Oberhausen. Unternehmen und Jugendliche finden wegen der Coronakrise schlechter zueinander, die Zahl der Lehrstellen sinkt. Doch es gibt auch große Chancen.
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben nicht nur den Arbeits-, sondern auch den Ausbildungsmarkt in Oberhausen hart getroffen. Unternehmen bieten deutlich weniger Ausbildungsplätze als vor der Krise an, wegen der Kontaktbeschränkungen konnten sich Berufsberater weniger um die Jugendlichen kümmern, Vorstellungsgespräche konnten nicht stattfinden, die Besetzung der freien Stellen läuft schleppend. Doch die Krise bietet auch Chancen.
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Bereits im Juni war die Zahl der freien Stellen laut Arbeitsagentur um mehr als sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen, im Juli betrug das Minus noch gut sechs Prozent. Besonders dramatisch von der Krise getroffen sind nach wie vor Hotels und Gaststätten. Die für die Branche zuständige Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) sorgt sich um die „Generation Corona“ des neuen Ausbildungsjahres. Gewerkschaftssekretär Adnan Kandemir appelliert an Betriebe, trotz der Krise auch weiter auszubilden und wenn nötig dafür staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Corona-Krise dürfe nicht zu einer Azubi-Krise werden.
Stadt appelliert an Betriebe
Einen dringenden Appell richten auch wichtige Oberhausener Akteure an Unternehmer und Jugendliche. In einer gemeinsamen Erklärung bitten Stadtverwaltung und Wirtschaftsförderung, Kreishandwerkerschaft, Deutscher Gewerkschaftsbund, Industrie- und Handelskammer sowie die Arbeitsagentur die Oberhausener Betriebe, verstärkt Ausbildungsplätze anzubieten. „Denn nur wer heute ausbildet, hat morgen Fachkräfte.“ Doch auch die Jugendlichen seien in der Pflicht, sich weiter aktiv um ihre Ausbildung zu kümmern statt die Suche nach einer Lehrstelle wegen der Corona-Krise erst einmal ruhen zu lassen.
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Gute Chancen haben Bewerber derzeit im Handwerk, davon zeugen gleich mehrere Aufrufe von Innungen und Kammern. So werben die Innungsbäcker an Rhein und Ruhr beispielsweise dafür, an Samstagen beim Bäcker des Vertrauens „einfach mal in das Handwerk rund ums Brot zu schnuppern“, sagt Tristan Förster von der Bäcker-Innung. Das helfe den Jugendlichen bei der Berufswahl und sicherlich auch den Betrieben, die in diesen Tagen besonders viel zu tun haben. Denn die Krise habe dazu geführt, dass wieder mehr Menschen auf den Handwerksbäcker setzen statt auf den Billiganbieter.
Start der Ausbildung verschieben
„Betriebe suchen händeringend nach Kontakt zu Schulabgängern“, heißt es auch vom für Oberhausen zuständigen Westdeutschen Handwerkskammertag mit Sitz in Düsseldorf. War die Coronakrise das beherrschende Thema der vergangenen Monate, rücke nun die Ausbildung wieder in den Mittelpunkt. Die Handwerkskammer spricht dieser Tage von „besten Chancen auf eine Ausbildungsstelle. „Ungewöhnlich viele Ausbildungsplätze des bodenständigen und krisenfesten Wirtschaftssektors sind derzeit noch auf dem Markt“, wirbt Christian Henke, Bildungsgeschäftsführer der Kammer.
Prämien für zusätzliche Lehrstellen
Die Handwerkskammer hat eine Hotline zum Thema Ausbildung eingerichtet, Jugendliche erreichen sie unter 0211-87 95 607 oder -603. Auch über WhatsApp ist eine Beratung möglich: Unter 01575-64 26 795 können Fragen auch anonym gestellt werden (Internet: handwerk-lehrstelle.de).
Die Agentur für Arbeit erreichen die Jugendlichen unter 0208-85 06 112, Arbeitgeber können sich an die Hotline 0800-45 55 520 wenden, die Anrufe sind jeweils kostenfrei.
Unterstützung bekommen Arbeitgeber unter anderem auch über das Konjunktur-Paket des Bundes, das auch einen Schutzschirm für Auszubildende enthält. Demnach erhalten kleine und mittlere Betriebe, die ihr Lehrstellenangebot im Vergleich zu den drei Vorjahren nicht verringern, eine einmalige Prämie in Höhe von 2000 Euro. Unternehmen, die mehr Plätze anbieten, erhalten für jeden zusätzlichen Ausbildungsvertrag 3000 Euro.
Üblicherweise beginnen Ausbildungen zum 1. August oder zum 1. September. Im Corona-Jahr 2020 sei das aber „nicht in Stein gemeißelt“, sagt Christiane Artz, Geschäftsführerin der Oberhausener Arbeitsagentur. Der Ausbildungsmarkt hinkt bei der Besetzung von freien Lehrstellen rund acht Wochen hinterher. Für Bewerbungen sei es daher nicht zu spät, die Ausbildungen könnten auch im Oktober oder November noch beginnen.
Weil die Berater seit März weder in Schulen noch bei Ausbildungsmessen über Lehrstellen und Berufe informieren konnten, geht man bei der Arbeitsagentur nun einen neuen Weg: In einem Video auf der Plattform Youtube erläutern zwei Berufsberater, welche Chancen der Ausbildungsmarkt trotz Corona bietet. Sie geben Tipps, wie man auch in Krisenzeiten den Wunschausbildungsplatz bekommen kann.