Oberhausen. Für ein mit diabolischen Schwierigkeiten gespicktes Klavier-Recital dankte das Publikum Anke Pan mit stehenden Ovationen.
Schon beim ersten Überfliegen des Programms konnte man sich wundern über soviel Wagemut: Die Pianistin Anke Pan eröffnete die 206. Matinée des Künstlerfördervereins im Ebertbad mit einem der schwierigsten Werke der Klavierliteratur – das viele Tastenlöwen als Höhepunkt ihrer Recitals erst im zweiten Teil zelebrieren: Maurice Ravels „Gaspard de la Nuit“ nach Gedichten von Aloysius Bertrand vereint albtraumhafte Visionen von schwarzer Morbidität: eine „Teufelsmusik“ nach „Gedichten vom Teufel“, wie Ravel selbst meinte.
Deren dämonische Hintergründigkeit wurde in Anke Pans Spiel auf beklemmende Weise zu Klang: Im farbig glitzernden Wellenspiel der „Undine“ und deren kaltem Lachen, mit dem sie wieder verschwindet, im düster-makabren Bild des Gehenkten in der Abendsonne („Le Gibet“), am heftigsten aber im wilden, schreckhaft- abrupten Tanz des Gnomen „Scarbo“, der sich zu riesiger Größe aufbläht und wieder in sich zusammenfällt. Doch damit nicht genug der Teufeleien.
Musik wie ein elementares Naturereignis
Zum Schluss gab es noch den ersten Mephisto-Walzer von Franz Liszt, angeregt durch den „Tanz in der Schenke“ aus Lenaus „Faust“: Mephisto versetzt die Tanzenden durch sein diabolisches Spiel in einen bacchantischen Rausch, der bei Faust durch die Verführung einer Dorfschönheit noch gesteigert wird. Umrahmt von diesen Teufelsgeschichten wurden Werke, die nicht so deutlich programmatisch geprägt waren, aber gerade dadurch die Fähigkeit der Künstlerin zeigten, Musik zu „erzählen“ – sie wie ein elementares Naturereignis sich unmittelbar entfalten zu lassen.
Die Fähigkeit, jede kleinste Nuance auszuarbeiten
Das galt für Robert Schumanns ungemein schwierige g-moll-Sonate mit ihrem Neben- und Ineinander der unterschiedlichen Charaktere, von ihm selbst mit den Namen „Florestan“ und „Eusebius“ benannt. Die Fähigkeit, jede kleinste Nuance auszuarbeiten, wurde weder durch exzessive technische Schwierigkeit noch durch scheinbar vordergründige Eingängigkeit beeinträchtigt, wie sich in den Kompositionen von Frédéric Chopin zeigte. Dessen von heftigen Kontrasten bestimmtes b-moll-Scherzo klang in seinen Anfangstriolen wirklich „grabesähnlich“, wie es der Komponist einmal forderte.
Musik als lebendige, von Bedeutung gesättigte Sprache, die Anke Pan den Zuhörern auch durch kurze Einführungen nahe zu bringen verstand: der Titel ihrer aktuellen CD „Storyteller“ kommt nicht von ungefähr. Nach stehenden Ovationen gab die Pianistin als Zugabe eine schwindelerregende Chopin-Etüde.