Oberhausen. Wegen der Corona-Pandemie bleiben auch in Oberhausen die Fahrgäste in Bussen und Bahnen aus. Ein Rettungspaket von Bund und Land soll helfen.

Gespenstisch leere Busse, die Stunde für Stunde ihre Runden über die altbekannten Routen drehen. Darin nur ein einsamer Fahrer und einige Streifen Absperrband, aber keine Fahrgäste weit und breit – auch dieses Bild aus der Corona-Krise bleibt haften, ist aber frei von jeder Endzeit-Romantik. Weil deutlich weniger Menschen mit Bussen und Bahnen unterwegs sind, verbuchen die Nahverkehrsbetriebe erhebliche Einnahmenverluste. Auch die Stadtwerke Oberhausen AG (Stoag) rechnet in diesem Jahr mit Mindereinnahmen in Höhe von 7,5 Millionen Euro.

Doch die Politik spannt bereits einen Rettungsschirm: Bund und Land wollen ein Förderprogramm für den öffentlichen Nahverkehr auf den Weg bringen, um die Verluste im Ticket-Verkauf aufzufangen. 500 Millionen stellt der Bund, 200 Millionen in einer ersten Tranche das Land Nordrhein-Westfalen für die coronabedingten Ausfälle zur Verfügung.

Mit Staatshilfen 90 Prozent der Verluste auffangen

Die Stoag knüpft an die Staatshilfen große Hoffnung. „Wir sind sehr dankbar für diese Finanzmittel, die ansonsten zulasten der Kommunen gegangen wären“, sagt Werner Overkamp, Chef des städtischen Verkehrsunternehmens. Er geht davon aus, dass die Stoag damit 90 Prozent der entstandenen Verluste abdecken kann. „Je nachdem, wie sich die Einnahmeausfälle im Laufe des Jahres weiter entwickeln, wird das Land darüber hinaus anhand der tatsächlichen Verluste weitere Mittel bereitstellen“, so Overkamp.

Auch interessant

Zwischen März und Mai ist die Zahl der Fahrgäste in Oberhausen extrem zurückgegangen – im April sogar um 56 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Zahlreiche Stoag-Kunden wollten wegen Homeoffice, Kurzarbeit und Schul- und Kitaschließungen ihr Abo kündigen. Viele konnten wir davon überzeugen, ihr Abo nur zu pausieren“, berichtet Stoag-Sprecherin Sabine Müller. 550 Kunden hätten allein im April von dem Angebot Gebrauch gemacht.

Dabei hatten in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres zuletzt wieder mehr Menschen ein Ticketabo abgeschlossen, nachdem die Stoag gehörig die Werbetrommel gerührt hatte. Doch die Zuwächse werden nach Einschätzungen des Verkehrsbetriebs bei Weitem nicht reichen, um die Auswirkungen zu kompensieren, die durch das Coronavirus entstanden sind.

Keine Einschränkungen beim Service nach Corona geplant

Kunden sollen künftig aber keine Einschränkungen beim Betrieb von Bussen und Bahnen fürchten. Das Leistungsangebot werde sich nach Corona nicht zum Negativen verändern, betont die Stoag – im Gegenteil. „Die Politik ist sich einig, dass eine Verkehrswende hin zu klimafreundlicher Mobilität unverzichtbar ist, und dabei spielt der ÖPNV eine zentrale Rolle“, unterstreicht Sabine Müller mit Blick auf die bisherigen Investitionen in den örtlichen Nahverkehr sowie den nun aufgespannten Rettungsschirm von Bund und Ländern.

Auch interessant

Untätig war die Stoag wahrlich nicht. Neben den Bemühungen, die Infrastruktur im Nahverkehr aufrechtzuerhalten und ihrem Beförderungsauftrag nachzukommen, wurden auch einige Weichen für die Zukunft gestellt. Mitten in der Krise haben sich die Stoag und die Stadt Oberhausen mit den übrigen Revierkommunen zusammengeschlosse n, um den ÖPNV im Ruhrgebiet zu verbessern und künftig enger zusammenzuarbeiten. Dabei soll auch der städteübergreifende Verkehr eine wichtige Rolle spielen. Daneben ging ein neues Pilotprojekt an den Start: Mit den elektrisch betriebenen Revierflitzern versucht sich die Stoag im flexiblen On-Demand-Verkehr – also Taxen, die zu den Randzeiten in den Abend- und Nachtstunden fahren und per Handy bestellt werden können.

Revierflitzer: Angebot wird verhalten angenommen

Noch wird das neue Angebot aber verhalten angenommen. „Die Fahrgastzahlen steigen langsam, aber stetig, es gibt aber noch Luft nach oben“, bilanziert Sabine Müller. Weil abendliche und nächtliche Aktivitäten in Oberhausen derzeit insgesamt noch recht überschaubar seien, sei deshalb auch die Nachfrage im Abend- und Nachtverkehr noch deutlich geringer als sonst. „Das spüren wir auch bei unseren Nachtexpresslinien.“

„Das Krisenmanagement hat in unseren Augen gut funktioniert“

Seit Mitte Juni fährt die Stoag wieder nach regulärem Fahrplan. Mit den Corona-Lockerungen erhöht sich auch wieder die Zahl der Fahrgäste. Doch aus Angst vor Infektionen meiden immer noch viele Menschen Busse und Bahnen. Auch der Pendlerverkehr reicht aufgrund von noch bestehenden Homeoffice-Regelungen und anhaltender Kurzarbeit in den Betrieben längst nicht an Vor-Corona-Zeiten heran. „Wir erwarten aber, dass die Kunden zu uns zurückkehren“, gibt sich Sprecherin Sabine Müller optimistisch.

Und das trotz aller Kritik am Krisenmanagement. Der Fahrgastverband Pro Bahn bemängelte den wochenlang gültigen Corona-Fahrplan, der auf dem Samstagsfahrplan basierte, am Morgen große Bedienlücken aufwies und ganze Quartiere ausklammerte – es fuhren zwischenzeitlich nur Nachtbusse, später bot die Stoag einen morgendlichen Taxi-Transfer zu den Nachtbus-Haltestellen an. Einige Menschen wünschten sich außerdem den Einsatz von großen Gelenkbussen auf ihren Strecken, weil sie Angst vor Ansteckungen in den kleinen Solobussen hatten – was laut der Stoag etwa aufgrund enger Straßen und wenigen Fahrgästen nicht überall möglich war.

Was die Kunden bemängeln, sieht das Unternehmen oft anders. „Das Krisenmanagement hat in unseren Augen gut funktioniert. Wir konnten sehr schnell, sehr flexibel und angemessen auf die sich ständig veränderten Rahmenbedingungen reagieren“, meint Sabine Müller. Stoag-Chef Werner Overkamp versteht die Sorgen der Fahrgäste, betont aber: „Unsere Fahrzeuge sind nach wie vor sicher.“ Die Abstands- und Hygienevorschriften würden eingehalten, Busse und Bahnen gründlich desinfiziert.

Insgesamt ist die Stoag zuversichtlich, dass die Nutzung von Bus und Bahn langsam wieder zunimmt. Dafür will auch eine Aktion im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr sorgen. In den Sommerferien können Inhaber von Monatstickets nun ohne Aufpreis im gesamten VRR-Gebiet und am Wochenende sogar in ganz NRW mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Außerdem werden durch die Reduzierung der Mehrwertsteuer ab dem 1. August auch die Tickets im VRR billiger.