Oberhausen. Zum sonnigen Wetter bereiten sich Kleingartenvereine in Oberhausen auf die Saison vor. Seit der Corona-Krise ist die Nachfrage groß.

„Alles voll!“, sagt Alfons Lengsfeld knapp. Der 74-Jährige zuckt mit den Schultern und zupft seine Mund-Nasen-Maske zurecht. Damit meint der begeisterte Kleingärtner beim Rundgang über die Anlage an der Koppenburgstraße keinen überquellenden Komposter. Auch die parkenden Gießkannen an den Lauben sind nicht gemeint. Lengsfeld spricht vielmehr von der Pächterliste des Kleingartenvereins „Am Mühlenbach“. Jede schnuckelige Parzelle ist vergeben. Und die Warteliste ist lang.

Alfons Lengsfeld scheint wirklich jeden Zentimeter der Kleingartenanlage zu kennen, die er als Vorsitzender des Trägervereins betreut. „Schaut! Dort vorne laufen echte Malocher!“ Für Fleißige, die an diesem späten Samstagmorgen in ihrem eigenen Gartenreich werkeln, hat er den passenden Spruch auf den Lippen.

Ein knapper (und schmerzhafter) Plausch über Schalke. Ein Scherz über den doch sehr sauberen Blaumann. Im Kleingartenverein gehe man eben nicht wortlos aneinander vorbei, sagt Lengsfeld.

68 Lauben am Mühlenbach - alle sind ausgebucht

Als das frühlingshafte Wetter die Temperaturen vor einer Woche erstmals an die 20-Grad-Marke beförderte, haben viele Kleingärtner nach der Winterpause wieder Hand angelegt. Immerhin 68 Hütten stehen hier, 66 sind aus Stein gebaut, zwei aus Holz. 24 Quadratmeter ist jede Spitzdach-Laube groß. Mit Toilette, Strom- und Wasseranschluss.

Um das Häuschen herum kümmert sich jeder Pächter um sein eigenes, eingezäuntes Gartenreich. Auf 150 bis 350 Quadratmetern. Mit Hecken, Beeten, Blumen und kleinen Terrassen, die sich nach Urlaub anfühlen. Nur ohne Stau und Kofferpacken.

„Die Lage ist schon traumhaft“, sagt Lengsfeld, der seit 27 Jahren seinen Kleingarten pflegt. Im Kleingartenverein „Am Mühlenbach“ hat er seit zwölf Jahren den Vorsitz inne. Der Revierpark Vonderort liegt im Rücken der doch sehr gepflegten Anlage. „Es ist noch früh im Jahr, darum fehlt das Grüne“, sagt der 74-Jährige. „Aber wenn alles blüht, freut sich auch das Auge.“

Hobbygärtner in der Krise - doch Corona änderte alles

Aufgeblüht ist nicht nur der Kleingartenverein aus dem Osten von Osterfeld. Fast alle Anlagen in Oberhausen haben keine leeren Parzellen. Und dass, obwohl kleine Gärten vor nicht einmal fünf Jahren noch in der Krise steckten. „Da standen bei uns viele Hütten leer. Etliche Parzellen waren unbenutzt“, erinnert sich der Hobbygärtner. Einige fürchteten gar, das traditionsreiche Nebeneinander könne vom Zeitgeist zerrieben werden. Kaum noch Jüngere kamen hinzu.

Doch plötzlich gedeiht das Interesse: „Dort ist die Hütte eines jüngeren Pärchens“ - „Hier vorne ist die Laube einer jungen Frau!“ Das Bild hat sich gewandelt, wenn Lengsfeld auf die Wiesen und Beete deutet. Ausgerechnet die sonst so trübe Corona-Krise hat die Nachfrage stark steigen lassen. „Viele Mietwohnungen besitzen keinen Garten. Auch ein Balkon ist nicht überall vorhanden.“ Dies habe zusammen mit wenig Freizeit-Angeboten im Lockdown den Wunsch nach dem eigenen Fleckchen Grün an der frischen Luft verstärkt.

Kleingartenverein - ohne Gemüseanbau geht es nicht

Nun ist der Kleingartenverein nicht nur ausgebucht. Es gibt sogar eine Warteliste. „Die arbeiten wir strikt nach der Reihenfolge ab“, sagt der Vorsitzende. Diese austricksen und sich mit einem Obolus in die Anlage einkaufen, könne man nicht. Fair gehe auch im Garten vor.

Bloß ein Balkon- oder Gartenersatz sei der Kleingarten aber keineswegs - und dürfe es auch nicht sein. Beim Kleingarten steht der Gemüseanbau quasi im Regelwerk. Am Mühlenbach gelte daher eine Nutzungsregel für die Parzelle, erklärt der Vorsitzende. Ein Drittel Freizeit, ein Drittel Anbau, ein Drittel Hütte und Terrasse.

Dies ermögliche, dass die Gebühren auf dem städtischen Gelände erschwinglich blieben. Derzeit sind es 150 bis 180 Euro pro Jahr. Hinzu kommen Stromkosten und andere Gebühren. Insgesamt komme man meist auf rund 500 Euro, rechnet Lengsfeld vor. Kein Vergleich zu Gebühren auf einem Campingplatz. Knapp 50 Euro Mitgliedsbeitrag für den Kleingartenverein müssen pro Monat aber noch hinzugerechnet werden.

Kleingärtner gehen mit der Zeit - WLAN für die Grünanlage

Die Hütten werden beim Einzug gekauft und nach Ablauf der Pachtzeit wieder verkauft. Der Preis ermittelt sich dann je nach Zustand. Richtwerte liegen zwischen 7000 und 10.000 Euro.

Und was ist im Beet angesagt? „Ach“, sagt Alfons Lengsfeld. „Kartoffeln, Kohlrabi, Tomaten - jeder hat da seine eigenen Vorlieben.“ Hochbeete seien bei manchen Gärtnern derzeit modern. Das erspare lästiges Bücken. Klassische Varianten sind Beete mit benachbarten Gewächshäusern.

Und ja, auch Kleingartenanlagen gehen mit der Zeit. Eine WLAN-Anlage für drahtloses Internet hat der Verein neben all der Natur ganz neu ergänzt. Damit auch der Fußball-Livestream an einem sonnigen Nachmittag nicht im Gebüsch hängen bleibt.

Info: Kleingärtner modernisieren Anlage — Vereinsheim wird vermietet

Das Vereinsheim samt Theke vermietet der Kleingartenverein „Am Mühlenbach“ für private Anlässe. Natürlich erst wieder, wenn es die Corona-Beschränkungen zulassen. Die Einnahmen kommen der Vereinsarbeit zugute.

Der Kleingartenverein hat zuletzt in die Anlage an der Koppenburgstraße, gelegen an der Stadtgrenze von Oberhausen und Bottrop, investiert. Um Vandalismus und Diebstahl zu verhindern, gibt es neue Eingangstore mit Schlössern sowie Zäune. Wenn die Tore tagsüber geöffnet sind, könne man auf den Laufwegen aber weiterhin spazieren gehen.