Oberhausen. Die Diskussion um Straßennamen, die an belastete Personen erinnern, ist voll entbrannt. Doch mit einer Umbenennung wäre nicht viel gewonnen.

Wenn man ehrlich ist, dann dürfte den allermeisten selbst der Straßenname ihrer eigenen Adresse herzlich egal sein – solange mit der sprichwörtlichen „Schlossallee“ kein besonderes Renommee verbunden ist. Bedeutet Nettelbeckstraße nun das Gegenteil von gutem Ruf? Ist der Name derart diskreditiert, dass die Oberhausener Politik zur Umbenennung schreiten sollte?

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Darüber ließe sich trefflich debattieren – doch auf mich wirkt es eher so, als wollten Slogans wie „Kolonialismus jetzt beseitigen“ eher ein Ende der Debatte: Umbenennen, fertig. Leider lassen sich aber Sünden der Geschichte nicht rückwirkend ungeschehen machen. Doch es ist durchaus sinnvoll, die geradezu bizarren Wendungen im Nachruhm einer historischen Person nachzuzeichnen: Es lässt so vieles erkennen in der sich wandelnden Selbstwahrnehmung dieses Landes.

Wollte man sich die Nettelbeckstraße vornehmen, dann wären auch Ortsnamen von der Kolberg- bis zur Tannenbergstraße kaum weniger belastet – sähe man darin nur eine Glorifizierung brutaler Schlachten und Kriege. Allerdings sind diese Straßennamen inzwischen selbst Teil der Stadtgeschichte und der Nachforschung wert: Warum diese Verehrung für den „Retter von Kolberg“? Warum der Hype um Hindenburg?

Geschichtsbilder bedürfen der ständigen Korrektur, und die Historikerzunft sollte sich – wie es die Briten so gekonnt vormachen – um lesbare, inspirierende Beiträge bemühen. Ein Imperativ wie „Beseitigen“ klingt eher nach einem Ende der Geschichte.