Oberhausen. Bei den Schuldenberatern in Oberhausen häufen sich die Anrufe verzweifelter Menschen. Für einige kam die Corona-Soforthilfe zu spät.

Die Corona-Krise ist in den Schuldnerberatungen in Oberhausen angekommen. Seit Tagen stehen dort die Telefone nicht mehr still. Den meisten Anrufern sitzt die Angst vor dem sozialen Abstieg im Nacken.

Knapp 80 Anfragen seit Mitte April liefen allein bei der Insolvenz- und Schuldnerberatung der Diakonie ein. Beratungsstellenleiter Paul Jednorog weiß schon jetzt: „Einige davon werden wir längerfristig begleiten müssen.“ So wie die Selbstständige, die Soforthilfen beantragt hatte, die auch bewilligt worden sind. Doch die Unternehmerin kann nicht darauf zugreifen. „Denn es liegt schon ein Pfändungsbescheid vor und die Bank sperrte das Konto.“

Für viele Kleinunternehmen und Solo-Selbstständige wird es eng

Immer mehr Betriebe, die bereits vor Corona wirtschaftlich angeschlagen waren, trudeln nun auf den Abgrund zu. „Aber auch für das ein oder andere Kleinunternehmen, das sich bislang ganz gut über Wasser halten konnte, dürfte es eng werden“, befürchtet Jednorog. Da reiche es schon, die Corona-Soforthilfen zu spät beantragt zu haben. Bei der Auszahlung der Bundesmittel war es zu Verzögerungen gekommen, weil die Online-Anträge erst vor einem erneuten Zugriff durch Betrüger hatten geschützt werden müssen. „Für so manchen Kleinbetrieb und Solo-Selbstständigen könnte dieser Zeitraum das Aus bedeuten.“ Einen Anstieg der Insolvenzen habe er bislang zwar noch nicht registriert. „Aber dafür ist es auch zu früh, diese Welle kommt erst später auf uns zu“, meint Jednorog.

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Die Beratungsstelle der Diakonie ist die einzige Anlaufstelle in Oberhausen, in der noch eine Insolvenzberatung durchgeführt wird und eine Pfändungsschutzbescheinigung fürs Konto ausgestellt werden kann. Gerade letzteres sei wichtig, um bei Zahlungsschwierigkeiten nicht auch noch die Wohnung zu verlieren. „Beratungen sind aufgrund der Corona-Krise bei uns hauptsächlich per Telefon oder Internet möglich.“ In Einzelfällen und nur nach Terminabsprache bietet die Diakonie aber auch persönliche Beratungen an.

Besonders hart für alle, die bereits vorher Geldprobleme hatten

Auch Andreas Klein-Reesink verzeichnet für die Schuldnerberatung der Caritas in Oberhausen einen ständig wachsenden Beratungsbedarf.
Auch Andreas Klein-Reesink verzeichnet für die Schuldnerberatung der Caritas in Oberhausen einen ständig wachsenden Beratungsbedarf. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Die Sorgen von Menschen, die durch die Corona-Krise ihre Arbeit verloren haben, kennt auch Andreas Klein-Reesink, Bereichsleiter der Caritas Oberhausen. Bei dem ein oder anderen reiche das Arbeitslosengeld nun nicht mehr, um noch Haus- oder Wohnungskredite bedienen zu können. Zugespitzt habe sich die Lage aber auch für Menschen, die bereits vorher in der Schuldenfalle steckten. „Corona-bedingt wackeln jetzt manches Mal Vergleichsvereinbarungen oder Ratenzahlungen, die man mit den Gläubigern getroffen hat.“

Einige Schuldner seien nun aufgrund von Corona in Kurzarbeit. „Oder sie haben ihre Minijobs, mit denen sie ihre kleine Rente oder ihr geringes Einkommen aufgebessert haben, verloren – und können die vereinbarten Raten nicht zahlen.“ Die Berater versuchten, den Gläubigern neue Vorschläge für Stundungen zu machen. „Aber damit sind längst nicht alle Gläubiger einverstanden“, bedauert Klein-Reesink.

Dazu kämen: „Neuanfragen von EU-Bürgern“, sagt Caritas-Mitarbeiterin Inga Kellermann. So sei etwa eine achtköpfige Familie aus Rumänien in Not geraten, weil der Vater durch die Corona-Krise unerwartet seine Arbeit verloren hatte. „Sie waren wegen dieses neuen Jobs extra vor zwei Monaten aus Rumänien ausgewandert, haben eine Wohnung angemietet und mit so etwas natürlich nicht gerechnet“, sagt Kellermann. Einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hatte der Mann noch nicht erworben. „Die Familie wollte zurück nach Rumänien, aber das ging nicht, weil es derzeit keine Flüge gibt, sie andererseits aus Infektionsschutzgründen aber nur fliegen dürften.“

Beratungen (fast) nur noch am Telefon oder online

Die Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung der Diakonie ist an der Langemarkstraße 19 zu finden. Beratungen finden derzeit aber fast ausschließlich per Telefon unter 0208 807020 oder per Mail (diakonie.schuldnerberatung@kirche-oberhausen.com) statt.

Die Schuldnerberatung der Caritas, Nürnberger Straße 5, berät ebenfalls nur noch telefonisch oder online: Kontakt: Rita Piroth, Tel. 0208 9404 - 234 oder per Mail an rita.piroth@caritas-oberhausen.de und als Chat-Online-Beratung unter: caritas.de/onlineberatung

Die Caritas half kurzfristig über ihren Notfallfonds „Kinder im Blick“ – und will jetzt erst einmal Sozialleistungen für die Familie beantragen. Auch bei der Caritas bedeutet die aktuelle Situation also: „In der Summe noch mal durch Corona ein deutlich höheres Arbeitsaufkommen für die Schuldnerberatung“, sagt Klein-Reesink.

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