Oberhausen. Die Stadt Oberhausen mahnt, die Corona-Maßnahmen einzuhalten. Doch wie funktioniert ein Abend auf Oberhausens größter Ausgehmeile? Ein Ortsbesuch.

Auf den Tellern dampft es noch. Und in der Küche steht schon die nächste Fuhre. Kellner tragen Nudeln und Burger aus den Restaurants an der Centro-Promenade ans Ufer des kleinen Kanals. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Es herrscht gerade „Rush Hour“ für den Speisetransport – wie fast an jedem Freitagabend im Sommer. Beinah alle Außenplätze sind belegt. An manchen Tischbeinen stehen noch die Einkaufstüten.

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Doch alles bleibt anders. Die Kellner prusten unter dem Mund-Nase-Schutz. Und die beiden jungen Frauen, die sich zum Mädelsabend verabredet haben, sind in eine Lektüre vertieft. Die Speisekarte ist es nicht. Namen und Anschrift ergänzen sie gerade im vorgeschriebenen Corona-Formular. „Etwas nervig, aber man gewöhnt sich an alles.“ Sie tragen es mit Fassung.

Gesundheitsamt beunruhigt über Corona-Zahlen

Deutlich weniger entspannte Stimmen vernahm man zuletzt aus dem Oberhausener Gesundheitsamt. Ende Juni lebten in Oberhausen nur neun amtlich festgestellte Corona-Infizierte, zuletzt stieg die Zahl um mehr als das Fünffache an.

Nah am Wasser gebaut: Der Centro Beach darf seine Besucher nicht auf die Tanzfläche schicken. Stattdessen gibt es feste Sitzplätze.
Nah am Wasser gebaut: Der Centro Beach darf seine Besucher nicht auf die Tanzfläche schicken. Stattdessen gibt es feste Sitzplätze. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Der Leiter der Behörde erklärt sich diese negative Wende vor allem damit, dass ein Teil der Menschen trotz weiterhin herrschender Corona-Pandemie zu unvorsichtig geworden sei. In einem konkreten Fall rückten nicht weiter benannte Gaststätten aus dem Stadtgebiet in den Fokus, in denen es massiv am Hygiene-Konzept haperte.

Und wie funktioniert ein Ausgeh-Abend an Oberhausens größter Ausgehmeile? An der Promenade haben einige Lokale improvisiert. Vereinzelt sind Tische vom abgegrenzten Biergarten vor dem Restaurant hinter die durchsichtige Trennscheibe davor verlagert worden.

Dadurch soll der Abstand vergrößert werden und das Plexiglas die Besucher trennen. Jeder Sitzplatz ist wichtig. Durch die Pandemie beklagen die Wirte massive Umsatzeinbußen. Bei vielen geht ums Eingemachte.

Mund-Nasen-Schutz steckt in der Hosentasche

„Heute ist es hier entspannt“, meint Charlotte Baumgartner, die mit ihrem Freund über die Promenade bummelt. „Die meisten Besucher halten sich an die Corona-Regeln.“ Aber sie kennt es aus ihrem Bekanntenkreis auch anders. „Es gibt Etliche, die davon nichts mehr wissen wollen.“

Im Gegensatz zur Düsseldorfer Altstadt gibt es an der Centro-Promenade keine verwinkelten Gassen. Auch das Gastronomie-Konzept unterscheidet sich.
Im Gegensatz zur Düsseldorfer Altstadt gibt es an der Centro-Promenade keine verwinkelten Gassen. Auch das Gastronomie-Konzept unterscheidet sich. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Dass in einigen Köpfen die Pandemie schon abgehakt sei, stimme sie nachdenklich. Zuletzt hätten mehrere Jungs in der Straßenbahn das Regelwerk missachtet. „Es war spät und vermutlich Alkohol im Spiel. Oder sie hatten einfach keinen Bock.“

Nicht immer ist es Vorsatz. Gerade betritt in einer Promenaden-Pinte nebenan eine Frau ohne Mund-Nasen-Maske zum Toilettengang das Restaurant. Ein Kellner macht sich darauf aufmerksam. „Vergessen!“ Der ständige Begleiter steckt bei ihr in der Hosentasche.

Vereinzelt tragen Besucher sogar beim Rundgang auf der Promenade eine Stoffmaske. Wieder eine Tür weiter kramt eine Frauengruppe kollektiv in den Handtaschen. Sie müssen auf einen Tisch warten. Es ist noch Zeit.

Centro nicht mit Düsseldorfer Altstadt vergleichbar

Am Centro Beach, vor Corona ein Disco-Strand jetzt eine Art Biergarten, haben sie am Eingang Abstandshalter auf den Boden gemalt. Aber es warten nur zwei Pärchen neben dem Desinfektionsspender. Die meisten haben reserviert und sitzen bereits. Auf der Brücke zum ehemaligen Brauhaus beobachten Kiebitze die Tisch-Treffen auf der Sandfläche. Die Szenerie wirkt unaufgeregt.

Centro änderte Promenaden-Konzept

Die Centro-Promenade hat über zwei Jahrzehnte immer wieder ihre Struktur verändert. Viele Läden setzten Anfang der 1990er-Jahre stärker auf Erlebnis-Konzepte. Diskotheken wie der Apfelbaum und das Adiamo sind mittlerweile verschwunden.

Familien-Restaurants waren zwischen Luise-Albertz-Platz und Platz der Guten Hoffnung in der Folge häufiger zu finden. Mittlerweile setzen die Centro-Macher wieder auf Unterhaltung. Die Expohalle mit einer Schlumpf-Ausstellung ist eröffnet. Der Virtual-Reality-Park „The Void“ ist an der Promenade geplant – die Bauarbeiten liegen aber momentan auf Eis.

Am Springbrunnen am Cinestar-Kino wird dagegen reihenweise gegen das Abstandsgebot verstoßen. Allerdings handelt es sich nicht um auf den Treppenstufen zusammenhockende Kleingruppen von Jugendlichen, sondern um eine Schar umherstolzierender Wildgänse. „Die kennen kein Corona“, kommentiert Michael Berger mit Freundin Christine die schnatternde Federvieh-Kolonne.

Aber dass Jugendliche abhängen, gebe es eben überall mal wieder. Auch am Centro, meint Berger. „Aber das ist hier nicht die Düsseldorfer Altstadt.“ Enge Feten-Gassen wie in Düsseldorf findet man an der überschaubaren Centro-Promenade nicht. Und Tanzlokale wie der Apfelbaum und das Adiamo sind hier längst verschwunden.

Dass Abstände nicht selbstverständlich sind, zeigten zuletzt die ausufernden Bilder aus der Düsseldorfer Altstadt. Hier warb auf Initiative von Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) ausgerechnet der bei Jugendlichen angesagte Rüpel-Rapper Farid Bang für die Einhaltung der Corona-Regeln. Der Clip erntete massive Kritik – nicht wegen der Corona-Mahnung, sondern des wegen antisemitischer und frauenfeindlicher Texte umstrittenen Rappers.