Oberhausen. Hobby- und Profi-Fotografen haben beim Wettbewerb „Heimat“ der Ludwiggalerie Oberhausen überzeugt. Seltene Motive zwischen Schönheit und Verfall.

Viele Emotionen, die ein Foto erzeugt, liegen im Auge des Betrachters. Bei den meisten der 66 Einsendungen des Oberhausener Fotowettbewerbes „Heimat“ gab es nun ganz bewusst zwei Blickwinkel. Die persönliche Definition von Heimat machte den Reiz der gesamten Schau aus.

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Hobby- und Profifotografen ab 16 Jahren konnten sich bei der Auswahl der Ludwiggalerie in Oberhausen beteiligen. Die fachkundige Jury lobte die Vielfalt und Bildsprache vieler Werke. Die große Ausstellung „Rudolf Holtappel – Die Zukunft hat schon begonnen“ bildete den passenden Rahmen.

Identitätsstiftendes Motiv aus dem Ruhrgebiet

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: Achim Kubiak konnte sich mit „Sehnsüchte“ auf dem dritten Rang platzieren.
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: Achim Kubiak konnte sich mit „Sehnsüchte“ auf dem dritten Rang platzieren. © Handout | Ludwiggalerie

Und nach Sehnsüchten musste man nicht lange suchen. Achim Kubiak belegt mit genau diesem Titel einen guten dritten Platz. Der 64-Jährige rückte das Ruhrgebiet in ein besonders Bild – bereits vor knapp neun Jahren entstand seine Fotografie.

„Kubiak vereint in seiner Fotografie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und überzeugt die Jury inhaltlich und bildnerisch“, heißt es in der Begründung.

Idyllisch, aber nicht kitschig, gelinge es Kubiak, eine nicht greifbare Sehnsucht zu visualisieren. „Der Bergbau war identitätsstiftend für das Ruhrgebiet und prägt die Sichtweise auf die Region auch heute noch.“

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Das Motiv fand der Fotograf gleich in der Umgebung. Kubiak fotografierte einen Bergmann in Rückenansicht in seiner Tracht mit Bergkittel, Schachthut und Federbusch. Er blickt auf das Fördergerüst der Zeche Prosper Haniel an der Stadtgrenze von Bottrop und Oberhausen. „Das Bild ist ein Symbol des Strukturwandels, denn 2018 ist mit der Zeche Prosper Haniel die letzte Zeche im Ruhrgebiet geschlossen worden. Bis heute bleibt es eine Aufgabe, wie die einstigen Flächen umgenutzt werden können.“

Verfallene Gebäude mit einer gewissen Ästhetik

„Heimat im Ruhrgebiet muss keinem romantisierten Ideal entsprechen“ – Sera Demiral (18) landete mit „Haarstudio Karin“ auf dem zweiten Platz.
„Heimat im Ruhrgebiet muss keinem romantisierten Ideal entsprechen“ – Sera Demiral (18) landete mit „Haarstudio Karin“ auf dem zweiten Platz. © Handout | Ludwiggalerie

Der zweite Platz setzte auf Kontraste. Die 18 Jahre junge Fotografin Sera Demiral schaffte es mit ihrer in diesem Jahr entstandenen Fotografie „Haarstudio Karin“ zum Vize-Titel. „Heimat im Ruhrgebiet muss keinem romantisierten Ideal entsprechen. Hier sind auch verfallene Gebäude einer gewissen Ästhetik würdig“, lobt die Jury.

Die Bildautorin hält in ihrer Serie „Where Scrufiness meets Nature“ Orte in ihrer Heimatstadt Duisburg fest. Der morbide Verfall spielt dabei eine besondere Rolle. „Die Symmetrie durch Fassade und Auto wird durch die Rollladen aufgebrochen und erzeugt Lebendigkeit. Die von Sonne angestrahlte Wand gibt dem Verfall eine gewisse Leuchtkraft.“ Ein ungeschminkter Blick, der nachhaltig wirke.

Emotionen zwischen Fotografin und Model

Siegerfotos bis zum 6. September zu sehen

Die besten Fotografien aus dem Fotowettbewerb „Heimat“ sind in der Oberhausener Ludwiggalerie zu sehen. Noch bis zum 6. September können sich Interessierte diese im Rahmen der Ausstellung „Rudolf Holtappel“ anschauen.

An den Wänden werden die besten 16 Werke platziert. Die restlichen der 66 eingesendeten Arbeiten laufen in der Ludwiggalerie wechselnd in einer Diashow auf einem Fernseher. Das Siegerfoto hat 250 Euro Preisgeld erhalten. Für Platz zwei gab es 150 Euro. Der Dritte konnte sich über immerhin 100 Euro freuen.

Ganz vorne im Wettbewerb landete schließlich Fotografin Denise Ogan. Die 40-Jährige lichtete im Stile des Fotografen Weegees ihre Nachbarin „Ruth“ ab. „Heimat ist mehr als nur ein schöner Ort, in dem wir leben oder aufgewachsen sind. Hochemotional, durchaus ambivalent und tief verwurzelt in unserer Seele. In diesem eindrücklichen Stimmungsbild wird diese Vielschichtigkeit auf den Punkt gebracht“, formuliert die Jury zum Siegerbild.

Und weiter: „Ruth nimmt uns mit und lässt uns unmittelbar an ihrem Heimatmoment teilhaben. Just do nothing (Einfach mal nichts tun) steht in übergroßen Lettern auf ihrem Shirt. Sich Zeit stehlen, den Stress verlassen, eine rauchen und mit der Nachbarin vor der Haustüre ein willkommenes Schwätzchen halten.“ Die höchst menschliche Begegnung zwischen Fotografin und Model brachte das Foto auf den ersten Rang.