Oberhausen. Stadt und Festivalleitung halten am Termin 13. bis 18. Mai fest: Doch die Kurzfilme laufen nicht im Kino, sondern ausschließlich im Onlineportal.
Die 66. Internationalen Kurzfilmtage müssen auf die Lichtburg als Festival-Kino verzichten, auch auf die Begegnung von tausend Fachbesuchern und der mehrfachen Zahl weiterer Filmfans. Stattdessen skizzierte Festivalleiter Lars Henrik Gass am Dienstagnachmittag in der Kurzfilmtage-Villa die noch mögliche Alternative: ein Online-Festival vom 13. bis 18. Mai inklusive der Preisverleihungen in allen fünf Wettbewerben.
„Wir waren nicht ganz unvorbereitet“
„Es wäre unverantwortlich“, so Gass, „auf Biegen und Brechen fortzufahren“. Auf die Frage, „ob und wie in einer solchen gesellschaftlichen Krise Kultur aufrechterhalten werden kann“ habe es als erste mögliche Antwort den Gedanken an eine Terminverschiebung gegeben. „Damit aber würden wird das Problem nur verschieben“, betonte der 54-jährige Festivalchef. Man sei gebunden durch Verträge und Assistenzen – und wisse vielleicht in Wochen noch nicht, wann Kinos wieder öffnen dürfen. Den zweiten Gedanken einer „Lagerfeuer-Version“ für unter hundert Teilnehmer hatten auch andere Filmfestivals aufgebracht – und ebenfalls verworfen.
Die Online-Version schließlich beschrieb Gass als gar nicht so neuen Gedanken: Schließlich müssten sich Festivals gerade in Zeiten des Klimawandels den Umwelt-Aspekten stellen. „So waren wir nicht ganz unvorbereitet.“ Dennoch sei der kurzfristige „Umbau“ des Traditionsfestivals Kurzfilmtage zu einem Online-Event eine Aufgabe, die anspruchsvolle technische wie rechtliche Fragen aufwirft. „Wir müssen rückabwickeln und gleichzeitig neu starten.“ Lars Henrik Gass zitierte des Kino-Renegaten Herbert Achternbusch wohl berühmteste Sentenz: „Du hast keine Chance, nutze sie.“
„Die Zahlen haben mir die Sprache verschlagen“
Chancenlos wären die Kurzfilmtage in dem Falle, dass sämtliche Projektförderungen ausfielen. „Die Zahlen haben mir die Sprache verschlagen“, sagte Gass – und meinte 500.000 bis 600.000 Euro. Doch an dieser Stelle versicherte Kulturdezernent und Kämmerer Apostolos Tsalastras: „Finanzielle Ausfälle gleichen wir als Stadt aus.“ Das gelte auch für die anderen städtischen Kultureinrichtungen. Zudem werde es für die Kurzfilmtage nicht zum schlimmsten Fall kommen, wie Gass berichtete: Förderer hatten in Gesprächen bereits weitgehendes Entgegenkommen signalisiert.
Schnelle Hilfe auch für private Kulturschaffende
Einmütig verwiesen Kurzfilmtage-Chef Lars Henrik Gass und Kulturdezernent Apostolos Tsalastras auf die akuten finanziellen Nöte der meisten Kulturschaffenden. Für die städtischen Kultureinrichtungen, versprach Tsalastras, „gleichen wir finanzielle Ausfälle aus“.
Gleichzeitig kündigte er an, mit der städtischen Pressestelle ein „Informationsportal“ aufzubauen: Es soll Freelancern und Kulturstätten in privater Trägerschaft wie dem Ebertbad zeigen, welche Hilfsangebote für sie da sind. Kulturstaatsministerin Monika Grütters habe aus Berlin möglichst unbürokratische Hilfen angekündigt. „Es darf nicht sein“, so Tsalastras, „dass durch das Coronavirus unser kulturelles Leben erlischt – und wir Jahre brauchen, um es wieder aufzubauen“.
Was bleibt also vom Festival der weit über 500 Kurzfilme? Im Kern geht es um die fünf Wettbewerbe mit 137 Filmen aus 51 Ländern. Sie werden online während des Festivals zu sehen sein – vorausgesetzt, alle Filmemacher stimmen zu. Die Jurys könnten, ausgestattet mit einer Profiversion von Skype, „an jedem Ort der Welt“ tagen. Fachbesucher und Filmfans sehen die Filme gegen eine „Schutzgebühr“, wie Gass sie nannte. „Wenn’s gut läuft“, ließe sich so ein Drittel des ursprünglichen Kurzfilmtage-Programms zugänglich machen. Schließlich habe man nicht die technischen Möglichkeiten von Netflix und Co. – und will sich auch nicht so darstellen.
„Die 66. wird eine Ausgabe von historischem Format“
Die online zeigbaren Programme will das Kufita-Team kuratieren, mit Gesprächen begleiten – kurz: „eine ziemliche Herausforderung, technisch wie redaktionell“. Auch Apostolos Tsalastras hörte am Dienstag zum ersten Mal en detail von dieser Planung. Er nannte es „großartig, so schnell ein neues Konzept zu starten“. Die 66. Internationalen Kurzfilmtage nannte der Kulturdezernent „eine Ausgabe von historischem Format“, denn selbstverständlich „zähle“ auch das Online-Festival.