Oberhausen. Für Obdachlose können die derzeitigen Nächte in Eiseskälte lebensbedrohend sein. Der Verein „Solidarität in Oberhausen“ kann kurzfristig helfen.
Es ist dunkel und bitterkalt, als Chris und Tom an ihrem provisorischen Nachtlager ankommen. Ein mehrstöckiges Gebäude im Stadtgebiet, rundherum sanierte Häuser. Die Glasscheiben der Eingangstür sind blickdicht abgeklebt. Das hat Sascha Prandstetter übernommen, Vorsitzender des Vereins „Solidarität in Oberhausen“: „Wir wollen nicht, dass Leute hier reinschauen können und dann die Polizei rufen.“ Denn in dem leerstehenden Büro können seit dem Wochenende bis zu zehn Obdachlose unterkommen.
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Die Heizung läuft, es gibt abgetrennte Zimmer und sogar ein Bad mit Wanne. „Luxus“, schwärmt Tom, während er seine Isomatte und den Schlafsack auf den Boden legt. Betten gibt es nicht, zufrieden sehen die beiden Männer, die sich direkt nur mit dem Vornamen vorstellen, trotzdem aus.
Vermieter hat verlassene Bürofläche angeboten
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Ein Vermieter sei auf den Verein zugekommen, erzählt Sascha Prandstetter. „Solange draußen Schnee liegt und Minusgrade herrschen, dürfen ausgewählte Menschen nun in diesem leerstehenden Büro den Abend und die Nacht verbringen.“ Das letzte Wort darüber, wer rein darf, hat übrigens nicht der Vereinsvorsitzende, sondern Tom. Der 56-Jährige war viele Jahre obdachlos, hat aber seit einiger Zeit eine Wohnung, auch organisiert durch „Solidarität in Oberhausen“.
Tom ist nicht sein richtiger Name, den möchte er nicht in der Öffentlichkeit nennen. Weil er Sascha Prandstetter und seinem Team von „Solidarität in Oberhausen“ so dankbar ist, übernimmt er die Verantwortung für die Menschen, die nun in dem verlassenen Gebäude unterkommen, schläft mit ihnen auf dem Boden. „Wir wollen hier nur vernünftige Leute, niemanden, der klaut oder Stunk macht.“ Sascha Prandstetter vertraut dem 56-Jährigen: „Er hat ein Gefühl dafür, welche Menschen sich eignen und welche nur Ärger machen.“
Drogen machen den Weg in die Normalität schwer
Für Chris ist Tom ein Vorbild dafür, wie es wieder aufwärts gehen kann. Der 41-Jährige lebt seit sieben Monaten auf der Straße – seine Wohnung brannte ab, während er im Gefängnis saß. „Meine Frau stand ohne alles da“, erzählt der gelernte Schweißer. Während seine Frau in einer Oberhausener Einrichtung für Wohnungslose unterkommen konnte, ist er auf sich allein gestellt. „Drogen“, erklärt er schlicht. Seit Jahren sei er im Methadon-Programm. „Manchmal komme ich wochenlang ohne alles aus. Aber das Leben auf der Straße ist hart. Dann zieht man sich alles rein, um das für einen Moment zu vergessen.“
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Oft schläft Chris unter den Brücken der Stadt. Doch das soll sich ändern. „Über mich sind Ratten gelaufen, die so groß waren wie Katzen. Es ist kalt und dreckig. Alle 15 Minuten wacht man auf – aus Angst, beklaut zu werden. Die Kälte hat alles nur noch schlimmer gemacht. Ich will so schnell es geht wieder in eine Wohnung ziehen.“ Als Zweiradmechaniker würde er gern arbeiten. „Da hab’ ich Spaß dran.“
Toast, Kaffee und Weingummi als Frühstück
Dankbar ist er, dass er in den Räumen schlafen darf, die der Verein aufgetan hat. Und ordentlich muss es sein: Alle Habseligkeiten werden sorgsam in Schränken verstaut, sogar einen Wischmopp hätten die Männer gern, um den Boden von Wasserflecken zu befreien. Gemütlich machen es sich die Männer abends vor dem Fernseher, der im Eingangsbereich an einer Wand hängt. Davor stehen drei Campingstühle und ein umfunktionierter Rollschrank, der als Tisch für das karge Frühstück dient, das den Männern gespendet wurde – Buttertoast, etwas Milch, sogar Kaffee und eine Tüte Fruchtgummi. „Abends sitzen wir dann hier und schauen fern, aber alt werden wir nie“, schmunzelt Tom. Der Schlaf kommt schneller, wenn es warm ist.
„Solidarität in Oberhausen“
Der Verein „Solidarität in Oberhausen“ ist bisher vor allem durch die Essensausgabe am Hauptbahnhof bekannt. Derzeit gibt es dort jeden Abend eine warme Mahlzeit und einen Becher Kaffee für Obdachlose.
Der Verein finanziert sich durch Spenden und arbeitet mit unterschiedlichen Restaurants in der Stadt zusammen. 16 Helfer wirken in Oberhausen mit. Der Verein wirkt aber auch in Mülheim und hat im Januar den Engagement-Preis des Landes gewonnen.
Sascha Prandstetter hätte gerne immer eine Möglichkeit zur Hand, wo Obdachlose unterkommen können. „Die Vorgaben der etablierten Einrichtungen sind teilweise einfach zu hoch“, gibt er zu bedenken. „Wir sind so niederschwellig, dass wir die Leute auf anderen Ebenen kennenlernen, fernab von Drogentests.“ Vereinsräume müssten her, doch die sind schwer zu kriegen – und noch schwerer zu finanzieren.
Verein will helfen, Menschen ein Zuhause zu finden
„Wir wollen bei der Stadt Oberhausen anfragen, ob sie uns unterstützen würde.“ Prandstetter möchte irgendwann auch Sozialpädagogen beschäftigen, die den Obdachlosen auf dem Weg zurück in ein normales Leben helfen. „Wir sind auf die Hilfe von außen angewiesen.“ Wie bei Paradebeispiel Tom. „Da ist auch eine Vermieterin auf uns zugekommen, die es einfach mal versuchen wollte, einen Menschen von der Straße aufzunehmen. Das klappt gut. Wir hoffen, dass das weitere Leute motiviert.“