Oberhausen. Wer im „Haus Gottesdank“ mit Senioren und Seniorinnen ins Gespräch kommt, erlebt statt Corona-Frust jede Menge Lebensfreude.

Isolierte Seniorinnen und Senioren, die coronabedingt schlechte Laune haben und tief frustriert sind? Ist das jetzt der Dauer-Alltag in den Senioreneinrichtungen in Oberhausen? Unsere Redaktion wagt den Test, macht sich auf den Weg zum „Haus Gottesdank“ an der Kirchhellener Straße und erlebt vor Ort etwas ganz Anderes.

Christel Windelschmidt und ihre Mitbewohner fühlen sich auch in Corona-Zeiten im „Haus Gottesdank“ wohl und sicher.
Christel Windelschmidt und ihre Mitbewohner fühlen sich auch in Corona-Zeiten im „Haus Gottesdank“ wohl und sicher. © FFS | Kerstin Bögeholz

„Uns geht’s sehr gut und wir versuchen, das Beste aus dieser Zeit zu machen“, sagt Christel Windelschmidt (86), Bewohnerin im „Haus Gottesdank“. Und dann zählt sie auf: Basteltreff, Gedächtnistraining, Quiz im Café und Kartoffelschälen fürs Mittagessen! „Ich habe jede Menge zu tun!“ Ganz ähnlich sehen das ihre Mitbewohner, die sich zu einem kleinen Klön-Treffen versammelt haben, natürlich mit Mund-Nasen-Schutz und Corona-Sicherheitsabstand. Leopold Kubullek ist 92 Jahre alt und bringt es auf den Punkt: „Wir werden hier sehr gut betreut. Die Politiker sollten nicht sich selbst, sondern allen Menschen in den Pflegeberufen einen Orden umhängen!“, ruft er aus. Und ergänzt: „Was die Betreuungs- und Pflegekräfte leisten, ist wirklich enorm.“ Genauso sieht es auch Adelheid Terhorst (87), die sich zusammen mit ihren Mitbewohnern an diesem Mittag aufs nachmittägliche Martinsfest freut.

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„Wir haben versucht, trotz Corona unser Programm für die Seniorinnen und Senioren so weit wie möglich und erlaubt aufrecht zu erhalten“, unterstreicht Haus-Gottesdank-Geschäftsführerin Martina Herrmann. So werden große Gruppen für die sozialen Treffen passgenau in kleinere Gruppen aufgeteilt, um die Kontaktzahlen zu begrenzen. Ähnliches gilt für die Essenszeiten. Das erfordert dann zwar mehr Mitarbeiter in der Betreuung oder auch längere Arbeitszeiten, wird aber vom Team in diesen besonderen Corona-Monaten so gut es geht geleistet.

Lange Historie seit 1948

„Haus Gottesdank“ blickt auf eine lange Historie zurück, die bis ins Jahr 1948 reicht.

Käte Kolkmann und ihre Mitstreiterinnen aus den Reihen der evangelischen Frauenhilfe schufen in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg mit „Haus Gottesdank“ neuen Wohnraum für Heimatvertriebene, Wohnungslose und Flüchtlinge.

Die Grundsteinlegung erfolgte am 3. Oktober 1948.

Das Leben in einer Senioreneinrichtung unter Pandemie-Bedingungen – das ist eine echte Herausforderung! 80 Bewohner hat zum Beispiel „Haus Gottesdank“, im Schnitt sind die 85 Jahre alt, der Älteste ist 101! Wenn es hoffentlich schon bald einen Impfstoff gibt, sind sie alle und das gesamte Mitarbeiterteam als Erste dabei und werden geimpft. Bis dahin gelten strikt die Corona-Regeln. Wer „Haus Gottesdank“ betritt, wird durchgecheckt: Hände desinfizieren, Temperaturmessung, Formular ausfüllen – all das ist längst gewohnter Alltag. „Wir nehmen die Lage weiterhin sehr ernst und beachten die Schutzregeln genau, haben aber mittlerweile eine gewisse Gelassenheit entwickelt“, sagt Martina Herrmann.

Die Bewohner befragt

Der Leiter der sozialen Betreuung, Daniel Platt, weist auf jüngste Ergebnisse der regelmäßigen Bewohnerbefragung hin, die anonym durchgeführt wird: Die Bewohnerinnen und Bewohner fühlen sich demnach – trotz Corona-Krise – wohl und in der vollstationären Pflege gut versorgt! So haben sie es jedenfalls in den Antworten notiert.

Für Pflegedienstleiterin Annegret Verhey und ihr Team ist das Ansporn, nun auch noch die hoffentlich letzte Phase der Corona-Pandemie gut zu bewältigen. „Ich hoffe, dass diese Pandemie einen nachhaltigen Effekt hat und dass sich die Wertschätzung und die tarifliche Entlohnung für die Pflegeberufe deutlich verbessern“, erklärt Geschäftsführerin Martina Herrmann. Sie hat unterdessen eine wunderbare Wortkombination erfunden, um die aktuelle Lage ziemlich treffend zu beschreiben: Man habe eine „Gewohnheitsnormalität“ entwickelt. Ja, nach acht Monaten Corona kennt man sich hier in Sachen Krise bestens aus.