Oberhausen. Wer ans Gericht denkt, hat oft sofort Aktenberge im Kopf. Das Amtsgericht Oberhausen geht jetzt in sämtlichen Zivilverfahren neue Wege.

Wenn es um die Digitalisierung geht, gilt die Justiz nicht gerade als Vorreiter. Das Amtsgericht Oberhausen zeigt jetzt, dass es auch anders laufen kann. Am 1. März hat hier in Zivilverfahren die elektronische Aktenführung begonnen. Das bringt ab sofort auch konkrete Vorteile für jene Bürgerinnen und Bürger, die in Oberhausen mit der Justiz zu tun haben.

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Weg von den Papierbergen und endlosen Aktenordner-Reihen, hin zum papierlosen Arbeiten. Mit Beginn des Monats März werden sämtliche eingehende Zivilverfahren nicht mehr in Papierform, sondern ausschließlich in elektronischer Form geführt, berichtet das Amtsgericht in einer aktuellen Mitteilung.

Eigens geschult

In den zurückliegenden Wochen hat sich das Team des Amtsgerichts am Friedensplatz im Detail auf diese durchaus historisch zu nennende Umstellung vorbereitet: Sieben Richter, vier Rechtspfleger und 16 Geschäftsstellenmitarbeiter in allen Zivilabteilungen wurden genau geschult und die IT-Ausstattung des Amtsgerichts Oberhausen in Teilen erneuert und ausgeweitet, wie es heißt. Papierakten gebe es jetzt nur noch für jene Zivilverfahren, die vor diesem Stichtag, also vor dem 1. März 2021, angelegt worden seien.

Jährlich mehrere tausend Verfahren

Das Amtsgericht Oberhausen verfügt über rund 20 Richterstellen und wickelt jährlich mehrere tausend Verfahren ab.

Dabei geht es neben dem Strafrecht auch um Zivil-, Familien- und Betreuungsrecht, um Nachlass-Angelegenheiten und Zwangsvollstreckungen.

Das bedeutet bei aller Digitalisierungs-Euphorie aber auch: Das Amtsgericht Oberhausen ist keineswegs ab sofort komplett papierlos, wenn es um die Zivilverfahren geht. Vielmehr handelt es sich bei der Digitalisierung der Zivilverfahren um einen längeren Prozess des Übergangs. Zivilakten in Papierform machen aktuell noch den größten Anteil aus; sie würden aber in rund einem Jahr nur noch einen Anteil von rund 30 Prozent haben, weil durchschnittlich 70 Prozent der Zivilverfahren innerhalb von zwölf Monaten erledigt würden, heißt es.

Schnellere Abläufe

Die Digitalisierung soll konkreten Nutzen entfalten: Die elektronische Aktenführung beschleunige die Verfahrensabläufe und spare Ressourcen ein. Elektronische Akten seien immer verfügbar und verschiedene Bearbeiter könnten gleichzeitig darauf zugreifen. Zudem könnten über das so genannte „besondere elektronische Anwaltspostfach“ bereits eingereichte Schriftsätze direkt bearbeitet werden, ohne dass sie zuvor mühselig und zeitaufwändig einzeln ausgedruckt werden müssten.

Deshalb kommt auch der Beteiligung der Anwaltschaft aus Sicht des Amtsgerichts bei der Digitalisierung eine besondere Bedeutung zu. Auf digitalem Weg über das besondere elektronische Anwaltspostfach eingereichte Schriftsätze können nun zeitnah in die E-Akte überführt werden und stehen dort den Richterinnen und Richtern für eine schnelle Bearbeitung fortlaufend zur Verfügung.

Auf sicherem E-Mail-Weg

Auch die Bürgerinnen und Bürger können nun Dokumente, Schreiben und andere Schriftsätze in elektronischer Form an die Justiz schicken. Dabei müssen sie jedoch stets beachten, dass digital eingereichte Dokumente ausschließlich auf sicherem Weg an das Amtsgericht gesendet werden müssen - etwa via sogenannter De-Mails. Hierbei erfolgt die E-Mail-Kommunikation besonders sicher, vertraulich und nachweisbar – Kriterien, die ja vor gerade vor Gericht stets eine besondere Bedeutung haben.

Europäische Vorgabe

Wie sieht die weitere digitale Zukunft am Gericht aus? Bis 2026 ist die digitale Aktenführung in allen Bereichen vorgesehen. So lautet eine europäische Vorgabe. Beim Amtsgericht Oberhausen bleibe es zumindest in 2021 bei der digitalen Aktenführung in Zivilverfahren, erklärt Amtsgericht-Sprecherin Christine Wecker auf Anfrage unserer Redaktion. Eine zeitliche Vorhersage für die Ausweitung der digitalen Aktenführung in andere gerichtliche Bereiche könne derzeit nicht gemacht werden.