Oberhausen. Noch liegt die offizielle Kriminalitätsstatistik 2020 nicht vor; doch schon jetzt ist klar: Corona hat erhebliche Auswirkungen darauf.
Die Polizei Oberhausen hatte es im Jahr 2020 mit einer teils völlig unerwarteten Kriminalitätsentwicklung zu tun. Deliktbereiche wie Wohnungseinbrüche, die jahrelang die Kriminalitätsdebatte prägten, verzeichneten coronabedingt einen unerwarteten Rückgang der Fallzahlen, da die Menschen vermehrt zuhause blieben und so potentielle Einbrecher abschreckten; dafür gab es in anderen Bereichen, vor allem bei Telefonbetrügereien, bedingt durch die Corona-Pandemie, beachtliche Steigerungen bei der Delikthäufigkeit.
"Im ersten Lockdown haben wir verstärkt beobachten können, dass bestimmte Kriminalitätsbereiche, wie zum Beispiel Wohnungseinbruchsdiebstahl sowie Ladendiebstahl, zurückgegangen sind, während zugleich neue und gezielt auf Corona ausgelegte Betrugsmaschen entstanden sind", sagt Polizeipräsident Alexander Dierselhuis.
Dreiste Betrüger
Immer wieder gab es im Jahresverlauf deutliche Warnungen der Oberhausener Polizeifahnder vor solchen dreisten Betrugsmaschen. So berichtete die Polizei im April über eine Serie von versuchten Telefon-Betrügereien in Oberhausen. Etwa zwei Dutzend teils sehr aufgelöst wirkende ältere Mitbürger hatten im Frühjahr innerhalb kurzer Zeit die Leitstelle informiert, dass Telefonbetrüger sich unter anderem als angeblich schwer an Corona erkrankter Sohn ausgegeben und versucht hätten, an ihr Geld und Vermögen zu kommen. Zum Glück wimmelten die gut informierten Seniorinnen und Senioren die Betrüger ab. Trotzdem baten die Fahnder alle Kinder und Enkel seinerzeit, möglichst schnell ihre Angehörigen vor dieser Betrugswelle per Telefon zu warnen. Und diese Warnung gilt immer noch. Die Telefonbetrüger gehen systematisch vor und suchen in den Telefonbüchern gezielt nach alten und altmodisch klingenden Vornamen und nutzen nicht selten die Corona-Pandemie, um den angeblichen Notfall eines nahen Angehörigen vorzutäuschen, der dringend Geld benötige.
Polizeipräsident Alexander Dierselhuis verweist mit Blick auf diese Entwicklung auf die im Sommer geschlossene Kooperation mit dem Polizeipräsidium Essen. "Diese Zusammenarbeit hatte ursprünglich das Ziel, Call-Center-Betrüger zu verfolgen, die sich etwa als falsche Polizeibeamte ausgeben oder den Enkeltrick anwenden und so ältere Menschen um ihr Erspartes bringen wollen", unterstreicht Alexander Dierselhuis. "Wir konnten 2020 diese Strukturen nutzen, um auch die Corona-Betrüger ins Visier zu nehmen."
Auch in der Pandemie habe die Polizei Oberhausen allerdings nicht die zuvor angekündigten Schwerpunkte ihrer Behördenarbeit vernachlässigt, ergänzt der Polizeipräsident. "Unsere Behördenschwerpunkte wie den Erkenntnisgewinn im Rotlichtmilieu, in der Drogenszene sowie im Bereich der Clankriminalität haben wir weiterhin fest im Blick."
Razzien und Durchsuchungen
Mehrere Razzien der Polizei sorgten im Jahresverlauf für Aufsehen, etwa Anfang August, als Polizei, Zoll und Ordnungsamt mit einem Großaufgebot präventiv mehrere Shisha-Bars und Café-Betriebe in Oberhausen überprüften: 62 Personen wurden kontrolliert, der Zoll konfiszierte knapp 60 Kilogramm unversteuerten Tabak. In der Stadt weise derzeit zwar nichts auf feste Strukturen von Clan-Kriminalität oder Netzwerke organisierter Kriminalität hin, durch Kontrolldruck in den Nachbarstädten Duisburg und Essen könnten Clan-Kriminelle aber nach Oberhausen verdrängt werden, so die Fahnder, die darauf setzen, möglichst frühzeitig zu erkennen, ob sich kriminelle Strukturen bilden.
Ein besonders spektakuläres Ergebnis hatte in Oberhausen im September eine Durchsuchungsaktion gegen illegales Glückspiel: Nicht nur 115 Geldspielautomaten und Falschgeld wurden sichergestellt, im Bereich Grenzstraße entdeckten die Fahnder hinter einer doppelten Wand sogar einen Geheimraum mit illegalen Glücksspielgeräten.
Appell an die Bürgerinnen und Bürger
Trotz aller negativen Erfahrungen habe die Pandemie rückblickend auch positive Erkenntnisse mit sich gebracht, bilanziert Alexander Dierselhuis das Jahr 2020. Die Sicherheitsbehörden in Kommune und Land hätten ihre Zusammenarbeit intensiviert und würden nun "dieses Potential für die Zukunft nutzen". Der Polizeipräsident verbindet dieses Fazit mit einem klaren Aufruf: "Ich möchte in dieser zweiten Pandemie-Phase an alle Oberhausener Bürgerinnen und Bürger appellieren, sich an die Corona-Schutzverordnung sowie die erforderlichen Maßnahmen der Stadt zu halten, die angesichts der dramatischen Zahlen dringend befolgt werden müssen. Wir unterstützen die Stadt auch weiterhin bei der Einhaltung dieser Regeln."