Oberhausen. Eine nicht auf den Autoverkehr fixierte Stadt sollte anders aussehen. Wie – darüber informiert „Oberhausen sattelt um“ vor dem Hauptbahnhof.
Sie sind eine bunte Truppe, die Mitglieder des Aktionsbündnisses „Oberhausen sattelt um“. Grüne sind darunter, Umweltschützer, Linke, aber auch Parents for Future (Elterngeneration der Klimaschützer) und natürlich der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC), außerdem viele Unabhängige. In einer Sache sind sich alle einig: Sie wollen das Fahrradfahren populärer machen. Vor dem Hauptbahnhof zeigten sie, wie Oberhausen aussehen könnte, wenn Stadtplanung nicht vorrangig aufs Auto fixiert bliebe.
„Die Stadt der Zukunft hat mehr zu bieten“, sagt Cornelia Schiemanowski, Vorsitzende vom Bund Umwelt und Naturschutz (BUND). Jörg Briese, einer von den unabhängigen Fahrradfreunden, meint: „Statt der Parkbuchten vor den Geschäften am Willy-Brandt-Platz könnte dieser Raum auch für eine Außengastronomie genutzt werden.“
Auch die Teilnehmer der Aktion hatten gleich mehrere dieser Parkplätze für sich genutzt, Stehtische standen darauf und Sitzgelegenheiten. Eine Wäscheleine war aufgespannt. Daran hingen Farbfotos. Heike Hansen, frisch gewählte Stadtverordnete der Linken Liste, erläuterte, was darauf zu sehen war.
Niederlande und Dänemark als Vorbilder
Zum Beispiel dies: In Maastricht in den Niederlanden wurde auf einer vormals offenbar vierspurigen Straße mit Mittelstreifen die eine Hälfte für Radfahrer reserviert. Oder: In Kopenhagen sind Radfahrstreifen so breit angelegt, dass darauf auch zwei Radfahrer nebeneinander fahren können. Hansen ärgert es, dass derartige Überlegungen für die Bebelstraße in Lirich bis heute nicht umgesetzt wurden. „Dass Radfahrer an Kreuzungen wesentlich längere Wartezeiten haben als Autofahrer, das gibt es in Kopenhagen nicht“, sagte sie. Oder dass angebliche Vorrangschaltungen wie vor dem Amtsgericht nicht einmal funktionieren.
In Eindhoven in den Niederlanden würden Fahrradtrassen so geplant wie bei uns Autostraßen, mit Brücken und Unterführungen, betonte Hansen. Eines der Fotos an der Wäscheleine zeigte, wie eine offenbar stark befahrene Autokreuzung mit einem Brückenbauwerk für Radfahrer überspannt wurde.
Fahrradparkhäuser über und unter der Erde
Die Fotos stammen von Fahrradreisen, die Jörg Briese unternommen hat. Er gibt sich nicht der Illusion hin, dass massenhafter Fahrradverkehr, wie wir ihn noch nicht kennen, völlig problemlos ist. „In Utrecht hat man auf einen völlig mit Fahrrädern zugestellten Bahnhofsplatz mit dem Bau eines dreigeschossigen Fahrradparkhauses reagiert“, erklärte er. Die Benutzung sei kostenlos.
In Maastricht sei eine Fahrradtiefgarage gebaut worden. Außerdem müsse man dort und in Kopenhagen sehr konzentriert Fahrrad fahren, weil der Verkehr sehr dicht sei. Dafür gebe es aber Anzeigen, wie schnell man radeln müsse, um die „grüne Welle“ einzuhalten.
Von all dem sei man in Oberhausen noch weit entfernt. „Die Fahrradmitnahme ist im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr nicht kostenfrei“, kritisiert Briese. Und Stefanie de Saint Genois, die ebenfalls viel mit dem Rad unterwegs ist, stieß sauer auf, dass die gerade erneuerte Buschhausener Straße einen Fahrradstreifen nur in Mindestbreite erhalten hat. „Darauf kann man nicht mal überholen“, ärgerte sie sich.
Radverkehr und Klimaschutz
Cornelia Schiemanowski vom BUND verteilte am Freitag eine Broschüre mit Fakten zum Thema Verkehr. Danach stoßen ein Flugzeug 211 Gramm Treibhausgas pro Person und Kilometer aus, ein Auto noch 142, ein Linienbus nur 76, ein ICE 41, ein Fahrrad aber natürlich kein einziges Gramm.
Der Anteil des Radverkehrs lag in Deutschland 2017 gerade einmal bei elf Prozent, in den Niederlanden dagegen bereits bei 31 Prozent.
In Berlin stehen nur drei Prozent der Straßenflächen für Radfahrer zur Verfügung, fast 20 Mal so viel dagegen für den Autoverkehr. Dabei werden in der Bundeshauptstadt bereits 15 Prozent der Entfernungen per Fahrrad zurückgelegt, nur noch ein Drittel per Auto.