Oberhausen. Die Corona-Zwangspause im Oberhausener Ebertbad ist vorbei: Im Kleinkunsttheater startete Ingo Appelt den Comedy-Motor – mit vorsichtigen Fans.

Humor ist, wenn man trotzdem lacht. „Wir und die Prostituierten dürfen als Letzte raus“, bemerkte Ingo Appelt gleich zu Anfang auf der Oberhausener Kleinkunst-Bühne. Sein Auftritt war die Premiere für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs im Ebertbad. Erstmalig nach fast sechs Monaten Zwangspause trat wieder ein Künstler dort live vor Publikum auf. Der Komödiant beglückte seine auf die Hälfte des Fassungsvermögens der ehemaligen Badeanstalt reduzierte Fangemeinde mit dem eigentlich für April dieses Jahres geplanten Programm „Der Staats-Trainer“.

Hajo Sommers begrüßt die Gäste persönlich

„Macht das Beste draus“, begrüßte Ebertbad-Chef Hajo Sommers die Gäste zehn Minuten vor Beginn der Vorstellung und wies darauf hin, dass es sich um einen Versuch handele. „Wir wissen nicht, ob alles funktioniert.“ Mit 420 Karten war Appelt eigentlich ausverkauft, 260 Zuschauer waren nun bei der ersten Runde dabei, eine zweite ist für November geplant. Ingo trägt’s mit Fassung: „Woanders muss ich zwanzigmal spielen, um die Gage reinzuholen!“

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Corona bedingt habe er sein Programm umbenannt in „Betreutes Hassen mit Ingo Appelt“. Den Hass einmal raus zu lassen, forderte er denn auch gleich die Zuschauer auf, gewissermaßen als Warm up: „Ich komm’ noch mal rein, sage ‘Hallo Oberhausen. Ihr: Hallo Ingo! Ich: Wie ist die Stimmung? Ihr: Scheiße!“

Corona-Regeln für den Spielbetrieb

Es funktionierte und los ging’s mit dem Appelt-typischen Brachialgewitter des Mannes, der wie kaum ein anderer Beatbox-mäßig das Moped kann, „das du im Frühjahr wieder aus der Garage holst“.

Das Ebertbad hat das Corona-Hygienekonzept am Appelt-Abend erstmalig umgesetzt.
Das Ebertbad hat das Corona-Hygienekonzept am Appelt-Abend erstmalig umgesetzt. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Doch ist es möglich, trotz Einhaltens aller vorgeschriebenen Corona-Regeln für den Spielbetrieb wirklich eine Comedy-würdige Atmosphäre zu schaffen? Der Beginn lässt Zweifel aufkommen – die sich nachher zerstreuen. Wie gewohnt trudeln die ersten Gäste etwa eine Stunde vor dem Start ein. Der Ebertplatz präsentiert sich als Freiluft-Theke. Vor dem dort aufgestellten Bierwagen sind Laufwege und Abstände deutlich markiert. In Zweierreihen geht’s an einer aus Pailletten gebauten Wand entlang zum frisch Gezapften oder zum erfrischenden Schluck aus der Pulle. Mundschutzpflicht herrscht in der Warteschlange, ebenso wie beim Eintritt in den Saal, Desinfektionsmittelspender säumen den Weg.

Dafür wird jeder einzelne Besucher persönlich von Hajo Sommers willkommen geheißen, der manch bange Frage, ob es denn erlaubt sei, das Glas mit hinein zu nehmen mit „Ja, selbstverständlich“ beantwortet. Der Laufweg zum nummerierten Platz ist auf dem Boden eingezeichnet, das Ebertbad-Team hat ein Einbahnstraßen-System ausgearbeitet. Die Plätze, jeweils zwei gehören zusammen, sind entweder durch Abstände oder durch Tischchen, die zum Abstellen der Gläser dienen, getrennt. Am Sitzplatz darf der Besucher die Maske abnehmen. Wie soll er auch sonst am Bierchen nippen?

Kein Spielverderber sein

Auffällig ist, wie vorsichtig alle den Saal betreten. Man will ja kein Spielverderber sein, alles richtig machen. Auf jedem Stuhl liegen Zettel und Kugelschreiber. Nicht nur Name, Adresse und Telefonnummer gilt es einzutragen, sondern auch zu versichern, dass man keines der Corona-verdächtigen Symptome aufweist: Husten, Fieber, Schnupfen, Halsschmerzen, allgemeine Schwäche, Durchfall, Geruchs- oder Geschmacksstörungen. Die Formulare werden vier Wochen aufbewahrt, dann vernichtet. Der Veranstalter, so wird versichert, gibt die Daten nicht an Dritte weiter und benutzt sie auch nicht für Werbezwecke.

Garderobe ist geschlossen

Die Garderobe ist geschlossen, weil sich dort ein Gedrängel nicht vermeiden ließe, wie Hajo Sommers erklärte. Das gilt auch für die Theke. Schade für die Veranstalter, denn Konsumverzicht der Gäste schmälert das ohnehin schon auf Kante genähte Konzept. Motto: „Hoffentlich kommen wir hier ohne Verluste raus!“

Versuchsphase

Der Spielbetrieb im Ebertbad läuft zunächst als Versuchsphase. Zwei Monate lang wird geprobt, dann wird entschieden, ob sich der Einsatz lohnt.

Die Künstler, deren Auftritte dem Lockdown zum Opfer gefallen sind, treten vor halbierter Zuschauerzahl doch noch auf. Viele von ihnen an zwei verschiedenen Terminen. Das verursacht enorme Planungsprobleme. Das Eberbad-Team ist jedoch fest entschlossen, die Probezeit durchzustehen. Seine Fans sind es ganz offensichtlich auch.

Appelts betreutes Lachen, das sich an temporeich servierter Comedy-Kost entzündet, findet trotz Anlaufschwierigkeiten im Saal Anklang. Der Funke springt über, die Stimmung steigt. Spätestens als er Altkanzler Kohl ohne Worte imitiert, fließen Lachtränen.

Nach einer Stunde hat man vergessen, dass es Corona-Regeln gibt. Auch Ingo selbst gibt sich überrascht, dass es jetzt schon in die Pause geht: „Ich laber und laber, da seht ihr mal, was mir fehlt!“