Oberhausen. Längst gehört die Straßenbahn zum gut getakteten ÖPNV-Angebot am Centro. All das begann 1996. Ein Mann der ersten Stunde erinnert sich.

Dieses Jahr bringt ein besonderes Jubiläum. Norbert Ricken weiß am besten, worum es dabei geht: Der 52-Jährige war im Jahr 1996 einer der ersten Straßenbahnfahrer der Stoag auf der damals nagelneuen ÖPNV-Trasse am Centro.

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Im Gespräch mit unserer Redaktion vor Ort an der ÖPNV-Haltestelle Neue Mitte erinnerte sich jetzt Norbert Ricken an jene historischen Wochen und Monate, als die Straßenbahn als Nahverkehrsmittel nach 28-jähriger Pause in Oberhausen wieder eingeführt wurde. Der Oberhausener hatte sich damals auf eine der entsprechenden Ausbildungsstellen bei der Stoag beworben - und wurde prompt genommen.

Ausbildung ab November 1995

Ab 15. November 1995 bis zum Januar 1996 absolvierte Norbert Ricken die Ausbildung zum Straßenbahnfahrer. Danach fuhr er zunächst ganz regulär in der Nachbarstadt Mülheim ein halbes Jahr Linie. Schließlich ging es für ihn und seine frisch gebackenen Kollegen nach Oberhausen auf die Trasse. In einem ersten Schritt hatte die Stoag damals sechs grüne Niederflur-Straßenbahnen neu angeschafft. Zusammen mit Mülheim wurde und wird die Strecke bedient.

Die Straßenbahnlinie 112 von Sterkrade nach Mülheim zählt nach einem Vierteljahrhundert längst zu den Herzstücken des Oberhausener ÖPNV. "Dass die Straßenbahn in Oberhausen wieder fuhr, war damals eine echte Sensation", erinnert sich Norbert Ricken. Schon im Juni 1996, drei Monate vor der Eröffnung des Centro, ging es los. Ein Jahr lang verkehrte ergänzend zur Linie 112 sogar noch die Linie 116, um den 10-Minuten-Takt zu gewährleisten. "Als dann das Centro eröffnet wurde, waren die neuen Straßenbahnen mit Fahrgästen wirklich rundum gefüllt. Viele Niederländer reisten mit dem Zug bis Hauptbahnhof Oberhausen an, stiegen dann in die Straßenbahn, um das gerade eröffnete Centro zu erkunden."

"Das war Freiheit pur!"

Der Oberhausener gerät geradezu ins Schwärmen, wenn er sich an seine ersten Touren auf der knapp sechs Kilometer langen ÖPNV-Trasse erinnert, deren Bau weniger als zwei Jahre zuvor, am 4. August 1994, begonnen hatte: "Das war Freiheit pur! Kein Autoverkehr! Eine eigene Fahrbahn nur für die Straßenbahnen und die Linienbusse! Kein Ruckeln! Glattes Fahren!" Die Fahrtzeit zwischen Oberhausen Hauptbahnhof und Bahnhof Sterkrade beträgt 11 Minuten; da kommt kein Auto mit. Und dann gibt es da ja auch noch die spektakuläre, inzwischen mehrfach preisgekrönte Haltestelle Neue Mitte direkt am Platz der Guten Hoffnung und am Centro-Eingang - "Ja, 1996 war wie ein Aufbruch in ein neues ÖPNV-Zeitalter", sagt Norbert Ricken.

In den ersten drei Monaten, also von Juni bis zur Centro-Eröffnung im September 1996, konnte die 112er Straßenbahn allerdings noch gar nicht an der Haltestelle Neue Mitte anhalten, denn dort mussten noch Pflasterarbeiten erledigt werden. Bahnen und Linienbusse rauschten also einfach durch, was bei den dort tätigen Arbeitern gar nicht gut ankam: "Sie beschwerten sich über mangelnde persönliche Sicherheit und heftig aufgewirbelten Staub und erreichten, dass die Bahnen und Busse die noch nicht in Betrieb genommene Haltestelle fortan nur im Schritt-Tempo passieren durften", erinnert sich Norbert Ricken.

Auf den Spuren des Vaters

Die Oberhausener ÖPNV-Trasse nutzt weitestgehend die alte Werksbahntrasse, die hier über Jahrzehnte verlief und den Kanal und die Emscher überquerte. Deshalb hat Norbert Ricken zu seinem Arbeitsplatz noch eine ganz besondere, eine tief persönliche Beziehung: Sein leider inzwischen verstorbener Vater Johannes fuhr genau hier einst als Lokführer mit Güterzügen entlang und transportierte Kohle und Stahl. Der Sohn hat also insofern den gleichen beruflichen Weg wie der Vater eingeschlagen - allerdings hat er dabei Kohle und Stahl gegen ÖPNV-Passagiere getauscht.

Info: Jubiläum 1996-2021

Die Stoag wird das Jubiläum zu 25 Jahre ÖPNV-Trasse Ende Mai/Anfang Juni würdigen - in welcher Form genau, stehe allerdings coronabedingt noch nicht fest, erläutert Stoag-Sprecherin Sabine Müller.

Die offizielle Einweihungsfeier für die Trasse fand am 1. Juni 1996 statt. Zum Programm gehörten damals Gratis-Fahrten und eine "Lange Nacht der Straßenbahn".

Zuvor hatte die Oberhausener Bevölkerung am 26. Mai 1996 die neue Trasse zu Fuß oder mit dem Fahrrad besichtigen können.

Bei der Centro-Eröffnung im September 1996 nutzten rund 250.000 Besucherinnen und Besucher das vom Centro ermöglichte Freifahrtangebot.

Derzeit wird die Trasse von der Straßenbahnlinie 112 und zudem von sieben Tag-Buslinien und fünf Nachtexpress-Linien genutzt.