Düsseldorf. NRW stoppt vorerst Zahlung der Soforthilfe für Solo-Selbstständige und Kleinstbetriebe. Bis zu 4000 Antragsteller von Betrugsmasche betroffen.
Wegen des Verdachts auf Betrug durch sogenannte Fake-Seiten hat das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium die Zahlung der NRW-Soforthilfe für Solo-Selbstständige und Kleinstbetriebe vorerst gestoppt. Dies teilte das Wirtschaftsministerium in Düsseldorf am Donnerstag mit. Die Entscheidung habe das Ministerium in Abstimmung mit dem Landeskriminalamt (LKA) am Mittwochabend getroffen. Nach ersten Hinweisen auf Fake-Webseiten, die in Suchergebnissen prominent platziert worden seien, hatte das Ministerium eigenen Angaben zufolge bereits am Dienstag Strafanzeige wegen Betrugs erstattet. Rund 3500 bis 4000 Antragsteller sind nach bisherigen Erkenntnissen der Behörden von der Betrugsmasche betroffen.
Wie das Ministerium erklärte, hat das LKA mit der Zentral- und Ansprechstelle für Cyberkriminalität die Ermittlungen aufgenommen und das Ministerium am Mittwochabend über erste Ergebnisse informiert. Demnach haben Betreiber mit gefälschten Antragsformularen Daten abgefischt und diese mutmaßlich für kriminelle Machenschaften genutzt. Daraufhin wies das Land die Bezirksregierungen an, die weitere Auszahlung der Gelder auszusetzen.
NRW-Wirtschaftsministerium berichtet von „betrügerischen Anträgen“
„In den kommenden Tagen wird die Ermittlergruppe ihre Recherchen fortsetzen, um betrügerische Anträge zu identifizieren“, teilte das Ministerium mit. Kleinunternehmer und Selbstständige können Ministeriumsangaben zufolge aber weiterhin die NRW-Soforthilfe beantragen.
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Das Ministerium rät dringend, dafür ausschließlich die offizielle Internetseite zu nutzen: https://soforthilfe-corona.nrw.de. Offizielle Webseiten des Landes enden stets auf der Endung „.nrw“ oder „.nrw.de“, betonte das Ministerium. „Antragsteller, die auf Ihre Überweisung warten, bitten wir um Verständnis und etwas Geduld“, erklärte das Ministerium.
Rund 3500 bis 4000 Antragsteller nach Ministeriumsangaben betroffen
Nach ersten Erkenntnissen des LKA seien Fake-Formulare im Zusammenhang mit der NRW-Soforthilfe 2020 genutzt worden, um Daten abzugreifen und möglicherweise für kriminelle Machenschaften zu verwenden, so das Wirtschaftsministerium. Daher seien die Auszahlungen Donnerstagfrüh gestoppt worden. Darüber hinaus habe das Land NRW – in Absprache mit den Bezirksregierungen Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster – auch die Bewilligungen ausgesetzt und die Corona-Soforthilfe-Seiten vom Netz genommen.
Rund 3500 bis 4000 Antragsteller sind nach bisherigen Erkenntnissen betroffen, erklärte das Ministerium am Donnerstagnachmittag. Eine Ermittlungskommission des Landeskriminalamtes aus Finanz- und Cyberermittlern sowie Spezialisten für Wirtschaftskriminalität sei eingerichtet. Gleichzeitig werde behördenübergreifend daran gearbeitet, betrügerische Anträge zu identifizieren und zu erschweren. Es handelt sich um hochprofessionelle Täter, die im Darknet nach Menschen suchen, die gegen eine Gewinnbeteiligung ihre Konten zur Verfügung stellen. Von diesen Konten wird der Gewinnanteil des Betrügers dann in Kryptowährung umgewandelt und damit anonymisiert, was die Identifizierung erschwert.
„Diese Masche ist nicht nur hoch kriminell, sondern moralisch besonders verwerflich“
„Diese Masche ist nicht nur hoch kriminell, sondern moralisch besonders verwerflich“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). „Diese Betrüger meinen, sie könnten eine akute Notlage auf Kosten der Allgemeinheit ausnutzen.“
Die Kleinbetriebe und Soloselbstständigen in Nordrhein-Westfalen seien „gerade in der Corona-Krise auf die Wertschätzung und die Unterstützung der Gesellschaft dringend angewiesen“, betonte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP). „Umso wichtiger ist es, dass die NRW-Soforthilfe auch in die richtigen Hände gelangt.“ Pinkwart bat die Unternehmer um Geduld. „Wir werden die Zahlungen schnellstmöglich wieder aufnehmen und auch die Corona-Soforthilfe-Seite freischalten“, betonte der Minister.
Kutschaty: Menschen „auf perfide Art und Weise um ihre Daten und um ihr Geld gebracht“
„Das ist eine ganz große Sauerei“, sagte SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty (SPD). „Zigtausende Kleinunternehmer, Solo-Selbstständige und Betriebe leiden gerade extrem. Eine solche Notlage auszunutzen, ist eine besonders schwere Form von Kriminalität, die offensichtlich hoch professionell organisiert ist.“ Dieses Phänomen sei allerdings „nicht unbekannt“, so Kutschaty, „die Landesregierung ist ja bereits bei der Beschaffung von Mundschutzmasken einer ähnlichen Betrugsmasche aufgesessen“. Ziel müsse es nun sein, so schnell wie möglich das Geld zurückzubekommen. Und die Landesregierung müsse sich darum kümmern, „dass denjenigen umgehend geholfen wird, die auf perfide Art und Weise um ihre Daten und um ihr Geld gebracht worden sind“.
Ministerium verzeichnete viel Interesse bei Freiberuflern und Solo-Selbstständigen
Am 2. April hatte das Ministerium mitgeteilt, die „NRW-Soforthilfe 2020“ stoße bei Kleinunternehmern, Freiberuflern und Solo-Selbstständigen auf enormes Interesse: Seit dem 27. März hätten mehr als 320.000 Kleinunternehmer, die angesichts der Corona-Krise unter Liquiditätsengpässen leiden, einen Antrag auf finanzielle Unterstützung gestellt. 300.000 Anträge seien zu diesem Zeitpunkt bereits bewilligt worden. Rund 225.000 Zuschüsse mit einem Volumen von 2,33 Milliarden Euro sollten seinerzeit zur Auszahlung angeordnet werden. In den vergangenen Tagen dürften die Zahlen weiter angestiegen sein.
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„Die Zuschüsse helfen den vielen kleinen und mittleren Unternehmen, die Finanzierungslücke zu schließen und den Schaden durch die Corona-Krise etwas abzufedern“, betonte NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart schon vor einigen Tagen. „Wir haben den Unternehmen in dieser für uns alle so herausfordernden Krise schnelle und unbürokratische Hilfe versprochen.“
Am stärksten nachgefragt war die NRW-Soforthilfe nach Angaben des Ministeriums bei Dienstleistern, die mehr als die Hälfte der bewilligten Anträge stellten. Insbesondere im Einzelhandel, Gastgewerbe und im Handwerk sei der Bedarf groß gewesen.