Oberhausen. Kein Schnucki auf dem Lebkuchen. Kein klebriges Zeug im Glas. Keine nasalen Karussell-Stimmen. Oberhausen fühlt sich derzeit merkwürdig an.
Einparken kann so einfach sein. In Sekunden schiebt ein Autofahrer vor dem Eichelkampbunker seinen Wagen in die Parklücke. Vor einem Jahr hätte es hier schwere Zusammenstöße gegeben. Stoßstangen wären aufeinandergeprallt. Sicherheitsgurte hätten Körper in die Sitzschalen gepresst. Kreischen, jauchzen – Drama!
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Dort wo sonst der Autoscooter bei der Fronleichnamskirmes für planmäßige Aufprall-Erfahrungen sorgt, dominiert jetzt öde Parkfläche. Schottersand staubt. Sterkrade fährt den Kirmes-Blues. Es gibt keine bunten Budenfassaden mit aufgemalter Graffiti-Ananas, die so groß wirkt wie eine Palme. Keine sich drehenden Karussells mit nervösen Fang-Armen. Keine nasalen Mikrofon-Stimmen, die zum „Miiiiiitmachen“ und bitte auch „Dabeiiiii sein“ tröten.
Sterkrade spielt den Kirmes-Blues
Stattdessen diktiert ein älterer Herr seinen jüngeren Begleiter kurz hinter dem Bunker an den Griff seines Getränkekorbes. „Pack an!“ Einkäufe werden seelenruhig nach Hause getragen. Wasserflaschen ragen aus dem Korbgeflecht, das in einer Seitenstraße verschwindet. Kein Hauptgewinn!
Auf dem Neumarkt haben zwei Teenager gerade die Straßenbahn verpasst. Niete! Während die 112 zum Bahnhof rattert, sieht es vor dem verlassenen Möbelhaus (früher Finke und manche kennen noch Heck) aus wie in einem Western. Ohne Pferde. Ohne Cowboys. Ohne Wilden Westen. Nur in der Einöde herumwirbelnde Strohballen kann man sich gut vorstellen.
Sonst würde hier die Wilde Maus als Mini-Achterbahn den Kreisch-Colt ziehen. Und ein uriger Schwarzwald-Salon öffnen, der früher mal Christl hieß.
Auf der Rampe zum Bahnhof ist die Urquelle versiegt, weiter hinten halten große Regionalzüge, aber das kleine Kinderbähnchen mit der Kordel an der Bimmel und den Metall-Aufstellern von Mogli und Balu aus dem Dschungelbuch fährt nicht.
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Keine alten Schulkumpel huschen über die Bahnhofstraße. Keine Anekdote landet nach dem x-ten „Wir ziehen jetzt aber weiter“ in den Ohrmuscheln am Würstchenstand. Kein „Guck mal, Zuuuuuuuckerwatte“ penetriert Eltern mit kleinen Kindern an der Hand, die es gerade tierisch nervt, die dann aber doch die Geldbörse zücken, weil sie sich an den eigenen Kirmesbummel mit ihren Eltern erinnern.
Kein Stündchen, kein Schnucki
Kein Pärchen streitet sich spät, kurz vor Feierabend, ob noch „ein Stündchen“ im mal wieder viel zu vollen Klumpen Moritz geht. Und niemand lässt ein Herz aus Lebkuchen gerade mit dem Namen „Schnucki“ verzieren. Stattdessen: Ein Ladenbesitzer fegt vor seinem Geschäft einzelne Papierschnipsel zusammen.
Und natürlich sitzt auch am Technischen Rathaus niemand beim Alten Ritter und schmiedet nach dem langen Bummel die Pläne für den nächsten Kirmestag. Keiner geht zu Traber, keiner klagt über viel zu süßes Gummibärchen-Zeug bei Steinmeister, das er dann doch wieder tablettweise bestellen wird.
Sonst ist also immer alles super? Natürlich nicht. Auch bei der Fronleichnamskirmes gibt es Leute, die sich etwas auf die Nase hauen. Und Unverbesserliche, die tanken bis der Krankenwagen kommt. Doch die Masse ist das nicht. Und stellvertretend für einen Rummelplatz steht es erst recht nicht.
Wer nicht mit der Fronleichnamskirmes aufgewachsen ist, wird kaum verstehen können, wie sehr der sechstägige Rummel den meisten Sterkradern diesmal fehlt.