkauf von Wertpapieren über ihren Schalter und die Kunden haben die Chance auf richtig fette Gewinne. Schließlich stieg der Aktienindex Dax von seinem Corona-Tief im März 2020 (8256 Punkte) um unglaubliche 70 Prozent auf ein neues Allzeit-Rekordhoch von über 14.200 Punkten in diesem März.
Allerdings sollten die Aktienkurse bei diesen Anlageempfehlungen der nüchtern-soliden Sparkassen-Chefs in den nächsten Jahren nicht allzu häufig abstürzen: Die starken Schwankungen von Börsenkursen machen besonders Aktien-Neulinge oft extrem nervös – und diese beschuldigen dann nach Erfahrung vieler Banker meist die Anlageberater der Banken und Sparkassen. Dabei weisen diese in der Regel recht intensiv auf die Risiken, aber auch Chancen hin.