Oberhausen. Die Kommunalwahl 2020 zeigt in mehreren Punkten, wie polarisiert die Stadtgesellschaft in Oberhausen bereits ist. Eine Wahlanalyse.
In ihrer 88-seitigen Analyse der Rats- und Oberbürgermeister-Wahl am 13. September 2020 haben die Statistiker der Stadt Oberhausen die auffälligsten Wählerentscheidungen am Wahlsonntag hervorgehoben. Am Wahlsonntag kreierten die Wähler zahlreiche neue stadtgeschichtliche Rekorde.
So sind erstmals mit acht Parteien/Wählergemeinschaften und 58 Ratssitzen so viele Gruppen im Stadtrat vertreten wie noch nie zuvor. Erstmals gelangte die AfD in den Stadtrat mit vier Ratssitzen. Die CDU errang erstmals 16 Direktmandate (plus zehn), die SPD nur 13.
Starke Unterschiede bei der Wahlbeteiligung
Die Wahlbeteiligung von 41,9 Prozent (2014: 42,8) bedeutet die niedrigste Wahlbeteiligung von allen Ratswahlen seit 1948: Exakt 92.684 von rund 160.000 wahlberechtigten Oberhausenern verzichteten auf den Gang zur Wahlurne. Die wenigsten aktiven Wähler leben im Alt-Oberhausener Innenstadtbereich in Lirich-Süd (30,5 Prozent), Stadtmitte-Nord (34,0), Stadtmitte-Süd (29,7) und Brücktor (33,9) sowie in Osterfeld-Mitte (33,1). In ganz NRW gingen 51,9 Prozent zur Wahl.
Die Wahlbeteiligung spiegelt wider, wie sozial gespalten in Teilen die Stadt ist: Denn je höher Bildung und Einkommen in einem Stadtteil, desto höher ist auch die Wahlbeteiligung.
Innerhalb Oberhausens ist die Wahlbeteiligung stark gestreut: Der Unterschied zwischen der niedrigsten (Stadtmitte-Süd: 29,7 Prozent) und der höchsten Wahlbeteiligung (Sterkrade-Nord: 56,8 Prozent) beträgt 27,1 Prozentpunkte. Dieser Unterschied in ähnlicher Größenordnung war im Übrigen bereits bei der Wahlbeteiligung der Ratswahl von 2014 zu beobachten.
Und tatsächlich: Im Oberhausener Sozialstrukturatlas sind anhand verschiedener Kennzahlen (Hartz-IV-Empfänger, Kinder in armen Familien, Zuwanderer, Alleinerziehende) diejenigen Stadtteile identifiziert, in denen sehr viele unterstützungsbedürftige Oberhausener auf engem Raum leben: Lirich-Süd, Innenstadt, Brücktorviertel, Marienviertel-Ost – Wahlbezirke mit niedriger Wahlbeteiligung.
AfD besser als im NRW-Schnitt
Die AfD wiederum kann gerade in den sozial schwierigen Stadtvierteln punkten: Ihren höchsten Stimmenanteil erreicht sie in Lirich-Nord mit 14,5 Prozent, in Lirich-Süd (10,8 Prozent) und in Borbeck (10,1). Die wenigsten Stimmen erhält die AfD im gut situierten Königshardt mit 4,1 Prozent. Das ist ein Unterschied von 10,4 Prozent. Ihr Stadtergebnis von 7,6 Prozent liegt 2,6 Prozentpunkte höher als im NRW-Schnitt (5,0). Mehr Stimmen als in Oberhausen erreicht die AfD im Ruhrgebiet nur noch in Herne (8,5 Prozent), Duisburg (9,3), Hagen (9,3), Gladbeck (9,7) und Gelsenkirchen (12,9).
SPD holt siebtbestes Ergebnis unter den NRW-Großstädten
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Schaut man sich die überdurchschnittlichen Verluste der Parteien in den einzelnen Wahlbezirken an, erkennt man, wo die großen Parteien handeln müssen. Im gesamten Stadtgebiet hat die SPD 7,2 Prozent verloren und mit 31,7 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit mehr als 50 Jahren eingefahren. Liegt aber immer noch 7,4 Prozentpunkte über dem NRW-Schnitt ihrer Partei. In Vennepoth, Klosterhardt-Süd, Schmachtendorf, Borbeck und Weierheide büßten die Sozialdemokraten aber sogar zweistellige Prozentpunkte (über 10,0 Prozent) ein. In ganz NRW ist das Ergebnis der Oberhausener SPD allerdings das siebtbeste unter den Großstädten, liegt jedoch deutlich hinter Herne (44,1 Prozent).
Ein Drittel der Wähler für die CDU
Die CDU wiederum hat im gesamten Stadtgebiet ein relativ stabiles Ergebnis mit einem kleinen Minus von 0,2 Prozentpunkten in Höhe von 32,8 Prozent geholt (1,5 Prozentpunkte unter dem NRW-Schnitt der Partei). In ganz NRW verlor die Partei mit 3,2 Prozentpunkten deutlich mehr. Betrachtet man die vergangenen Wahlen, hat die CDU mit 30 bis 33 Prozent eine stabile Kernwählerschaft in Oberhausen. Verluste enttäuschter Ex-CDU-Wähler an andere Parteien kann die Partei offenbar ausgleichen, die SPD den Weggang ihrer früheren Anhänger nicht. Überdurchschnittlich verliert die CDU in Styrum (minus vier Prozent), Alstaden-Ost (-3,9) und Sterkrade-Mitte-Nord (-3,6 Prozent).
Grüne erzielen in Sterkrade fast 20 Prozent
Die Grünen schafften mit 14,4 Prozent ihr bestes Wahlergebnis bei einer Kommunalwahl in Oberhausen (plus 5,9 Prozent im Vergleich zu 2014). Bei der Europawahl im Mai 2019 konnten sie aber stadtweit 18,7 Prozent der Oberhausener Wähler überzeugen.
Bei der Ratswahl 2020 gewannen die Grünen in allen 29 Wahlbezirken hinzu – am meisten in den Wahlbezirken Sterkrader Heide und Schmachtendorf mit über neun Prozent. Sie erreichten ihr höchstes Ergebnis in Sterkrade-Nord mit 19,8 Prozent und das niedrigste in Lirich-Süd mit 9,4 Prozent.