Oberhausen. Immer wieder werden junge Rehe bei der Ernte von Mähdreschern überfahren. Ein Vorfall in Oberhausen bewegt einen Bauer zum Umdenken.
Zwischen Mai und Juni fallen Rehkitze immer wieder den Mähdreschern zum Opfer. Denn in dem Zeitraum, in dem Rehe mit der Aufzucht ihrer Jungtiere beschäftigt sind, mähen Landwirte traditionell erstmals im Jahr Wiesen und Weiden. Um den schrecklichen Mähtod zu verhindern, greifen Bauern längst zu unterschiedlichen Methoden, mit denen die Tiere geschützt werden sollen. Doch es kommt weiterhin zu Unfällen zwischen Maschine und Tier. Solch einen Fall soll es nun auch in Oberhausen gegeben haben.
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Leserin Angelika Ruhnke-Wurft wandte sich an die Redaktion und beklagte den aus ihrer Sicht vermeidbaren Tod eines jungen Rehkitzes am Hirschkamp. Ein schreckliches Bild, das sie in den Abendstunden am 31. Mai im Beisein von Mann und Kindern geschossen haben will, zeigt ein verstümmeltes Tier im hohen Gras, das kaum mehr als ein kleines Reh zu erkennen ist. Auch Videoaufnahmen zeugen von dem Fund. Vermeidbar sei der Unfall deshalb gewesen, weil die Verantwortlichen gewarnt wurden, meint die Oberhausenerin. Doch Bio-Bauer Christoph Köster, bekannt durch seinen Hofladen in Königshardt, bekam davon nach eigener Aussage zunächst nichts mit.
Warnung per Facebook-Nachricht geschickt
„Ich habe Herrn Köster eine Nachricht über seine Facebook-Seite geschickt und ihn gebeten, das Feld nicht zu mähen, weil wir dort Rehe beobachtet haben“, erzählt die 54-Jährige, die selbst ein Pferd und zwei Hunde besitzt und sich als Tierschützerin beschreibt. Weil Christoph Köster seine Facebook-Seite nach eigenen Aussagen aber nicht selbst betreut, konnte ihn die Warnung gar nicht rechtzeitig erreichen. Das Mähwerk kreiste und erwischte vermutlich das Rehkitz. Auch wenn der Tierkadaver sowie Blutspuren von den örtlichen Jagdpächtern im Nachgang laut Christoph Köster nicht gefunden werden konnten.
„Das nehme ich trotz allem auf meine Kappe, dass ich die Nachricht nicht rechtzeitig gesehen habe“, betont der Landwirt. Telefonisch hatte Angelika Ruhnke-Wurft es allerdings nicht bei ihm versucht. Da die Kommunikation offenbar auch nicht ganz ohne Dramatik ablief, trafen sich Landwirt und Tierfreundin schließlich zum persönlichen Gespräch. Köster wollte sich nicht als „Tiermörder“ verstanden wissen, empfand den Hinweis der Oberhausenerin aber als richtiges Verhalten.
Bauer Köster: „Haben kein Interesse daran, Tiere totzufahren“
„Wir haben als Landwirte gar kein Interesse, irgendwelche Tiere totzufahren, im Gegenteil“, unterstreicht Köster. Gelangten Tierkadaver mit ins Futter, würden sich Giftstoffe lösen, die Krankheiten wie Botulismus auslösen können. Botulismus führe zu Lähmungen und Tod von Rindern und Schafen, so der Landwirt. „Tote Tiere im Futter führen letztlich zu toten Tieren auf dem Hof. Der wirtschaftliche Schaden wäre groß.“
Hunderttausende Rehkitze bedroht
Nach Angaben der Deutschen Wildtierstiftung sind bundesweit etwa 92.000 Rehe auf einer Fläche von 2,3 Millionen Hektar durch den Mähtod bedroht.
Es handelt sich hierbei um Schätzungen der Stiftung. Gerechnet wird mit vier Rehkitzen pro 100 Hektar Grünland. Verlässliche Zahlen gibt es nicht. Die getöteten Tiere werden nicht erfasst.
Während moderne Mähdrescher längst mit Ultraschall ausgestattet sind und Warnsignale aussenden, mit denen Hasen und andere Tiere leicht verscheucht werden können, gibt es bei Rehen ein Problem, das in deren angeborenem Verhalten liegt. In den ersten 14 Tagen nach der Geburt legt die Ricke, also die Rehmutter, ihren Nachwuchs im hohen Gras ab. Dort rührt das Rehkitz sich nicht vom Fleck, bis die Mutter es abholt – der Fluchtinstinkt ist anfangs unterdrückt. Auch sondern Rehkitze keinen Geruch ab, so dass Hunde nicht in der Lage sind, die Witterung des Wildtieres aufzunehmen.
Landwirt will Drohne zum Aufspüren der Rehkitze einsetzen
Nun fällt die Phase der Jungenaufzucht oft in die Zeit des „ersten Schnitts“ der Bauern. Um den Mähtod der Tiere zu verhindern, verschieben Landwirte beispielsweise den Zeitpunkt der ersten Heuernte oder lassen die Felder kurz vorher mit Hunden absuchen – wie bei Bauer Köster. „Ich arbeite mit unterschiedlichen Jagdpächtern zusammen, die kurz vor der Mahd mit ihren Hunden für Bewegung auf den Feldern sorgen“, erzählt der Landwirt. In der Regel reiche dies, um die Ricken aufmerksam zu machen, welche dann mit ihrem Nachwuchs die Felder verlassen. „In 95 Prozent der Fälle sind wir mit der Methode erfolgreich. Es gibt aber keine absolute Sicherheit.“ Tote Rehkitze habe es bei Kösters seit Jahren nicht gegeben.
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Dennoch habe der Vorfall ihn zum Nachdenken angeregt. „Wir werden nächstes Jahr eine Drohne einsetzen“, so Köster, das habe er auch der Tierfreundin Angelika Ruhnke-Wurft zugesichert. Mit Hilfe einer montierten Wärmebildkamera sollen so die Rehkitze in den Feldern aufgespürt werden. Einige Landwirte und Jagdgemeinschaften hätten diese Methode schon erfolgreich eingesetzt.