Oberhausen. Kulturstätten wie Turbinenhalle und Ebertbad treffen die fehlenden Konzerte in Oberhausen massiv. Wie das Coronavirus den Arbeitsalltag bestimmt.
Eigentlich sollte am Wochenende das Rockorchester Ruhrgebeat durch die Oberhausener Turbinenhalle wirbeln. Doch wo sich sonst Tausende Konzertfans zur treibenden Kraft der Melodien vergnügen, wird in der alten Industriehalle nun gähnende Leere herrschen. Das Coronavirus hat die Veranstaltungsbranche im Würgegriff – mit massiven Folgen.
„Wir versetzen die komplette Halle in den Frühlingsschlaf“, sagt Hallenchef Michael Neumann. Doch was nach einer blumig formulierten Schaffenspause klingt, bereitet Neumann und anderen Konzertstätten-Betreibern große Sorgen. Öffentliche Vergnügungsveranstaltungen müssen bis auf Weiteres ruhen. „Die Folgen sind weitgreifend. Es geht wirklich ums Eingemachte!“
Corona: Veranstalter weichen in den Sommer aus
Den größten Teil der Arbeit übernehmen momentan die Planer und Disponenten. Bereits fest gebuchte und zeitnah anstehende Konzerte müssen verlegt werden. Bis zu den Osterferien musste bereits für dutzende Termine der Zwangsumzug vollzogen werden.
So soll die Schlagerparty „Best of Popschlager“ zum Beispiel nun nicht am 4. April, sondern erst am 16. Mai über die Bühne gehen. Auch für andere Veranstaltungen nationaler und internationaler Künstler sollen zügig Ausweichtermine kommuniziert werden. Neumann: „Zwischen Mai und Herbst ist der Veranstaltungskalender nun dicht gestaffelt.“
Ob die aktuellen Planungen aber tatsächlich Bestand haben, wie lange große Konzerte ausgesetzt werden müssen – das kann momentan keiner verbindlich sagen. Der bange Blick auf die Nachrichtensendungen und die Mitteilungen der örtlichen Behörden spielt immer mit. So klingt der neue Konzertalltag.
Turbinenhalle und Ebertbad: Auch Aushilfen stark betroffen
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Unangenehme Entscheidungen stehen reichlich an. Durch den fehlenden Betrieb können Aushilfen nicht beschäftigt werden. Das betrifft in der Turbinenhalle mehr als 150 Helfer, die sich normalerweise um Theken oder Garderoben kümmern. Die Aushilfsverträge werden derzeit aufgelöst. Sobald der Betrieb wieder startet, würde es mit den Betroffenen weitergehen, betont Neumann. Doch momentan fehlt den Aushilfen das Geld im Portemonnaie.
Für 23 Festangestellte ist Kurzarbeitergeld beantragt. Techniker, Bürokräfte und Booker sind in der Turbinenhalle gleichermaßen betroffen.
Das Coronavirus trifft den Betrieb zur Unzeit. „Zuletzt haben wir viel Zuspruch von den Besuchern erhalten. Das Unternehmen ist gesund und wir konnten wachsen.“ Die Fixkosten für „Main Hall“ (1000 Quadratmeter) und „Turbinenhalle 2“ (850 Quadratmeter), der ehemaligen Soccerhalle (1600 Quadratmeter), der Diskothek „Steffys“ (830 Quadratmeter), der „Kammer“ und dem „Cosmo“ (jeweils 350 Quadratmeter) bleiben aber auch während der Zwangspause bestehen.
Wichtig Einnehmen aus Vermietung und Gastronomie fehlen plötzlich. Neumann hofft, dass sich die Lage zügig verbessert. „Wir erhalten keine Fördergelder, sondern finanzieren den Betrieb der Kulturstätte eigenständig.“
Ebertbad schließt den Ticketshop – und hofft auf Treue
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Fehlende Kulturzuschüsse, wie sie das Theater Oberhausen erhält, treffen auch auf den Kleinkunsttempel Ebertbad zu. 16 Mitarbeiter gehen in Kurzarbeit. 48 Aushilfen können nicht beschäftigt werden. Chef Hajo Sommers durchforstet noch am Montagmittag mit seinem Team den Kalender. Bis Mitte April ist zunächst alles verlegt. Als weiterführende Maßnahme schließt das Ebertbad schon ab Dienstag, 17. März, seinen Ticketvorverkauf im Büro am Ebertplatz. Sommers: „Die Eintrittskarten gibt es weiterhin telefonisch und über unsere Internet-Seite.“
Kulttempel spart Strom
Auch im Kulttempel wird der Betrieb heruntergefahren. Alle Elemente, die eine starke Stromversorgung benötigen (wie Kühlcontainer), hat Betreiber Peter Jurjahn heruntergefahren. In schweren Zeiten sollen auch vermeintliche Kleinigkeiten für Entlastung sorgen.
Die Konzerte sind bis Karfreitag, 10. April, verlegt – und werden nach und nach mit Ausweichterminen versehen. Die Konzertstätte muss sich dabei an den Touren der Künstler orientieren, die mitunter mehrere Länder bereisen. Viele Ausweichkonzerte finden von Oktober 2020 bis April 2020 statt.
Auch hier ist der sonst eher schwach belegte Sommer nun mit Terminen versehen. Für den Herbst ist der Plan sowieso schon dicht verplant. „Sollten sich die Termine noch weiter nach hinten verschieben, müssen wir notfalls ins kommende Jahr ausweichen.“
Erst zuletzt hatte das Ebertbad eine schwere finanzielle Zeit überstanden. „Wir waren nach dem schwachen Sommer 2019 wieder auf einem guten Weg, konnten alte Schulden tilgen“, sagt Sommers. „Bis Corona kam!“ Die Pandemie sorgt nach Schätzungen des Bademeisters bis zum Mai für sechsstellige Mindereinnahmen.
Harte Zeiten, doch auch Hoffnung schwingt am Ebertplatz mit. Sommers hofft, dass eine große Zahl der Besucher ihre Eintrittskarten für die Ausweichtermine behält und dem Kleinkunsttempel die Treue hält.