Oberhausen. Seit Corona ist die Digitalisierung von Schulen in den Fokus gerückt. Die Politik macht Druck, aber Oberhausen ist von Fördergeldern abhängig.

Ist die Corona-Pandemie mit Blick auf die Digitalisierung der Schulen nun Segen oder Fluch? Fest steht: Seit der Schließung der Schulen Mitte März müssen Schulleitungen und Lehrer das Unterrichten auf Distanz organisieren. Dabei rückt das Online-Lernen in den Mittelpunkt, doch dafür braucht es Werkzeuge bei Schulen und Schülern: Online-Plattformen, Laptops, Tablets, einen Internet-Anschluss. Das Thema Digitalisierung bestimmte deshalb gleich in mehrfacher Hinsicht die Diskussion in der jüngsten Sitzung des Schulausschusses.

„Der Druck zur Digitalisierung ist unter Corona-Bedingungen nicht weniger geworden“, sagte Kirsten Oberste-Kleinbeck. Die SPD-Kommunalpolitikerin fordert mehr Tempo bei der Vernetzung der Schulen und der Ausstattung mit Online-Endgeräten. „Wir können jetzt nicht mehr nach Schema F vorgehen, es müssen jetzt viele Dinge schnell nebeneinander passieren“, kommentierte Oberste-Kleinbeck eine Vorlage des IT-Managements der Stadt zur Umsetzung des Förderprogramms Digitalpakt.

Vernetzung und Breitbandausbau

Demnach wurden drei Grundschulen für Vernetzungsarbeiten ausgewählt (Steinbrinkschule Sterkrade, Brüder-Grimm-Schule Alt-Oberhausen, Erich-Kästner-Schule Osterfeld), um „erste Erfahrungen mit der strukturierten Neuvernetzung inklusive WLAN zu sammeln sowie die Förderantragsprozeduren zu proben“, wie es in der Vorlage heißt. Parallel dazu soll der Breitbandausbau erfolgen; die Ausschreibung für den Aufbau eines Glasfasernetzes ist erfolgt, zwei gültige Angebote sind abgegeben worden. Sowohl für die Vernetzungsarbeiten als auch für den Glasfaserausbau sind die Förderanträge eingereicht. „Wir rechnen mit den Bescheiden Mitte/Ende Juni, dann können wir die Vergabe durchführen“, erläuterte Boris van Benthem, IT-Manager der Stadt.

Das klinge doch alles sehr bürokratisch, „die Zeit drängt extrem“, kritisierte Kirsten Oberste-Kleinbeck – und was sei denn mit den weiterführenden Schulen? „Die Digitalisierung ist ein Kraftakt, der aber jetzt geschultert werden muss.“ Van Benthem erwiderte: „Das ist ein großes Projekt, das wir aber sorgfältig entlang der Förderbedingungen und des Vergaberechts durchführen müssen.“ Gegenwind bekam die SPD auch von der CDU-Fraktion: Das Vorgehen sei durchdacht, meint Gundula Hausmann-Peters. Christian Benter erinnerte daran, dass ja Dezernatsleitung (vorher Elke Münich, SPD) und IT-Bereich neu aufgestellt worden seien: „Jetzt passiert ja ‘was“.

Geld vom Bund für Endgeräte zum Online-Lernen

Politischen Streit gab es auch um ein weiteres digitales Förderpaket aus Berlin. 500 Millionen Euro spendiert der Bund für den Kauf von Endgeräten wie Laptops oder Tablets für Schüler. So soll Schülern aus ärmeren Familien ermöglicht werden, am digitalen Unterricht teilzunehmen. Das Geld wird nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt: zwanzig Prozent gehen nach NRW, ein Prozent nach Oberhausen. „Das sind 1,18 Millionen Euro“, errechnete Schuldezernent Jürgen Schmidt. Davon könnten rund 3000 Geräte gekauft, also zehn Prozent der Schüler versorgt werden.

Alle Schulen können mit I-Serv arbeiten

Einen unmittelbaren digitalen Fortschritt hat die Corona-Krise für die Schulen bewirkt: Zunächst hat die Stadt allen weiterführenden Schulen die internetbasierte Lern- und Kommunikationsplattform I-Serv bereitgestellt. Im Schulausschuss kündigte Schuldezernent Jürgen Schmidt an, dass nun auch die Oberhausener Grundschulen das Online-Angebot nutzen können.

In der Corona-Krise hat die Braunschweiger Firma I-Serv Kommunen die Dienste ihres eigentlich kostenpflichtigen Schulservers kostenlos überlassen. Bis Ende September gilt das Angebot; bis dahin muss die Stadt entscheiden, ob sie die Plattform gegen Gebühr weiter nutzen will.

Bisher liegen der Stadt keine Kostenangaben dazu vor. Wenn es die Daten gebe, könne der Rat im Juni oder September darüber entscheiden, meint Schmidt. Zuvor sollen die Schulen über ihre Erfahrungen berichten. Eine Alternative wäre das landeseigene, kostenlose Webportal Logineo, das aber nach Aussagen von Praktikern in den Schulen weniger Möglichkeiten bietet.

Über das Portal I-Serv können Schulen zum Beispiel mit ihren Schülern online kommunizieren, Hausarbeiten aufgeben, Terminpläne verwalten oder Klassenbücher führen.

Noch gebe es keine klaren Regeln zur Verteilung des Geldes, „die muss das Land vorgeben“. Nach einem etwas unscharf formulierten Antrag der SPD-Fraktion sollte sich der Schulausschuss dafür aussprechen, die Anschaffung von Tablets oder Laptops für bedürftige Schüler mit diesem Geld zu bezuschussen. Der Antrag lasse Schulen und pädagogische Konzepte außen vor, kritisierte Hausmann-Peters (CDU). Die Geräte sollten vielmehr Eigentum der Schule bleiben und nicht von den Schülern selbst gekauft werden.

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Zur Befriedung schlug Ausschussvorsitzender Wolfgang Große Brömer (SPD) vor, dass sich die Fraktionen bis zur Ratssitzung am 22. Juni auf einen gemeinsamen Antrag verständigen: „Wir sind uns doch einig darin, dass die Teilhabe am digitalen Unterricht nicht daran scheitern darf, dass sich Familien einen Laptop nicht leisten können.“ Schulleiter Marc Bücker (Hans-Sachs-Berufskolleg) bat die Politiker darum, doch die Schulen zu fragen, was sie benötigen.