Oberhausen. Lars-Ole Walburg inszeniert nach „Das siebte Kreuz“ nun „Der Funke Leben“, das Drama der letzten Tage vor der Befreiung von Buchenwald.
Der Besuch in der Gedenkstätte Buchenwald, den Lars-Ole Walburg mit dem Ensemble unternommen hatte, „hat mir eine gewisse Angst genommen“. Die Sorge des Regisseurs: „Welche Darstellung verletzt nicht die Pietät?“ – angesichts jener grenzenlosen Grausamkeit des „SS-Staates“, die Erich-Maria Remarque in seinem Nachkriegsroman „Der Funke Leben“ als einer der Ersten beschrieben hatte. Die Premiere der Bühnenfassung von Walburg im Theater Oberhausen beginnt am Freitag, 13. März, um 19.30 Uhr im Großen Haus.
Vor zwei Jahren hatte der heute 55-jährige Regisseur am Will-Quadflieg-Platz Anna Seghers’ Roman „Das siebte Kreuz“ im spektakulären Bühnenbild eines gewaltigen Hakenkreuzes eingerichtet. Er erzählte von der Flucht des Häftlings Georg Heisler aus einem NS-Konzentrationslager der Vorkriegszeit. Für Lars-Ole Walburg war’s aber auch ein Grund, vor dieser neuen Inszenierung zu zögern: Er wollte schließlich für Oberhausen keine Chronik des „Dritten Reiches“ produzieren. Doch Patricia Nickel-Dönicke als Dramaturgin überzeugte ihn: „Diese beiden Romane sind inhaltlich weit auseinander.“
Der junge Star-Autor als Feind der Reaktionäre
Und die Sympathien des in der DDR aufgewachsenen Walburg sind für den Osnabrücker Weltbürger Remarque ungleich größer als für die als Kulturfunktionärin der Nachkriegszeit unrühmlich linientreue Anna Seghers. Die Rezeptionsgeschichte von „Der Funke Leben“ ist ohnehin fast romanhaft abenteuerlich: Bereits für „Im Westen nichts Neues“ war Remarque als junger Star-Autor von Reaktionären und Faschisten der Weimarer Republik angefeindet worden. Die Erfahrung wiederholte sich, in gedämpfter Form, als 1952 „Der Funke Leben“ erscheinen sollte.
Premiere und Gespräch zur Erinnerungskultur
Die Premiere der rund 110-minütigen Inszenierung von „Der Funke Leben“ beginnt am Freitag, 13. März, um 19.30 Uhr im Großen Haus. Premierenkarten kosten von 12 bis 32 Euro.
Vor der zweiten Aufführung am Freitag, 20. März, um 19.30 Uhr spricht um 18 Uhr der Leiter des Erich Maria Remarque-Friedenszentrums in Osnabrück, Thomas F. Schneider, über deutsche Erinnerungskultur.
Zwei weitere März-Aufführungen folgen am Mittwoch, 25., und Samstag, 28., jeweils um 19.30 Uhr mit einer Einführung um 19 Uhr. Karten gibt’s dann von 11 bis 23 Euro, 0208 - 8578 184, online theater-oberhausen.de
Der 1898 geborene Remarque war – ganz anders als viele deutsche Schriftsteller der Emigration – in den USA erfolgreich, genoss eine hohe Anerkennung und Berühmtheit. Doch als er seine „Geschichte über die Würde des Menschen“, so Remarque selbst, in der Schweiz verlegen wollte, kam die heftige Abfuhr: „Zwei lange Briefe des Verlegers prophezeiten ihm, dass er sich damit als Autor abschaffen würde“, so summiert Lars-Ole Walburg die „absurde Vorgeschichte“. Kiepenheuer und Witsch in Köln sprangen als Verleger ein – doch mäkelige Reaktionen kamen selbst vom „K&W“-Autor Heinrich Böll.
Walburg, der bereits zum vierten Mal ein Werk von Remarque auf die Bühne bringt, schätzt dagegen „wie dankbar dieser Autor für Adaptionen ist“ – bühnenreif, ohne für die Bühne geschrieben zu haben. Und er ist beeindruckt, mit welcher Genauigkeit der Romancier die letzten Tage des NS-Konzentrationslagers Buchenwald erzählt – des einzigen, das von den Gefangenen selbst befreit wurde. Die interne Widerstandsbewegung versuchte immer wieder, die SS in die Irre zu führen und Chaos zu stiften. Sie versteckte verfolgte Häftlinge; Befehlen widersetzte man sich offen.
„Den Tätern wollte ich keine Stimme geben“
Auch die Perspektive seiner Inszenierung, betont Lars-Ole Walburg, bleibe die der Gefangenen. Die Hälfte des Romans erzählt zwar von den Tätern – „aber denen wollte ich keine Stimme geben“. Jene Würde des Menschen, von der Remarque erzählen wollte, „kann nicht durch äußere Misshandlungen zerstört werden“, so führte er diesen Gedanken weiter, „nur von ihm selbst“.