Oberhausen. Die SPD hat in Oberhausens Wahlbezirk Vennepoth massiv Wähler und ihr Direktmandat verloren. Warum das Problem dafür vermutlich in Berlin sitzt.
Die SPD ist der große Verlierer bei der Kommunalwahl in Oberhausen – daran ändert die Stichwahl zum Oberbürgermeister nichts. Zu groß sind die Stimmverluste der Sozialdemokraten in allen Wahlbezirken der Stadt.
In Vennepoth haben sich die Wähler am häufigsten anders entschieden: Hier büßt die SPD mit 12,5 Prozent stadtweit besonders heftig im Vergleich zur Wahl 2014 ein. Wieso strafen die Wähler dort die Sozialdemokraten so eklatant ab?
Denn auf den ersten Blick ist Vennepoth fast malerisch: Die Hecken sind kurz getrimmt, die Mülleimer oft leer und die Straßen sauber. Ein Brennpunkt ist der Wahlbezirk nahe Essen und Mülheim weiß Gott nicht.
Einen Tag nach der Wahl geht hier alles seinen gewohnten Gang und an einer Ecke laden zwei Frauen Kartons in ihren Transporter. Gewählt, sagen sie, haben sie auch.
„Vennepoth ist lebenswert“: Davon profitieren nur andere – die SPD verliert
„Vennepoth hat eine tolle Nachbarschaft und ist grün. Ich lebe gerne hier“, sagt Jutta Rösemeier (67). Im benachbarten Hexbachtal sei sie oft unterwegs und spaziert mit ihrem Hund an der Grenze zu Essen und Mülheim. Nette Nachbarn, Natur, Ruhe: das klingt zufrieden. Wieso die Vennepother die SPD schmähen, kann sie nur raten.
„Für mich ist nicht immer die Politik schuld – die Menschen sollten sich erstmal an die eigene Nase fassen.“ Ihre Tochter Susanne, 45, lädt weiter Kisten ein und hört aufmerksam zu. Die Grenze zwischen der SPD und der CDU sei für sie verwaschen. „Ich denke, vielen Leuten ist es egal, wo sie ihr Kreuz machen.“
Bei der Kommunalwahl 2014 steht die SPD jedenfalls in der Gunst der Wähler von Vennepoth weit oben: SPD-Bezirksbürgermeisterin Dorothee Radtke setzt mit 44,86 Prozent der Stimmen die zweitbeste Marke für Oberhausen.
Stadtbericht zur Wahl: „Die SPD verliert überall deutlich“
Ernüchterung für die Sozialdemokraten allenthalben: Der „Wahlkater“ wird sicher noch einige Zeit Kopfschmerzen bereiten, die Wahlergebnisse zeigen es: Die SPD verliert bei der Kommunalwahl 2020 deutlich in allen 29 Gemeindewahlbezirken. Nur im Wahlbezirk Sterkrade Mitte-Nord verliert die SPD mit minus 2,4 Prozent gering.
Insgesamt büßen die Sozialdemokraten in drei Stadtbezirken sogar durchschnittlich 7,2 Prozent der Stimmen ein. Die Differenz zwischen dem Wahlbezirk mit dem höchsten SPD-Stimmen-Anteil in Alstaden-Nord (35,9 Prozent) und dem niedrigsten in Stadtmitte-Süd mit 25,6 Prozent beträgt 10,3 Prozentpunkte.
Ihr Nachfolger Jörn Derißen verliert jetzt, sechs Jahre später, sogar das Rennen ums Direktmandat gegen CDU-Kandidat Werner Nakot knapp.
Von alldem ist in Vennepoth am Montagmittag nirgendwo die Rede: Auf der Straße ist es so ruhig, man könnte meinen, es wäre der Sonntagabend. Eine einsame 72-jährige Passantin geht zielgerichtet über die gleichnamige Vennepoth-Straße.
SPD-Stammland: Zurück bleibt nur verbrannte Erde
Sie bezeichnet sich selbst als unpolitisch, gewählt hat sie am Sonntag trotzdem. Zur SPD fällt ihr wenig ein, was Oberhausens Sozialdemokraten Hoffnung macht. „Solange die Gesamtsituation im Bund so ist, wie sie ist, wird die SPD verlieren.“ Heißt: Scheitern Scholz und Co., stolpert die Basis auch.
Jan van Acker, 82 und Rentner, urteilt ähnlich. Während er Tulpen pflanzt, erzählt er, dass er extra für die Wahl aus dem Urlaub nach Hause gefahren sei. Als Belgier ist er bei der Kommunalwahl stimmberechtigt, diese Chance wollte er unbedingt wahrnehmen.
Vor sechseinhalb Jahren zog er aus Mülheim nach Vennepoth und sei hier glücklich. „Die SPD hat sich verändert“, sagt er. Und er sei zudem ein „Merkel-Mann“. Die Wahlschlappe im Vennepoth zeigt allerdings: Die Spitzenposition der SPD wackelt und sie fällt – im kleinen Vennepoth wie im großen Oberhausen.