Oberhausen. „Nicht nur Alkohol“ konzipierten die Sammler Horst Otto und Bruno Zbick als zweiten Teil ihrer Erfolgsausstellung mit historischen Postkarten.

Den Sammlern der Ansichten aus Zeiten einer blühenden Gastronomie und reichen Vereinslebens ergeht’s leider nicht besser als den Wirten selbst: Zum zweiten Mal trifft Horst Otto und Bruno Zbick nun der Lockdown genau in jenem Moment, als sie den Erfolg ihrer Ausstellung historischer Postkarten aus dem Vorjahr ausbauen wollten. Im weiträumigen Foyer des NH Hotels an der Düppelstraße war ein feiner Ausstellungsort gefunden.

Stattdessen erscheint nun zum vorgesehenen Eröffnungstermin am 3. November der handliche 32-Seiten-Katalog im doppelten Postkartenformat auf Hochglanzpapier – und ist in dieser schmucken Ausstattung weit mehr als ein Trösterchen. Horst Otto sammelt bereits seit über 40 Jahren Oberhausener Motive; Bruno Zbick schürft seit gut zehn Jahren nach mindestens 80-jährigen Postkarten, aber auch nach Konzert- und Festprogrammen. Denn der Vorsitzende des Künstlerfördervereins sieht in den Gaststätten und ihren Festsälen vor allem „Träger des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens“, wie es im Untertitel zu ihrer zweiten Publikation heißt.

Ein markanter Solitär überragt seine noch dörfliche Umgebung: das „Katholische Gesellenhaus“ in Sterkrade.
Ein markanter Solitär überragt seine noch dörfliche Umgebung: das „Katholische Gesellenhaus“ in Sterkrade. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Der Titel klingt fast wie eine Ermahnung dieser Tage: „Nicht nur Alkohol“. Schließlich gibt’s 2020 einen hundertjährigen Jubilar, der für die enge Verquickung von Gastronomie und Kultur steht wie kein anderer: Denn das Theater Oberhausen entstand aus dem Saal der Gaststätte „Wilhelmshöhe“. Dieser Bühnenraum ist die eigentliche Konstante der hundert bewegten Jahre: Der Straßenname mag mehrmals gewechselt haben, die Adresse nicht.

Im kühlen Chic der neuen Sachlichkeit

Es war die „Oberhausener Bürgergesellschaft“, die den Saal übernommen hatte und so die Theateridee bei der Stadtverwaltung bewarb. 524 Sitzplätze hatte das Schauspiel-/Gasthaus beim Start – mehr als heute. Im kühlen Chic der neuen Sachlichkeit präsentierte sich 1925 die Theater-Zeitschrift „Die Brücke“, von Bruno Zbick zu diesem Thema ausgewählt.

Konsequent gestalten die beiden Sammler ihre ausgewählten Bilderschätze – 68 an der Zahl – jeweils als Dreiklang: aus Außenansicht, oft liebevoll koloriert, dazu ein Blick ins Innere, ob mit Bühne oder Billardraum, und schließlich ein oft prächtig gedrucktes Programm, das vom Vereinsleben aus Kaiserzeit und Weimarer Republik erzählt. Bruno Zbick deutet auf eine Karte vom „Bürgerhaus Alstaden“, nennt ihn voller Anerkennung „DEN Konzertsaal“ des Stadtteils – und hat natürlich das passende Schmuckblatt eines Liederabends gefunden, an dem gleich vier Männergesangsvereine dort auftraten.

Selbst die Bühnenkulissen im Hintergrund sind prächtig ausgemalt: der große Saal des Bürgerhauses Alstaden.
Selbst die Bühnenkulissen im Hintergrund sind prächtig ausgemalt: der große Saal des Bürgerhauses Alstaden. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Horst Otto schätzt, dass von den über 30 in „Nicht nur Alkohol“ vorgestellten Häusern „acht oder neun“ es bis in die Gegenwart geschafft haben. Andere haben ihre Aura weitgehend eingebüßt: Man betrachte nur den „Wartesaal II. Klasse“ im Hauptbahnhof auf einer 80 Jahre alten Postkarte, die Tische formvollendet eingedeckt.

Mondäne Restauration statt Imbiss für Eilige

Auch gegenüber, im einstigen Hotel Ruhrland, gibt’s heute nur noch Imbisse für Eilige. Die Bilder der 1930er zeigen eine mondäne Restauration, die Einladungskarte daneben bittet zum „Kostümfest“.

Das NH-Hotel böte so gesehen ein ideales Ambiente für diese Rückschau auf gastfreundliche Orte wie „Lipperhaidenbaum“ oder „Konzerthaus Reichert“. Auch Katja Weiß, die NH-Managerin, hätte nach einem ersten Ausstellungserfolg in ihrem Haus gerne zur nächsten Eröffnung eingeladen: „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.“ Die beiden Sammler, bestätigt Bruno Zbick, „können die Ausstellung in einem halben Tag aufbauen“.

Verordnung erlaubt Weiterbildung, aber nicht Kultur

Für ihre beiden Ausstellungsprojekte kooperieren Horst Otto und Bruno Zbick mit der Volkshochschule. Und die darf laut aktueller Coronaschutzverordnung des Landes ihren Betrieb weiterführen – allerdings mit der Betonung auf „berufsbezogene Aus- und Weiterbildungsangebote sowie Angebote, die der Integration dienen“. Andere Bildungsangebote sind bis zum 30. November untersagt.

„Unzulässig“ ist laut der am Freitag veröffentlichten Verordnung der Betrieb von Museen, Kunstausstellungen, Galerien und Gedenkstätten. Immerhin: Das Begleitheft zur vorerst abgesagten Ausstellung „Nicht nur Alkohol“ soll pünktlich vom 3. November an bei VHS und NH-Hotel ausliegen.